In einer zunehmend datengetriebenen Geschäftswelt sind kluge Entscheidungen unerlässlich. Unternehmen müssen nicht nur die wachsende Datenmenge bewältigen, sondern auch die Komplexität der Analyse und Modellierung meistern. Dies erfordert nicht nur mathematisch-statistische Modelle, sondern auch eine überzeugende Kommunikation der Ergebnisse – beispielsweise durch die Methoden des Data Storytellings. Erfahren Sie, wie Sie mit einer geeigneten Toolbox Ihre Daten in eine überzeugende Geschichte verwandeln und innovative Visualisierungstechniken nutzen können, um den Erfolg Ihres Unternehmens zu steigern.
Diagramme, Tabellen und Kennzahlen sind oft nicht aussagekräftig, weil sie isolierte Informationen präsentieren, ohne den Kontext oder die Zusammenhänge zu verdeutlichen. Sie zeigen zwar Zahlen und Trends, aber häufig fehlt die Erklärung, was diese Daten tatsächlich bedeuten oder welche Handlungen daraus abgeleitet werden sollten. Zusätzlich können visuelle Darstellungen manchmal verwirrend sein, wenn sie überladen oder nicht klar strukturiert sind. Dadurch kann es schwerfallen, die wichtigsten Erkenntnisse auf den ersten Blick zu erfassen. Ohne eine klare Narrative oder Interpretation bleibt die Frage „Was bedeutet dies?“ oft unbeantwortet, was die Entscheidungsfindung erschwert.
Ob Ad-hoc-Analysen oder komplexe Machine-Learning-Modelle: Es besteht oft eine Kluft zwischen den technischen Details und dem, was das Management tatsächlich benötigt. Das Ergebnis? Häufig entsteht sogenannter „Chart-Junk“ – überladene Diagramme ohne klare Botschaft. Data Storytelling überwindet diese Kluft in vier Schritten:
1. Zieldefinition: Was soll vermittelt werden?
2. Datenanalyse: Welche Daten sind relevant?
3. Datenaufbereitung: Wie werden diese Daten verständlich dargestellt?
4. Handlungsempfehlung: Welche Entscheidungen lassen sich daraus ableiten?
Die Datenaufbereitung ist das entscheidende Bindeglied zwischen dem definierten Ziel und den daraus abzuleitenden Handlungsempfehlungen. Sie wird jedoch oft vernachlässigt, was zu überladenen Darstellungen führt. Da Menschen visuell schnell überfordert sind, ist es wichtig, die wesentlichen Informationen klar und einfach zu präsentieren. Alles, was die Botschaft nicht unterstützt oder ablenkt, sollte vermieden werden. Besonders für Führungskräfte, die ohnehin täglich mit einer Informationsflut konfrontiert sind, ist visuelle Entschlackung entscheidend.
KI-getriebene Erkenntnisse erfordern alternative Visualisierungstechniken
In einer zunehmend datengetriebenen Geschäftswelt reichen traditionelle Visualisierungen oft nicht mehr aus, um die Komplexität moderner Datenanalysen zu vermitteln. Insbesondere KI-getriebene Modelle erfordern innovative Visualisierungstechniken, um die Ergebnisse verständlich darzustellen. Drei Beispiele sollen dies verdeutlichen:
1. Shapley Values – Erklärbarkeit von KI-Modellen visualisiert
Machine-Learning- und Deep-Learning-Modelle basieren auf einer Vielzahl von Parametern, die auf Trainingsdaten beruhen. Dabei ist es oft schwierig zu erkennen, welche Faktoren das Ergebnis beeinflussen. Hier kommt „Explainable AI“ ins Spiel. Eine wichtige Methode zur Erklärbarkeit sind die Shapley Values, die aus der kooperativen Spieltheorie stammen. Sie helfen dabei, den Einfluss einzelner Datenmerkmale auf das Ergebnis von Modellen – wie etwa bei Regressionsmodellen oder Entscheidungsbäumen – zu bestimmen.
Ein Beispiel: Ein Unternehmen hat Probleme mit einem Bauteil, das immer wieder ausfällt, was zu Kundenunzufriedenheit und möglichen Abwanderungen führt. Die Geschäftsführung möchte wissen, welche Kunden man präventiv kontaktieren sollte, um proaktiv Wartungsarbeiten anzubieten und so Kundenbindung und Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Mithilfe eines Random-Forest-Algorithmus wird klassifiziert, wann ein Bauteil ausfallen könnte. Die Ausfallwahrscheinlichkeit wird jedoch erst durch Shapley-Diagramme verständlich. Diese zeigen auf, welche Sensoren oder Eigenschaften (z.B. das Alter des Bauteils) den größten Einfluss haben. So kann das Unternehmen gezielt Maßnahmen ergreifen, um zukünftige Ausfälle zu vermeiden.
Die Visualisierung der Shapley Values unterstützt nicht nur die Optimierung der Produktion, sondern liefert auch handlungsrelevante Einblicke auf Einzelkundenebene. So kann der Kundendienst informiert werden, welche Bauteile voraussichtlich ausfallen und entsprechend reagieren. Shapley Values sind somit ein wesentlicher Bestandteil von „Explainable AI“, der das gemeinsame Verständnis zwischen Management und Analytikern fördert und konkrete Maßnahmen ableitet.

Das Balkendiagramm zeigt Merkmalseinflüsse auf Ausfall oder Funktion. Quelle: Dr. Stephan Hausberg1)
2.Prozessanalyse mittels Sankey-Diagramm
Ein weiteres hilfreiches Visualisierungstool ist das Sankey-Diagramm, das Mengenflüsse visualisiert. Ein bekanntes Beispiel ist die Darstellung der Wählerwanderung zwischen zwei Wahlen. Wähler, die bei einer Partei geblieben sind, werden als durchgehender Balken dargestellt, während Wähler, die ihre Präferenz geändert haben, durch gekrümmte Balken repräsentiert werden.
Ein Sankey-Diagramm kann jedoch auch in der Produktion verwendet werden, um Prozessschritte und Engpässe zu analysieren. Nehmen wir an, ein Bauteil wird in drei Verarbeitungsschritten produziert, doch die Lagerhaltungskosten sind stark gestiegen. Eine Kohortenanalyse der sich in Produktion befindlichen Bauteile zeigt, wo Engpässe auftreten. Das Sankey-Diagramm macht den Produktionsfluss sichtbar und zeigt Engpässe, wie z.B. in einem bestimmten Arbeitsschritt, auf. Diese Visualisierung unterstützt die Diskussion im Management und ermöglicht eine gezielte Ursachenanalyse.

Ursachenanalyse anhand eines Sankey-Diagramms entlang des Fertigungsprozesses. Quelle: Dr. Stephan Hausberg1)
3. Geografische Visualisierungen
Geografische Visualisierungen, wie sie bei Wetterkarten bekannt sind, lassen sich auch in der Geschäftsanalyse nutzen. In unserem Beispiel könnte die Analyse der Geokoordinaten von Kundenstandorten Hinweise auf die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Bauteils geben. Sensor 2 misst beispielsweise die Umgebungstemperatur und eine geografische Karte zeigt, dass es eine Korrelation zwischen hohen Temperaturen in Lagerhallen und dem häufigeren Ausfall älterer Bauteile gibt. Dies führt zu einer klaren Handlungsempfehlung: Maßnahmen zur Temperaturoptimierung in den Lagerhallen können die Ausfallrate senken und damit auch die Kundenzufriedenheit steigern.

Verortung des Zusammenhangs zwischen Temperatur und Ausfall. Quelle: Dr. Stephan Hausberg1)
Die Bedeutung von Data Literacy
Data Storytelling ist nicht nur eine Frage der Visualisierung, sondern eine zentrale Fähigkeit, um datenbasierte Entscheidungen zu ermöglichen. Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass sowohl in den Datenabteilungen als auch im Management hohe Standards in der Analyse und Visualisierung eingehalten werden. Data Literacy – also die Fähigkeit, Daten zu lesen, zu analysieren und zu interpretieren – wird zu einer entscheidenden Kompetenz auf allen Unternehmensebenen. Für das Management bedeutet das:
1. Bessere Fokussierung auf Ursache-Wirkungs-Prinzipien durch klare Visualisierungen
Im Management geht es darum, komplexe Sachverhalte schnell zu erfassen und handlungsrelevante Entscheidungen zu treffen. Anschauliche Visualisierungen wie Shapley-Werte oder Sankey-Diagramme erleichtern das Verständnis von Zusammenhängen und helfen, die treibenden Faktoren hinter Problemen zu identifizieren. Ein Beispiel: Die Visualisierung von Produktionsschritten kann Engpässe aufzeigen, so dass Maßnahmen zu deren Beseitigung ergriffen werden können, die Kosten senken und Reaktionszeiten verkürzen. Vorteile sind: Zeitersparnis, Klarheit über wichtige Einflussfaktoren und die Möglichkeit, präzise Maßnahmen zu priorisieren, die das Geschäftsergebnis beeinflussen.
2. Vermeidung von Risiken, die durch unerkannte Zusammenhänge entstehen
In einer datenreichen Umgebung können Risiken übersehen werden, wenn kritische Zusammenhänge nicht erkannt werden. Unzureichend aufbereitete Daten und überfrachtete Visualisierungen verschärfen dieses Problem. Gut strukturierte Daten und innovative Visualisierungstechniken helfen, Risiken frühzeitig zu erkennen und zu reduzieren. Ein Beispiel: Geografische Visualisierungen können auf erhöhte Produktfehlerraten an bestimmten Standorten hinweisen, so dass frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden können, um größere Schäden und Kundenverluste zu vermeiden. Die Vorteile sind: Früherkennung potenzieller Risiken, bessere Risikobewertung und Vermeidung von Unternehmensverlusten durch präventive Maßnahmen.
3. Effizientere Entscheidungsfindung durch prägnante und gut strukturierte Datenpräsentationen
Ziel jeder Datenpräsentation ist es, das Management bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen. Prägnante und gut strukturierte Präsentationen liefern klare Antworten und ermöglichen schnelle und fundierte Entscheidungen. Visuelle Hilfsmittel wie Diagramme helfen, wichtige Erkenntnisse hervorzuheben. Ein Beispiel: Eine PowerPoint-Präsentation, die profitable Produkte und mögliche Kosteneinsparungen zeigt, liefert eine klare Entscheidungsgrundlage. Statt unübersichtlicher Tabellen sieht das Management sofort, wo Handlungsbedarf besteht. Die Vorteile sind: schnellere und belastbare Entscheidungsfindung und Steigerung der Effizienz von Besprechungen durch übersichtliche Datenpräsentationen.
Praxistipps für effektives Data Storytelling
› Visuellen Ballast abwerfen: Entfernen Sie alles Unnötige aus Ihren Grafiken (Decluttering).
› Farbschemata beachten: Beispielsweise haben 10 Prozent der Männer in der EU eine Rot-Grün-Sehschwäche.
› Kontraste gezielt einsetzen: Heben Sie die zentrale Aussage visuell hervor.
› Vermeiden Sie ungeeignete Diagramme: Torten-, Donut- oder Spaghettidiagramme tragen oft nicht zur Klarheit bei.
› Keep it simple: Komplexität minimieren, Einfachheit maximieren.
Fazit
Um in einer datengetriebenen Welt erfolgreich zu sein, müssen Führungskräfte sicherstellen, dass sowohl das Data Storytelling als auch die Visualisierungs- und Analysetechniken kontinuierlich verbessert werden. Dies erfordert gezielte Weiterbildungsmaßnahmen und eine Kultur, die datenbasierte Entscheidungsfindung unterstützt.
1) Die Grafiken wurden mit Open Source Bibliotheken (shap, pandas, python) durch den Autor erstellt.