Wie Covid-19 einen Trend verstärkt und neue Geschäftspotenziale eröffnet

Durch die globale Covid-19-Krise hat sich der Trend zum Onlinehandel weiter intensiviert, wodurch das weltweite Transportaufkommen zunimmt. Aufgrund des weltweiten Fahrermangels wird dadurch der Trend zu automatisiert fahrenden LKWs weiter verstärkt. Der Weltmarktführer für Bremssysteme Knorr-Bremse hat diesen Trend als Chance erkannt, um sich konsequent als Systemlieferant für Fahrdynamik-Lösungen auch für das automatisierte Fahren zu positionieren.

Aktuell verändert sich das Marktumfeld durch die Covid-19 Pandemie in vielen Bereichen. Das gilt auch für Knorr-Bremse, die sich auf der Basis ihres Know-hows in der Bremssteuerung und der Fahrstabilität zu einem der weltweit führenden Anbieter von Fahrdynamik-Lösungen für die Nutzfahrzeugindustrie entwickelt hat.

Das vergangene Jahr hat – geprägt durch die Covid-19-Pandemie – dem Online-Handel zu einem weiteren Aufschwung verholfen. Dies ließ den Bedarf an Gütertransport und somit das Transportvolumen durch das Nutzfahrzeug im zweiten Halbjahr 2020 weiter ansteigen.

Wenn man diese Entwicklung im Zusammenhang mit dem globalen Trend zum automatisierten Fahren betrachtet, ergeben sich weitere Wachstumschancen.

Globaler Trend zum automatisierten Fahren

Der Trend zum automatisierten Fahren ist insbesondere in Nordamerika und China auch aufgrund des sich seit Jahren abzeichnenden Fahrermangels ungebrochen. Darüber hinaus hat das automatisierte Fahren im Nutzfahrzeug einen klaren Business Case basierend auf den Kostenreduktionsmöglichkeiten um ca. ein Drittel.

Aufgrund des durch die Pandemie steigenden Transportvolumens ist die Nachfrage der Logistikflotten nach automatisiertem Fahren weiter angewachsen.

Die Umsetzung wird sicher zunächst nicht flächendeckend stattfinden, sondern vorerst auf dafür freigegebenen Strecken beispielsweise von Logistikzentrum zu Logistikzentrum, Hafen oder Produktionswerk („Hub to Hub“) sowie im nichtöffentlichen Raum (z.B. auf Logistikhöfen, Hafengeländen oder in Minen).

Die Realisierung des automatisierten Fahrens ist eine hochkomplexe Aufgabe, welche voraussichtlich nicht von einem einzelnen Unternehmen, sondern in Konsortien, Allianzen oder Projekt-Kooperationen umgesetzt wird. Hierbei werden neben dem Wertbeitrag der OEMs unterschiedliche Kompetenzen aus der Zulieferindustrie sowie von weiteren Partnern benötigt. Neben der Sensorkompetenz zur Umfelderfassung werden Spezialisten für künstliche Intelligenz für die Ebene der Entscheidung und Festlegung der Bewegungsabläufe im Rahmen des automatisierten Fahrens sowie Fahrdynamikspezialisten für die Umsetzung der automatisierten Bewegung benötigt. Die Fahrdynamik im Nutzfahrzeug ist aufgrund der vielen Achskonfigurationen und des durch die Ladung sich stark veränderten Schwerpunktes hoch komplex.

Knorr-Bremse als Nutzfahrzeug-Fahrdynamik-Systemanbieter kann in den genannten Kooperationen für das automatisierte Fahren einen wichtigen Beitrag leisten.

Neben der Bremse ist mit der Lenkung ein weiterer Aktuator wesentlich für die Beherrschung der Fahrdynamik bei Fahrerassistenz und automatisiertem Fahren.

Kombination aus Bremse, Lenkung und Fahrdynamik

Aufgrund der Technologiekonvergenz von Bremse und Lenkung beim automatisierten Fahren haben wir uns vor einigen Jahren entschieden, in das Geschäft mit Nutzfahrzeuglenkungen einzusteigen und zu einem globalen Lenkungslieferanten zu werden. Durch die Kombination von Bremse und Lenkung kann Knorr-Bremse seinen Kunden nun als Systemlieferant Fahrdynamiklösungen und -funktionen zur Verfügung stellen und so eine wesentliche Rolle in den sich bildenden Kooperationen zum automatisierten Fahren spielen. Die aus der intelligenten Kombination von Bremse und Lenkung sowie des dazu gehörigen Zusammenspiels von Hard- und Software entstehende Truck Motion Control ermöglicht die nutzfahrzeugspezifische Umsetzung der aus der Entscheidungsebene vorgegebenen Fahrbewegungen mit immer sicher beherrschter Fahrdynamik.

Die dazu neben dem vorhandenen Brems- und Fahrdynamik-Know-how notwendige Lenkungskompetenz inklusive Überlagerungslenkung und dazugehöriger Steuerungs- und Regel-Software haben wir uns in den letzten Jahren durch eine „String of Pearls“-Akquisitionsstrategie angeeignet. Hierzu akquirierten wir zunächst die Firma tedrive in Deutschland, gefolgt vom Kauf der Hitachi CV Steering in Japan. Es folgten die Integration des Inhouse Lenkungsgeschäfts von Dongfeng in unser gemeinsames Joint Venture, der Kauf der Patente und Lizenzen für die CVS-Überlagerungslenkung von Sentient und zuletzt die Akquisition von R.H. Sheppard, einem der Marktführer für Nutzfahrzeuglenkung in Nord-Amerika.

Damit ist Knorr-Bremse nun die globale Nummer 3 bei der Nutzfahrzeuglenkung und wird durch den Systemansatz der Kombination Bremse, Lenkung und Fahrdynamik weiter wachsen.

Das Beispiel Knorr-Bremse zeigt: Krisen können Chancen mit sich bringen, indem sie bestehende Trends beflügeln oder neue hervorbringen. Diese Chancen gilt es zu erkennen und aufzugreifen.

Der Autor: Dr. Peter Laier ist seit 2016 Mitglied des Vorstands der Knorr-Bremse AG mit weltweiter Verantwortung für den Unternehmensbereich Systeme für Nutzfahrzeuge. Nach Abschluss eines Maschinenbaustudiums begann er als Gruppenleiter am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart, wechselte im Jahr 2000 zur Continental AG. Vor seinem Wechsel zu Knorr-Bremse war Dr. Laier Mitglied des Vorstands bei der Benteler Gruppe und der Osram AG.

 

Knorr-Bremse ist Weltmarktführer für Bremssysteme und ein führender Anbieter weiterer Systeme für Schienen- und Nutzfahrzeuge. Das Unternehmen beschäftigt rund 29.000 Mitarbeiter an über 100 Standorten in mehr als 30 Ländern.

Herausforderung Covid-19

Wie hat die Krise Ihr Unternehmen getroffen?

Die Nutzfahrzeughersteller haben mit der Ausbreitung der Pandemie zum Ende des ersten Quartals in fast allen Bereichen der Welt ihre Fertigungen für einige Wochen geschlossen. Im Gegensatz zu einem schnellen Wiederanlauf in China fand der Hochlauf in Europa und Nordamerika langsamer statt. Basierend darauf haben wir zunächst unsere eigenen Kostenstrukturen und Kapazitäten sowie die Lieferantenkette schnell auf die jeweilige Situation angepasst – und in unseren Standorten Covid-19 konforme Arbeitsbedingungen geschaffen.

Worin lag für Ihr Unternehmen die größte Herausforderung?

Sowohl das zweite Quartal mit dem schnellen Ramp-down durch die Werksschließungen der Kunden als auch das vierte Quartal mit den schnell wieder ansteigenden Volumina und die damit verbundenen Kapazitätsanpassungen stellten für uns große Herausforderungen dar. Zudem war die Anpassung der Entwicklungsprojekte an veränderte Kundenterminpläne und die dementsprechende Priorisierung für uns eine große Herausforderung.