Wer hoch innovative Produkte verkauft, braucht eine starke digitale Marke

Jedes Unternehmen mit einer Website hat eine digitale Marke. Auch für B2B-Unternehmen ist es inzwischen ein Muss, den digitalen Auftritt so zu gestalten, dass daraus ein echter Wettbewerbsvorteil entsteht. Das Leitprinzip „digital first“ sollte – über alle Touchpoints der customer journey hinweg – in der Vertriebsstrategie von B2B-Unternehmen verankert sein.

Unser Geschäft, die Automatisierungstechnik, ist beratungsintensiv. Trotzdem erwirtschaften wir schon mehr als ein Viertel unseres Umsatzes über Online-Kanäle. Der Einfluss, den allein die Website auf eine Kaufentscheidungen hat, ist sogar deutlich größer – das zeigen unsere weltweiten Kundenbefragungen.
Dieser Trend wird sich fortsetzen: Die häufig noch als traditionell eingestuften B2B-Vertriebsstrukturen verändern sich – analog zu den Entwicklungen, die wir aus dem B2C-Bereich kennen. Wer an dieses veränderte Informations- und Kaufverhalten anknüpft, hat einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Aber eine authentische digitale Marke entsteht nicht ad hoc – sie muss konsequent über alle Kanäle aufgebaut werden.

Die Markenwahrnehmung beginnt beim digitalen Erstkontakt

Unsere Kunden – vom mittelständischen Maschinenbauer bis zum Großkonzern – sind heute
privat wie beruflich überwiegend digital unterwegs. Nahezu jeder Kaufprozess startet mit einer Onlinerecherche – meist per Suchmaschine. Deshalb müssen wir an den relevanten Berührungspunkten in der Onlinewelt als innovative Marke präsent sein. Kunden erwarten z.B. eine direkte Auffindbarkeit über Suchmaschinen sowie schnell verfügbare und passgenaue Informationen.
Um in der digitalen Welt sichtbar zu sein, setzen wir auf ein breites Maßnahmenspektrum: Zum einen nutzen wir konsequent Instrumente des digitalen Marketings – wie SEA, SEO, Re-Marketing, Tracking und Ads. Zum anderen haben wir ein durchgängiges Leadmanagement etabliert, das wir durch ein integriertes Marketing Automation Tool unterstützen. So können wir die Interessen umfassend identifizieren und Kunden gezielt in den passenden Kanal leiten.
Eine immer größere Relevanz haben auch soziale Netzwerke – Social Selling verbindet Fachexpertise mit Networking. Die Marke wird in einem professionellen Umfeld sichtbar, gleichzeitig werden die Menschen hinter der Marke als Experten nahbar. Immer mehr Vertriebsmitarbeiter nutzen dieses Potenzial und unterstreichen damit auf authentische Weise die digitale Außenwirkung von Festo. Ergänzend werden über die Unternehmenskanäle gezielt zielgruppenspezifische Kampagnen platziert.

Mehrwert beim Kaufprozess: Datenanalyse macht’s möglich

Unsere Kunden sind die intuitiven Prozesse großer Online-Plattformen gewohnt. Wir alle kennen Hilfestellungen wie: „Andere Kunden kauften / interessierten sich für.“ Im B2C-Bereich kann anhand weniger Daten großer Mehrwert generiert werden. Solche Empfehlungsansätze sind inzwischen auch im B2B angekommen. Auch wenn hier die dahinterliegenden Datenmodelle meist komplexer sind, da Empfehlungen auch immer die technische Kompatibilität berücksichtigen müssen und sich aus verschiedenen Quellen speisen. Durch Data Analytics / KI lassen sich Verhaltensmuster erkennen und automatisierte Ableitungen treffen. Das allein generiert jedoch noch keinen Mehrwert. Der ausschlaggebende Punkt ist es, die aufbereiteten Daten zum richtigen Zeitpunkt und im richtigen Kanal verfügbar zu machen.
Aktuell setzen wir datenbasierte Empfehlungen z.B. sehr erfolgreich für Zubehör ein. Das Kundenverhalten zeigt, dass „einfache“ Produkte gerne 24/7 online gekauft werden. Das ermöglichen wir u.a. über intuitive Konfiguratoren: Allein durch die Eingabe weniger Parameter kann – selbst Usern ohne Fachwissen – eine konkrete Lösung angeboten werden. Letztendlich zahlen alle diese „positiven“ Erfahrungen auf den Wert der digitalen Marke ein.

Rolle der Vertriebsexperten im Wandel: Partner für komplexe Lösungen

Mit der zunehmenden Nutzung der digitalen Kanäle ändert sich auch die Rolle unserer Experten: Ihre Aufgabe entwickelt sich – ebenfalls zunehmend unter dem Einsatz entsprechender Kommunikationskanäle – immer mehr zum Berater für komplexe Fragen oder Details gegen Ende des Kaufprozesses.
Unsere Befragungen zeigen ein klar differenziertes Kundenverhalten: Während sie den Kauf bei einfachen Anforderungen gerne selbst abwickeln, schätzen sie bei komplexen Fragestellungen die Beratung unserer Ansprechpartner. Dadurch, dass auch vor- und nachgelagerte Aktivitäten eines Kaufs zunehmend digital abgedeckt werden, entsteht für unsere Experten auch mehr Freiraum für diese individuellen Lösungsfindungen.
Für klassische Messen oder unsere „Festo Experience Center“ gilt: Sie werden nicht überflüssig, sondern verändern sich – hin zu einem „Event“, mit dem Fokus auf praxisnahem Erleben der Marke und persönlicher Beratung. Denn selbst mit der renommiertesten digitalen Marke wird es den persönlichen Kontakt im B2B immer brauchen. Das bedeutet aber nicht, dass dieser immer vor Ort stattfinden muss. Der Besuch unserer Experience Center ist z.B. komplett remote möglich – die Grenzen zwischen realem und virtuellem Besuch verschwimmen.
Seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht diese Entwicklung beim Zukunftstrend „Metaverse“.

Vertrieb im Metaverse: Marken- und Produktpräsentation jenseits physischer Grenzen

Während virtuelle Erfahrungsräume bisher vor allem im Gaming- und Consumer-Kontext großen Anklang finden, werden sie nach und nach auch im B2B-Umfeld eine Rolle spielen. Die Möglichkeit, technische Produkte und Applikationen dort als 3D-Version global und interaktiv zu präsentieren, ist für unsere Branche hoch interessant – auch schon in naher Zukunft! Wir testen z.B. aktuell Möglichkeiten, um die Präsenz am Messestand durch virtuelle Experten zu ergänzen: Dabei treffen die Avatare unserer Kunden/ Vertriebsmitarbeiter in einer Metaverse-Umgebung auf die digitale Version unserer Produkte.

Digital first – ein Anspruch, der nur mit dem entsprechenden Mindset funktioniert

Um eine authentische digitale Marke zu etablieren, bedarf es einer kritischen Masse an digital affinen Mitarbeitern. Um neue Ansätze schnell umzusetzen, haben wir uns entschieden, neben dem Ausbau des zentralen Teams an unserem Stammsitz unsere Präsenz in einem der weltweiten Hotspots im Bereich Digitalisierung zu stärken: Festo hat in Barcelona einen „Digital Sales Hub“ eröffnet. Mitten in der renommierten Start-up-Metropole profitieren wir von den innovativen Impulsen der Szene: Wir sind hautnah an den neuesten Trends und eng verknüpft mit den heiß umworbenen Talenten auf diesem inzwischen erfolgsentscheidenden Vertriebsgebiet.

Der Autor:
Frank Notz ist seit 1. September 2022 Sales-Vorstand der Festo SE & Co. KG. Nach Positionen insbesondere im Vertriebs- und Marketingumfeld war er zuletzt über drei Jahre Personalvorstand. Festo ist ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich der Automatisierungstechnik sowie Weltmarktführer in der technischen Bildung. Das Familienunternehmen hat weltweit rund 20.700 Mitarbeiter und einen Umsatz von 3,36 Milliarden Euro.