Vom klassischen Controlling zu Business Analytics

Waren insbesondere Mittelständler meist damit beschäftigt, vergangenheitsbezogene Controllingsysteme mit umfangreichen Abweichungsanalysen weiterzuentwickeln und die Datenqualität zu verbessern, gehen derzeit viele den Schritt und setzen vermehrt auf Analysen, die konkrete Handlungsempfehlungen für die Zukunft ermöglichen. Denn eines ist bereits deutlichen geworden: Der Wert für die Steuerung des Unternehmens ist bei Prognosen (Predictive Analytics) und verknüpften Empfehlungen (Prescriptive Analytics) deutlich höher als bei reinen Beschreibungen der Ist­-Situation (Descriptive Analytics).

Die große Frage, die sich bei der Einführung der drei genannten Arten von Business Analytics stellt, ist: Wie bringe ich die im Reporting darzustellenden Analysen in Einklang mit meinem Geschäftsmodell? Kenne ich überhaupt die Werttreiber, die mein Geschäftsmodell stützen? Basis für den Aufbau von zukunftsgerichteten Analysen sollte daher ein tiefer Blick in das existierende Managementinformationssystem zur Identifikation der steuerungsrelevanten Kennzahlen sein.

In der Praxis hat sich bewährt, mit maximal drei Kennzahlen zu beginnen, um die Komplexität nicht zu stark zu erhöhen. Der Fokus der Analysen sollte auf strategische Problemstellungen gelegt werden, die leicht nachvollziehbar sind und plausibel aus den Resultaten hergeleitet werden können. Mit anderen Worten: Die erste Anwendung von Business Analytics sollte kein wirrer Blick in die Glaskugel werden, sondern Parameter im Einklang mit der Unternehmensplanung liefern.

Welche Zutaten werden noch benötigt?

Die ersten Absätze haben bereits verdeutlicht, dass bei der Einführung von Business Analytics ein Zusammenspiel von strategischen Einheiten, des Controllings und der IT notwendig wird, um den größtmöglichen Nutzen für das Unternehmen zu realisieren.

Für die personelle Planung bedeutet dies die Bildung von interdisziplinären Teams, die mit umfangreichen Kompetenzen ausgestattet werden müssen. Die organisatorische Eingliederung von Business Analytics als eigenständige Einheit birgt im Vergleich zu interdisziplinären Teams die Gefahr, die Tätigkeit zu sehr in eine Nische zu drängen und die Akzeptanz der Mitarbeiter*innen im Unternehmen zu verspielen. Zur Sicherung des Know-hows sollte ebenso nicht nur auf das Hoheitswissen eines Data Scientists bzgl. der anzuwendenden Analysen, sondern vielmehr auf ein interdisziplinäres Zusammenspiel der Fachabteilungen gesetzt werden.

Bei den im Verhältnis zu den deskriptiven Analysen stärker wertbildenden Methoden der Predictive und Prescriptive Analytics geht der höhere Nutzen mit steigenden Anforderungen an die Datenverfügbarkeit und -qualität sowie an die fachliche Kompetenz der handelnden Personen einher. Besonders die Schnittstellenfunktion des Controllings wird den dortigen Mitarbeiter*innen ein hohes Maß an Verständnis sowohl für den Datenhaushalt und die konkrete Abfrage von Daten als auch die Abstraktion von Gesamt- und Teilstrategien bis hin zur Handlungsebene abverlangen. Zudem wird statistische Methodenkompetenz für die Prognosemodelle der Predictive Analytics benötigt; auch wenn viele Business Analytics-Tools Unterstützung zur Verbesserung der Prognosegüte bieten, die abschließende Beurteilung des Modells erfordert i.d.R. eine umfassende Berufserfahrung in der Gestaltung von statistischen Analysen und Datenbankabfragen.

Zeit zum Scheitern einplanen…

Wenn nicht bereits die ersten Gespräche der interdisziplinären Business Analytics-Teams Hinweise für Optimierungen in den Datenstrukturen zeigen, so werden sicherlich die ersten Konzeptionen wertstiftender Analysen schonungslos Mängel in der Datenqualität offenlegen. Große Herausforderungen bestehen beim erstmaligen Zusammenführen verschiedener Datendimensionen: Daten aus dem Controlling oder dem Accounting werden erstmalig mit verhaltensorientierten Kundendaten oder makroökomischen Kennzahlen verknüpft. Diese Verknüpfung und das Mapping der Daten, vor allem von strukturierten und unstrukturierten Daten, stellt bereits die erste Hürde und den zeitlich umfangreichsten Teil der Analysen dar.

Schnell werden in der Praxis bei den ersten Versuchen auffällige, nicht plausible Lösungen festgestellt, die zum einen auf die mangelhafte Datenqualität oder zum anderen auf die Wahl des falschen Modells zurückzuführen sind. Hier wird deutlich, wertstiftende Analysen erfordern ein revolvierendes Durchlaufen der Datenaufbereitung und -analyse sowie eine stetige Überarbeitung der gewählten Analysealgorithmen.

Selbst wenn bereits sehr früh zufriedenstellende Resultate im Einklang mit der gewünschten Unternehmensentwicklung erzielt werden, sollte auf die Suche nach Scheingenauigkeiten gegangen werden. Oft ist der Wunsch nach einer quantitativen Bestätigung der erhofften Planzahlen im Sinne einer „self fulfilling prophecy“ ein großer Störfaktor, der den Blick auf die meist anderslautende Realität vernebelt.

Data Storytelling als Schlüssel zum Erfolg

Die präzisesten und statistisch validesten Ergebnisse werden auf Entscheiderebene nur Gehör finden, wenn diese optisch ansprechend und aussageorientiert dargestellt werden. Die Wahl der richtigen Visualisierung für die analysierte Fragestellung ist daher mindestens genauso, wenn nicht noch wichtiger, als die Wahl des korrekten Prognosemodells. Eine adressatengerechte Visualisierung setzt demnach die Kenntnis der „Sehgewohnheiten“ der Adressaten voraus. Die Darstellung sollte mit wenig Komplexität eine prägnante Verknüpfung der Implikationen auf die Unternehmensstrategie herstellen.

In stark regulierten Branchen wie den Finanzdienstleistern stellt sich die Frage, wie die zwingend zur Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen ermittelten Kennzahlen auch für die Unternehmenssteuerung verwendet werden können. Zur Vermeidung einer redundanten Datenhaltung hat sich eine Fokussierung auf die hier beschriebene Methodik der Business Analytics bewährt, um ein effizientes Reporting zu realisieren.

Mit Blick auf den hohen Standardisierungsgrad bei den Prozessen in der Immobilienverwaltung zeigt sich dort eher die Tendenz, möglichst wertsteigernde Analysemodelle zu entwickeln, die strategische Entscheidungen, beispielsweise zur Erschließung neuer Märkte, nachhaltig untermauern sollen.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Entwicklung des Reportings in Richtung der zukunftsgerichteten Business Analytics tendiert und die Vorteile der Verknüpfung von finanzwirtschaftlichen Datenbanken mit empirischen Analysen zur Optimierung der Unternehmenssteuerung für den Mittelstand nun verstärkt erkannt werden.

Der Autor: Dr. Sebastian Brauer verantwortet bei Schomerus & Partner seit 2018 den Digitalen Kompetenzbereich und engagiert sich als Lehrbeauftragter für Quantitative Forschungsmethoden an der FH Münster.                           

Schomerus & Partner begleitet mittelständische Unternehmen von der organisatorischen und technischen Einbindung von Business AnalyticsLösungen bis hin zur Erstellung von individuellen Reportings und dynamischen Dashboards. Finanzdienstleister erhalten zudem Branchenlösungen zur Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an das Risikocontrolling.