Umbruch in der Dentalbranche

Nachhaltigkeit und Diversität werden Zahnpatienten immer wichtiger, wie verschiedene Umfragen belegen, darunter eine aktuelle Studie von Dentsply Sironaunter über 1.300 Zahnärzten aus Deutschland sowie sechs weiteren Kernmärkten. Über kurz oder lang werden diese Werte Auswirkungen auf Arztpraxen, deren Ausstattung und Personal haben müssen, wenn man in der Patientengunst bestehen möchte. Ein Umdenken in der Branche ist nötig – und trifft vielerorts bereits auf viel Gegenliebe.

Frage: Wie nachhaltig muss die Zahnarztpraxis von morgen sein? Die Antwort: Sehr! Denn unter den Patienten wächst das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und dürfte sich auf die Praxiswahl auswirken. Davon sind immerhin drei von fünf (59 Prozent) Zahnärzten überzeugt, die an der weltweiten Umfrage von Dentsply Sirona zum Thema Nachhaltigkeit teilgenommen haben. Zugleich belegen Studien, dass Patienten aus Minderheiten sich lieber von Ärzten oder Personal mit gleicher Herkunft oder Identität behandeln lassen. Wer also nicht in Zukunft Patienten an die Konkurrenz verlieren will, sollte seine Praxis einmal kritisch unter den Aspekten Umweltverträglichkeit und Diversität beleuchten und, wo nötig, schnellstmöglich die Weichen für entsprechende Veränderungen stellen.
Am guten Willen sollte dies nicht scheitern – unsere Studie hat auch ergeben, dass sieben von zehn Zahnärzten bereits jetzt ihre Praxen nachhaltiger ausrichten wollen – und knapp die Hälfte sagt, dass eine nachhaltige Ausrichtung der Zahnarztpraxis in Zukunft sogar noch wichtiger werden wird. In vielen Praxen ist das Thema Nachhaltigkeit aber noch mit einem großen Fragezeichen verbunden: Was genau gehört alles zum Bereich Nachhaltigkeit und welche konkreten Veränderungen kann ich umsetzen, um meinen Teil zur Transformation der Dentalbranche beizutragen?

Informationsangebote nutzen

Ein erster Anlaufpunkt sind die Informationsangebote, die speziell auf die Herausforderungen und Möglichkeiten von Zahnarztpraxen zugeschnitten sind. Wir bei Dentsply Sirona haben beispielsweise ein Online-Kursangebot erarbeitet, das Zahnärzten in fünf Modulen das Thema Nachhaltigkeit näherbringt, wichtige Begriffe erläutert, Nachhaltigkeitsziele und -initiativen der Branche vorstellt und praktische Maßnahmen vorschlägt, die in den Arbeitsalltag integriert werden können und ihn nachhaltiger werden lassen. Die Kurse sind über die Unternehmenswebsite jederzeit abrufbar sind.
Darüber hinaus haben fünf Unternehmen der Dentalbranche – Haleon (ehemals GSK Consumer Healthcare), Procter & Gamble, Colgate, TePe sowie Dentsply Sirona als einziger Hersteller von Dentallösungen – gemeinsam mit dem Weltzahnärztebund FDI im Rahmen der „Sustainability in Dentistry Initiative“ Nachhaltigkeitsrichtlinien erarbeitet und in einem Toolkit eine Vielzahl von Handlungsanregungen zusammengefasst. Hier findet jede Praxis – egal ob klein oder groß, in der Stadt oder auf dem Land, auf der Suche nach umweltfreundlicheren Optionen oder nach sozialeren Komponenten – konkrete Ansatzpunkte.

Innovatives Potenzial von Frauen in der Zahnheilkunde

Der Trend zu mehr Nachhaltigkeit in der Branche dürfte durch eine andere Entwicklung noch beflügelt werden: immer mehr Zahnärzte in Deutschland sind weiblich. Im europäischen Durchschnitt liegt der Frauenanteil in der Zahnärzteschaft mittlerweile bei rund 60 Prozent und zahnmedizinische Fakultäten melden Studentinnen-Anteile von 50 bis 60 Prozent. Im Rahmen unseres „Smart Integration Awards“, welcher herausragende Leistungen und innovative Ideen von Zahnärztinnen weltweit auszeichnet, sehen wir immer wieder, dass Frauen oft andere Schwerpunkte setzen als ihre männlichen Kollegen. Die Berliner Zahnärztinnen Anna Trojan und Christina Erdmann, Preisträgerinnen des Awards, haben beispielsweise die starke Fokussierung auf digitales Arbeiten sowie einen ganzheitlichen Behandlungsablauf angesprochen, die wir bei vielen Zahnärztinnen beobachten.
Generell bieten digitale Lösungen für unsere Branche ein großes Nachhaltigkeitspotential. Digitale Zahnheilkunde kann Prozesse in der Praxis energieeffizienter und nachhaltiger gestalten – durch geringeren Papier- und Materialverbrauch sowie durch eine geringere Zahl an notwendigen Praxisbesuchen pro Behandlung, wodurch schädliche CO2-Emissionen bei der An- und Abreise der Patienten verringert werden. Ein ganzheitlicher Behandlungsansatz berücksichtigt zudem die sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit und kann dafür sorgen, dass sich Patienten besser verstanden fühlen und notwendige Eingriffe nicht vermeiden, sondern tatsächlich durchführen lassen.

Unterstützung von Herstellerseite durch Innovationen

Die Last der Transformation der Dentalbranche zu mehr Nachhaltigkeit liegt natürlich nicht allein auf den Schultern der Zahnärzteschaft. Auch die Hersteller müssen aktiv werden – in ihren eigenen Unternehmen sowie durch innovative neue Lösungen oder Services. Damit das auch gelingt, brauchen die Hersteller eine solide, faktenbasierte Nachhaltigkeitsstrategie, die mit Nachdruck umgesetzt wird. Bei Dentsply Sirona haben wir uns im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie „BEYOND: Taking action for a brighter world“ im Jahr 2021 ambitionierte kurz- und langfristige Ziele gesetzt, von denen wir bereits einige erreicht haben: Auf dem Weg zu Net Zero CO2-Emissionen im Jahr 2050 haben wir unser Zwischenziel für 2025 bereits heute erreicht und arbeiten an einer weiteren Reduzierung der restlichen Emissionen. Dabei helfen wird uns beispielsweise eine Wärmepumpe, die wir an unserer größten Produktionsstätte weltweit, in Bensheim, installiert haben – sie wird vier Tonnen CO2-Emissionen sowie 12 Megawattstunden Strom pro Jahr einsparen. Neben unseren Klimazielen legen wir besonderen Fokus auf Vielfalt und Gleichberechtigung innerhalb sowie außerhalb unseres Unternehmens.
Auf Produktseite arbeiten wir mit Hochdruck daran, den Nachhaltigkeitsgedanken in unsere Produktneuerungen einfließen zu lassen – eine große Herausforderung aufgrund der Hygiene- und Sicherheitsanforderungen an medizinische Geräte. Ein erstes Beispiel ist unser Intraoralscanner Primescan, der digitale Zahnmodelle erstellt. Dies macht Abformmasse überflüssig, lässt Transportwege zum Labor entfallen und spart Papier ein, da alle Scan-Daten direkt zur Weiterverwendung digital an das Dentallabor übermittelt werden können. Aber es sind noch viele Innovationen aus der Branche nötig, um die Zahnheilkunde in den nächsten Jahren noch nachhaltiger zu machen – damit dies gelingt, müssen wir alle an einem Strang ziehen.

1 Global Sustainability in Dentistry. Studie mit über 1.300 Zahnärzten aus den USA, Europa, Asien, und Lateinamerika. Durchgeführt von Dentsply Sirona im Jahr 2022. Daten erreichbar über
https://www.dentsplysirona.com/de-de/unternehmen/
nachhaltigkeit/globale-nachhaltigkeit-zahnheilkunde.html

Der Autor:

Jan Siefert ist Geschäftsführer einer der am Standort Bensheim ansässigen Gesellschaften und Vice President Operations bei Dentsply Sirona, dem weltweit größten Hersteller für Dentalprodukte und -technik. Jan Siefert ist seit mehr als 30 Jahren in der Dentalbranche tätig: Vor dem Zusammenschluss von DENTSPLY International Inc. und Sirona Dental Systems Inc. im Jahr 2016 war er seit 2001 Leiter des Geschäftsbereichs Instrumente von Sirona.