Nachhaltigkeit ist eines der großen Themen unserer Zeit. Dabei geht es nicht nur um ökologische Aspekte, sondern um mehrdimensionale Herausforderungen. Der ganzheitliche Ansatz, um dieser komplexen Themenstellung strukturiert zu begegnen, wird unter dem Begriff ESG zusammengefasst (für: Environment, Social und Governance). Die Implementierung des ESG-Ansatzes gehört mittlerweile bei immer mehr Unternehmen zu einer der zentralen Aufgaben. Um diese zu lösen, muss die Rolle der Technologie bei dieser Transformation neu bewertet werden.
Nachhaltigkeit zählt zu den Top-Themen auf der Management-Agenda. Aus heutiger Perspektive ist klar, dass die gesamten Wertschöpfungsketten transformiert und an Nachhaltigkeitskriterien ausgerichtet werden müssen. Die Verfügbarkeit von Nachhaltigkeitsdaten ist eine Grundvoraussetzung für ein effizientes Risikomanagement und eine Grundvoraussetzung, um eine ausreichende Transparenz in der Wertschöpfungskette aufzubauen und die Nachhaltigkeit zielgerecht voranzutreiben.
Vor diesem Hintergrund muss es zu einer Neubewertung der Funktion von Technologie und von Technologiepartnerschaften kommen. Denn diese werden eine tragende Rolle bei der Transformation hin zu einer Wirtschaft mit nachhaltigen Wertschöpfungsketten spielen. Die spannende Frage lautet demnach: Wie können Technologiepartner Unternehmen bei ESG-Fragestellungen unterstützen?
Erfassung von Nachhaltigkeitsdaten: Von der Beschaffung bis zur Zielvereinbarung
Unternehmen befinden sich heute in einer Situation, in der sie grundlegend umdenken müssen. Das zeigt sich vor allem im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E). Während früher vor allem die Kosten für die Beschaffung von Materialien der dominierende Faktor waren, geht es nun darum, auch deren CO2-Bilanz zu ermitteln. Das macht die F&E-Tätigkeit um ein Vielfaches komplexer. Nehmen wir zur Veranschaulichung einen Ketchup-Hersteller. Dieser steht vor der Herausforderung, den CO2-Fußabdruck der von ihm verarbeiteten Tomaten zu erstellen. Was zunächst wie eine überschaubare Aufgabe klingt, erweist sich in der Praxis schwieriger als anfangs gedacht. Denn zur Ermittlung des CO2-Fußabdrucks sind zahlreiche Informationen zu berücksichtigen. Um Tomaten aus Übersee mit regional produzierten zu vergleichen, ist nicht nur der Transportweg relevant. Auch Daten zum benötigten Wasserverbrauch, zu Menge und
Inhaltsstoffen der eingesetzten Düngemittel, zum zusätzlich verwendeten künstlichen Licht, zum Energieverbrauch bei Produktion und Ernte etc. werden benötigt. Viele dieser Daten sind heute so nicht verfügbar.
Wie groß der Handlungsbedarf bei der Schaffung von Lösungen ist, veranschaulicht auch ein Blick auf die Themen aus dem ESG-Bereich ‚Social‘. Hierunter fallen Aspekte wie gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen und Equal Pay sowie verstärkt durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) das Thema Überstundenvergütung. Dabei stellt sich die Frage, wie Überstunden erfasst und vergütet werden, künftig nicht nur für die Unternehmen selbst, sondern auch für ihre Dependancen sowie ihre Zulieferer.
Nicht zuletzt ist der Bereich der Unternehmensführung immer enger mit den Nachhaltigkeitsanforderungen verzahnt. Nimmt man z.B. die Zielvereinbarungen von Vorständen, lässt sich beobachten, dass diese schon heute vielfach auf den ESG-Vorgaben fußen. Diese Abhängigkeit wird jedoch zum Problem, wenn die zum Nachweis nötigen Informationen gar nicht erfasst oder abgerufen werden können. Das zeigt, dass auch aus Steuerungssicht dringend Lösungen gefunden werden müssen.
Doch nicht nur Datenerfassung und Tracking sind eine Herausforderung, die Unternehmen umtreibt. Die mindestens ebenso herausfordernde Frage lautet: Wie können sie die Richtigkeit der Daten ermitteln? Ein Ansatzpunkt, um Daten zu plausibilisieren oder zu falsifizieren, ist der Einsatz von Data & Analytics. Mit entsprechenden Modellen lässt sich untersuchen, ob Angaben von Zulieferern (z.B. CO2-Fußabdruck von einem Produkt) der Realität entsprechen können oder nicht. Das gelingt jedoch nur, wenn Unternehmen über entsprechende Vergleichsdatenbanken verfügen.
Mit Technologien und Technologiepartnerschaften zur nachhaltigen Wertschöpfung
Technologien und die Kooperation mit Technologiepartnern spielen bei Optimierung der ESG-Performance eine zentrale Rolle. Softwarelösungen, Tools, Cloud-Plattformen und andere Partnerlösungen bieten die Möglichkeit, in Echtzeit und kontinuierlich relevante ESG-Kennzahlen und Informationen zu sammeln. Gerade weil die Fragestellungen und deren Komplexität immer größer werden, können Unternehmen diese nicht aus sich heraus lösen. Gleichzeitig gilt es, Maßnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit und Vermeidung von Nachhaltigkeitsrisiken entlang der gesamten Wertschöpfungskette in der Strategie zu verankern. Der intelligente Einsatz von Technologie und Technologiepartnerschaften ist damit der Schlüssel auf dem Weg zur nachhaltigen Wertschöpfung.
Der Autor:
Marc Ennemann ist Partner, Consulting, Head of Value Chain Transformation und Head of Alliance Management bei KPMG Deutschland. Er verschafft Unternehmen mehr Freiheit durch den Einsatz intelligenter Automatisierungs-Technologien und verfügt über langjährige Expertise in den Bereichen Digital Transformation, Smart Business, Performance Management, Process & Organizational Optimization und Data & Analytics.