In Zeiten von Kostendruck und Outsourcing steht der Einsatz roboterbasierter Prozessautomation im Büro bei immer mehr Unternehmen auf der Agenda. Immerhin verspricht der Einsatz teil- und vollautomatisierter Lösungen in Front- und Backoffice eine Entlastung der Mitarbeiter, Fehlerreduktion, effektivere Prozesse und – bei der Bearbeitung strukturierter Geschäftsprozesse – Zeiteinsparungen von bis zu 90 Prozent. Doch allzu viele Begriffe im Zusammenhang mit roboterbasierter Prozessautomation verstellen den Blick auf einen optimalen Einsatz der jeweils am besten passenden Technologie. Was steckt also hinter den Bezeichnungen und wie können Unternehmen den größten Nutzen für sich herausholen?
Ob attended automation, unattended automation, Robotic Desktop Automation (RDA) oder Cognitive Automation – rund um den mittlerweile etablierten Begriff Robotic Process Automation (RPA) tauchen immer wieder neue Bezeichnungen auf. Problematisch wird das, wenn Unternehmen vor lauter Begrifflichkeiten nicht (mehr) wissen, was genau jeweils dahinter steckt und für welchen Einsatz sich welche Technologie strategisch am besten eignet.
Roboter ist nicht gleich Roboter
Bei roboterbasierter Prozessautomation wird zwischen teilautomatisierten Lösungen auf der einen und vollautomatisierten Lösungen auf der anderen Seite unterschieden. Robotic Process Automation (RPA), oft spricht man auch von unattended automation, bezeichnet vollautomatisierte Lösungen. Auch Cognitive Automation, die mit Technologien der Künstlichen Intelligenz arbeitet, wird hier typischerweise angesiedelt. Robotic Desktop Automation (RDA) bzw. attended automation hingegen bezieht sich auf teilautomatisierte Lösungen. Bisweilen wird, wie vom Automatisierungssoftwarespezialisten ALMATO, für Robotic Desktop Automation auch der Begriff Real Time Interaction verwendet. Die Technologien RPA versus RDA haben Berührungspunkte, unterscheiden sich aber in ihrem Fokus und dementsprechend bei sinnvollen Einsatztätigkeiten.
Robotic Process Automation: Der Roboter als Solist
Konkret bedeutet dies, dass sich mit RPA, der unattended automation, strukturierte Geschäftsprozesse vollautomatisieren lassen. Die Roboter arbeiten dabei mit anderen Softwareanwendungen exakt so, wie es ein Mensch auch tun würde. Die Idee hinter RPA ist, dass die Roboter die Prozesse selbstständig abarbeiten – sprich, dass so wenig menschliche Interaktion stattfindet wie nötig.
Der Einsatz von RPA lohnt sich überall dort, wo Mitarbeiter typischerweise über monotone Arbeiten stöhnen und lässt sich auf jedwede Software anwenden. RPA ist ideal für alle strukturierten Prozesse, wenn etwa Daten von einem System ins andere kopiert werden müssen oder wenn eine Mail automatisch über einen Buchungsvorgang informieren
soll. So können beispielsweise Webformulare mit RPA verknüpft werden, zum Beispiel für Vertragskündigungen oder -änderungen, da dahinter strukturierte, regelbasierte Prozesse stecken. RPA nimmt die Änderung entgegen und leitet die entsprechenden Prozesse ein, bis hin zur automatischen Versendung einer Bestätigung. Gleichzeitig kann definiert werden, dass RPA dem Callcenter-Agenten bei Kündigungen eine Nachricht schickt, damit dieser sich noch einmal persönlich bei dem Betreffenden meldet, sollte es sich zum Beispiel um die Kündigung eines wichtigen Kunden handeln.
Die vollautomatische Bearbeitung von Prozessen mit RPA bedeutet also nicht, dass hier Menschen gar keine Rolle mehr spielen. Menschen können Prozesse anstoßen, Ergebnisse aus dem Prozess können von den Robotern an die Mitarbeiter weitergegeben werden – und es gibt Szenarien, in denen sich menschliche Aktionen mit automatisierten Roboteraktionen abwechseln.
Eine der großen Stärken von RPA ist allerdings diese Selbstständigkeit – und dass Prozesse von Anfang bis Ende automatisiert werden können. Solche Prozesse finden sich vor allem im administrativen Bereich. Zusammenfassend: Bei RPA liegt der Fokus auf der selbstständigen, automatischen Abarbeitung von Prozessen mit keinen oder sehr wenigen menschlichen Zwischenschritten.
Robotic Desktop Automation: Roboter-Mensch- Interaktion
Im Gegensatz zu RPA liegt bei Robotic Desktop Automation (RDA), der attended automation, der Fokus ganz klar auf der Bot/Mensch-Interaktion bei Prozessen. Den RDA-Roboter kann man sich dabei wie einen digitalen Assistenten des Mitarbeiters vorstellen, der ihn in Echtzeit mit Handlungsempfehlungen unterstützt.
RDA läuft auf dem Mitarbeiterdesktop und übernimmt für ihn bestimmte Aufgaben. Diese können sehr vielfältig sein, von der automatischen Suche und Berechnung des passenden Tarifs bis hin zur Übertragung von geänderten Kontaktdaten in alle notwendigen Systeme. Wenn zum Beispiel ein Kunde seinen Stromtarif ändern will, prüft
der Roboter im Hintergrund, ob die gewünschte Abschlagsänderung überhaupt möglich ist und zu welchem Termin die Änderung machbar ist und gibt dem Mitarbeiter die entsprechenden Informationen. Der Mitarbeiter muss nicht selber, womöglich noch in verschiedenen Systemen, nach den Informationen suchen und kann sich so besser auf das Kundengespräch konzentrieren.
RDA kommt daher vor allem im Kundenservice zum Einsatz, kann aber natürlich auch in anderen Bereichen eingesetzt werden, wo Mitarbeiter einen solchen virtuellen Assistenten benötigen. Beliebte Einsatzfelder sind Cross- und Upselling, um Produkte und Dienstleistungen passgenau auf den Kunden zu präsentieren. Bucht der Kunde etwa eine Reise und der Roboter stellt fest, dass dieser Kunde Kinder hat, sucht der Roboter automatisch ein passendes Mietwagenangebot mit Kindersitz heraus, das der Mitarbeiter dann im Gespräch anbieten kann.
Fazit
Zwischen den Technologien roboterbasierter Prozessautomation gibt es insofern Überschneidungen, als beide Prozesse automatisieren und so die Mitarbeiter entlasten. Der wesentliche Unterschied ist der jeweilige Fokus: Während RPA sich auf die selbstständige Abarbeitung mit wenig menschlichem Eingreifen (unattended) konzentriert, ist die Idee hinter RDA eine Zusammenarbeit mit dem Mitarbeiter (attended), bei der sich kleinere automatisierte Prozesse mit menschlichen Aktionen abwechseln.
Der Autor: Peter Gißmann ist Gründer und Geschäftsführer der ALMATO GmbH. Nach Abschluss seines Studiums der Betriebswirtschaftslehre arbeitete er bei diversen Unternehmen im Vertrieb, unter anderem bei TCS Management LTds und InVision, bevor er 2002 ALMATO gründete, um optimale Lösungen zur Automatisierung von Geschäftsprozessen und für Contact Center anzubieten.