Nachhaltigkeit in der Verpackungsindustrie – Wie man Sustainability Champion wird

Nachhaltigkeit ist der transformatorische Trend in der Verpackungsindustrie. Dabei müssen Verpackungskonzerne die Aspekte Zirkularität, Dekarbonisierung und die Auswirkung ihrer Wertschöpfung und Produkte auf das Ökosystem gleichsam betrachten. Das treibt die Innovationen in der Branche, bedeutet eine stärkere Rolle von Recycling-Einheiten in der Wertschöpfungskette und Investitionen zur CO2-Reduktion, aber auch deutlich erhöhte Berichtspflichten und Regulierungsdichte.

Was sind die Treiber Richtung Nachhaltigkeit?

1. Kundenerwartungen:
Nachhaltigkeit in der Verpackungsindustrie ist vor allem nachfrageseitig von Konsumenten und den großen Brand Ownern und Retailern getrieben. Eine unserer Studien zeigt, dass Nachhaltigkeit für rund drei Viertel der Konsumenten ein wichtiges Entscheidungskriterium beim Kauf von Konsumgütern ist. Kunden erwarten, dass Verpackung dort vermieden wird, wo sie nicht erforderlich ist (Reduce), dass sie wiederverwendet (Re-Use) oder recycelt werden kann oder falls dies nicht möglich ist, eine Rückgewinnung der Rohstoffe bzw. eine fachgerechte Entsorgung erfolgt.

2. Regulatorik:
Der regulatorische Druck in Richtung Nachhaltigkeit auf die Verpackungshersteller nimmt durch generelle ESG-Berichtspflichten, allen voran die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) und EU-Taxonomie, zu. So wurde mit der neuesten delegierten Verordnung auch die Herstellung von Verpackungsmitteln aus Kunststoffen als Wirtschaftsaktivität in die EU-Taxonomie aufgenommen. Es wirken aber auch branchenspezifische Regularien auf die Verpackungsindustrie ein, wie die EU-Verpackungsverordnung (PPWR – Packaging and Packaging Waste Regulation), die Re-Use von Verpackungen forcieren und Recyclingquoten von Verpackungsmüll erhöhen soll und nach der Einigung im Trilog von Kommission, Rat und Parlament kurz vor der Beschlussfassung steht.

Was macht eine Verpackung nachhaltig?

1. Zirkularität:
Das zirkuläre Wirtschaftssystem zielt darauf ab, Materialien durch Wiederverwendung (Re-Use), Reparatur und Recycling zu nutzen. Re-Use: Beispielsweise ermöglicht das Pfandsystem für Glasflaschen eine mehrmalige Verwendung bestimmter Materialien. Reparatur ist bei einigen industriellen Transportverpackungen wie Paletten oder Großgebinden möglich. Recycling hängt davon ab, ob die Verpackungen prinzipiell recyclingfähig sind und ob es etablierte Recyclingströme gibt. Metall, Glas und PET können gut recycelt werden, während es bei anderen Plastikmaterialien noch Herausforderungen gibt. Hier wird chemisches Recycling als Zukunftsfeld betrachtet, um verschiedene Plastiksorten zu recyceln. Recycling trägt positiv zur CO2-Bilanz bei, da die Verwendung von recycelten Rohstoffen über die Wertschöpfungskette CO2-ärmer ist als die Verwendung von Primärrohstoffen.

2. Dekarbonisierung:
Viele große Verpackungskonzerne haben sich bereits im Rahmen der Science Based Target initiative (SBTi) zu verbindlichen CO2-Reduktionszielen verpflichtet. Metall und Glas haben trotz ihrer hohen Recyclingfähigkeit im Vergleich zu Plastik- und Papierverpackungen die schlechteste CO2-Bilanz. Die CO2-Bilanz von Verpackungen muss auch im Kontext mit ihrer Schutzfunktion betrachtet werden, da das verpackte Produkt selbst oft wesentlich mehr CO2
emittiert als die Verpackung.

3. Impact auf das Ökosystem:
Papier und Karton zeigen in der Gesamtbetrachtung die geringste negative Auswirkung auf das Ökosystem, als sie aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden und relativ gut abbaubar sind. Der Einfluss auf das Ökosystem entlang der gesamten Wertschöpfungskette hängt aber weniger an einer bestimmten Verpackungsart als vielmehr davon ab, wie gut Waste Management Systeme organisiert sind und inwieweit die Bevölkerung sensibilisiert ist.

Schlussfolgerungen für die Verpackungshersteller

Nachhaltigkeit ist Herausforderung und Chance zugleich. Unternehmen müssen ihre Geschäftsmodelle und Leistungen auf Nachhaltigkeit ausrichten, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Wie erfolgreiche Unternehmen Nachhaltigkeit als transformatorisches Programm entlang der gesamten Wertschöpfungskette managen:

Produktentwicklung:
Steigerung der Materialeffizienz und Entwicklung von Verpackungslösungen, die recycelbar sind und damit im Kreislauf bleiben können. Im Einzelnen bedeutet dies: der Einsatz nachhaltiger Materialien (z.B. recycelte, nachwachsende, kompostierbare oder nach Verwendung wiederverwertbare Rohstoffe), die laufende Steigerung der Materialeffizienz (reduziertes Verpackungsvolumen für dieselbe Anwendung) sowie eine effiziente und ressourcenschonende Produktion.

Einkauf:
Sicherstellung von Nachhaltigkeitsaspekten in der gesamten Lieferkette, was durch das Europäische Lieferkettengesetz (CSDDD -Corporate Sustainability Due Diligence Directive) sichergestellt werden soll.

Rückwärtsintegration:
Rückwärtsintegration in das Recyclinggeschäft bzw. Aufbau von Sekundarrohstoff-Ökosystemen: Die „Hand auf den Rohstoff“ zu haben, wird für viele Verpackungsunternehmen immer wichtiger. Damit kann es einen strategischen Wettbewerbsvorteil bringen, Sekundärrohstoffe nicht nur zuzukaufen, sondern schon frühzeitiger in die Wertschöpfung einzusteigen.

Produktion:
Reduktion des CO2-Ausstoßes, weiterer Emissionen und von Produktionsausschuss

Vertrieb:
Kunden den Mehrwert nachhaltiger Verpackungslösungen aufzeigen und ein profitables, wettbewerbsfähiges Pricing sicherstellen.

Steuerung und Reporting:
Effiziente Abbildung der Regulatorik und Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Unternehmenssteuerung.

Die nachfolgenden Artikel zeigen Beispiele von Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell schon
auf Nachhaltigkeit ausgerichtet haben und damit wegweisend sind.

Der Autor:
Christoph Kopp ist Associate Partner bei Horváth und leitet den Bereich Paper & Packaging.

Horváth ist eine internationale, unabhängige Managementberatung mit mehr als 1.400 Mitarbeitenden weltweit. www.horvath-partners.com.