Kundenanforderungen und deren Umsetzung werden nicht mehr nur im eigenen Unternehmen definiert, sondern müssen in einer gemeinsamen Wertschöpfungskette mit unternehmensübergreifenden Teams entwickelt werden, so dass ein ganzheitlicher, ressourceneffizienter Wertschöpfungskreislauf entsteht.
Nachhaltigkeit wird vom Kunden erwartet, aber die Umsetzung erstreckt sich nicht nur auf den eigenen Produktlebenszyklus, sondern auch auf den der Lieferanten. Sie durchdringt die gesamte Wertschöpfungskette von der Rohstoffgewinnung, der Maschinenherstellung, um damit wieder Produkte herzustellen, bis hin zum Betreiber solcher Anlagen und ganz im Sinne eines „Kreislaufs“ auch wieder zurück.
Effizienz ist dabei der USP, den jeder Wertschöpfungsknoten erbringen kann. Sowohl die Verwendung von rohstoffeffizienten Vorprodukten als auch die Steigerung der Energieeffizienzen bei Maschinen oder der erhöhte Einsatz von Remotelösungen in der Wartung sind jene USPs, die auch monetär ausgedrückt werden können. All dies wird im Maschinenbau gelebt und umgesetzt. Und diese USPs bestimmen die neuen Geschäftsfelder, die sich in digitalen Komplementärleistungen im Portfolio des Maschinen- und Anlagenbaus mittlerweile wiederfinden lassen.
Zusätzlich ist es jedoch notwendig, dass Unternehmen ihre zentrierte Produktsicht verlassen und ihre Kundensicht erweitern. Sie müssen den eigenen Standort in der Wertschöpfungskette verlassen, um alle Leistungserbringer und alle Konsumenten zu sehen. Mit dieser Horizonterweiterung können Technologienetzwerke in einer Branche entstehen und Nachhaltigkeitspotentiale erst lokalisiert und erschlossen werden. Crossfunktionale Teams sind daher nicht nur innerbetrieblich, sondern auch im externen Wertschöpfungskreislauf zu denken und zu leben.
Ein Unternehmen sollte auch als sogenannter „Wertschöpfungsknoten“ in einer Branche die eigene zuvor erbrachte Nachhaltigkeit kennen und erhalten – und sie mit der Betrachtung über den eigenen Kunden hinweg erweitern. Wie heißt es: Erst wenn der Kunde des eigenen Kunden zufrieden ist, hat man einen guten Job gemacht. Mittlerweile sollte es ein ganzer Branchenkreislauf sein.
Die Recyclingfähigkeit sicherstellen. Den Kreislauf etablieren.
Die Betrachtung bleibt trotzdem bis hierhin linear. Die Frage für die Unternehmen muss also lauten: Wie lässt sich die Kette schließen und ein Kreislauf etablieren? Und warum sollte dies der Ansporn sein?
In Zeiten, wo Importdiversifizierungen strategisch neu in Unternehmen aber auch von der Politik gedacht und die Abhängigkeiten von rohstoffproduzierenden Ländern immer ersichtlicher werden, sollte eine hohe „Recyclingfähigkeit“ jeglicher Wertschöpfungsketten angestrebt werden.
Dies gilt sowohl für die Produkte selbst, als auch für die Maschinen und Anlagen, die jene Produkte erst erzeugen. Bereits heute gibt es einen Einsatz von digitalen Produktpassports bei Kunststoffprodukten (Plattform R-Cycle), damit eine bessere Trennung und somit hohe Wiederverwendung auf den Wertstoffhöfen erzeugt werden kann.
Voraussetzung dafür ist, dass das „Technologienetzwerk“ dies erkennt und dann über alle Wertschöpfungsknoten hinweg trägt. Eine zwischenbetriebliche Teamleistung erzeugt somit erkennbaren Mehrwert für alle Produkte, die daran beteiligt sind.
In zwischenbetrieblichen Netzwerken agieren
Fazit: Die heutigen Kundenbedürfnisse können nicht mehr nur in einem innerbetrieblich effizienten Anforderungs- und Lifecycle Management befriedigt werden. Der Nachhaltigkeitsgeist fordert erweiterte zwischenbetriebliche Kooperationen schlichtweg ein. Erst innerhalb von Kooperationen können die verschiedenen Herausforderungen der Stakeholder diskutiert werden, damit eine gemeinsame nachhaltige Branchenlösung entstehen kann.
Business Development- oder Produkt Managerinnen arbeiten heute noch vorwiegend mit klassischen Customer Panels, die sich in der Wertschöpfungskette nur nach vorne orientieren. Die Intensivierung und Neuformierung mit externen Netzwerken, die auch die Kette nach hinten betrachten, sind daher neu zu denken, weil dadurch die eigene Wettbewerbsfähigkeit gestärkt wird und die Angreifbarkeit des eigenen Geschäftsmodells minimiert bleibt.
Innovationsstrategien und -zyklen werden ja gerne in Form des „Drei-Horizonte-Modells“ in Unternehmen und auch als Tool der erwähnten Development-Protagonisten betrachtet. Die Ränder dieses Modells bewegen sich zwischen Änderungen im Kerngeschäft und neuen Herausforderungen in Märkten und Produkten. Dabei sind die Horizontzyklen nicht gleichgeblieben, sondern haben sich gestaucht. Sie sind nicht nur zeitlich verkürzt, sondern es sind mittlerweile viele Themen in den Horizonten vorzufinden, die sich bedingen.
Persönlich vor digital
Während wir noch vor einigen Jahren in Industrie-4.0-Foren, aber auch heute noch über mögliche Einsatzgebiete von digitalen Tools diskutieren, überwältigen uns die realen Herausforderungen der fünf D (Dekarbonisierung, demographischer Wandel, Decoupling, Digitalisierung, Dezentralisierung). Um diese Herausforderungen aufgrund der kürzeren Innovationszyklen insbesondere für KMUs zu beherrschen, ist es zuerst notwendig, die richtigen
Technologienetzwerke auf persönlicher Basis zu etablieren und den nachhaltigen gemeinsamen Nenner zu entwickeln. Dabei sind auch die rechtlichen Grenzen der gemeinsamen Kooperation auszuloten.
Die Digitalisierung ist dabei lediglich das Tool, welches sowohl digitale Plattformen für den schnellen oder transparenten Austausch als auch neue Modelle von Einnahmequellen, Leistungserbringung (Blockchain) oder ganzen Geschäftsmodellen anbietet. Zudem können Kooperationen ganzheitliche Lösungen erschaffen, die eben auch Decoupling in den Regionen überwinden und somit die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Glieder des Netzwerks stärken.
Kooperation ist daher der entscheidende Quantensprung, der die gestauchten Herausforderungen beherrschbar macht, die Leistungserbringung harmonisiert und sie dann in gemeinsame nachhaltige Bahnen mit starker Wettbewerbsfähigkeit lenkt.
Der Autor:
Robert Konjusic ist als Referent in der Abteilung Business Advisory des VDMA tätig. Er betreut die Themen Business Development, Marketing, Produktmanagement und Vertrieb. Außerdem verantwortet er verschiedene Arbeitskreise des VDMA, u.a. den zentralen Arbeitskreis Produktmanagement und den Ausschuss Marketing.