Nachhaltige Produktion und Kreislaufwirtschaft mit kundenindividuellen Produktvarianten

Die Fertigungsindustrie steht global unter enormem Handlungsdruck. Je nach Studie und Betrachtungszeitraum ist sie für etwa 30 bis 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Die globalen „Net-Zero“-Initiativen wie der EU Green Deal, die EU-Taxonomie in den Finanzmärkten sowie steigende Ansprüche der Kunden für nachhaltige Produkte sind die wesentlichen Handlungstreiber. Configuration Lifecycle Management (CLM) und innovative Konfigurationstechnologien liefern die richtigen Daten für notwendige Transformationsinitiativen im Sinne einer nachhaltigen, SDG-konformen
Kreislaufwirtschaft der Vereinten Nationen.

Für Unternehmen mit kundenspezifischen, konfigurierbaren Produkten und hoher Variantenvielfalt ist der aktuelle Trend und die Situation für Initiativen in der Circular Economy besonders anspruchsvoll. Das jeweilige Produktportfolio muss modularisiert, optimiert und digitalisiert werden, um mit weniger Material oder einem geringeren Energieeinsatz über längere Produktlebenszyklen eine Kreislaufwirtschaft über die gesamte Wertschöpfungskette überhaupt erst sicherzustellen.
Die gute Nachricht ist, dass neue Technologien und Methoden in der Praxis die Voraussetzungen  für eine transparente Datengrundlage schaffen, um daraus die erforderlichen Erkenntnisse im Sinne einer Kreislaufwirtschaft abzuleiten und für nachhaltige Geschäftsentscheidungen bereitzustellen. So setzt einer der weltweit größten Hersteller von Windkraftanlagen nicht nur auf eine konsequente Modularisierung des Produktportfolios schon im Engineering oder in den Operations mit Vertrieb und Fertigung, sondern seit geraumer Zeit auch verstärkt auf die Wartung und den Betrieb jeder individuell konfigurierten Windanlagenvariante. Das Ergebnis dieser Initiative ist ein optimaler und deutlich längerer Betrieb der Anlagen mit gesteigerter Energieeffizienz, besserem Ertrag und einer höheren Investitionsrendite bis zum Recycling der Varianten.
Dafür ist es Voraussetzung, bereits in der Produktentwicklung alle Produktmodelle ganzheitlich im Blick zu behalten und das technische Produktmodell sukzessive mit anderen Produktmodellen u.a. des Vertriebs, der Logistik und des Services auf eine zentrale Plattform zu bringen, um Configuration Lifecycle Management (CLM) zu nutzen.
CLM ist eine auf einer offenen Plattform ganzheitlich integrierte Lösung, die alle relevanten Geschäftsfunktionen und -systeme wie PLM, ALM, ERP, CPQ etc. von der Produktentstehung über den Vertrieb, die Produktion bis hin zum Service verbindet. Das Erfolgsrezept liegt im kollaborativen Aufbau einer Single-Source-of-Configuration-Truth mit allen Perspektiven auf ein zentrales Produktmodell mit Daten, Regeln oder Merkmalseigenschaften zur Einleitung und Umsetzung ökologischer Ziele und Maßnahmen.

Nachhaltigkeit ist ein zentrales Kriterium von Kaufentscheidungen geworden

Die Erwartungen der Kunden an einerseits individuelle, aber auch an nachhaltigere Produktvarianten als Grundlage ihrer Kaufentscheidung sind heute bereits hoch. Wie in der Automobilindustrie schon viele Jahre üblich, müssen Konfiguratoren heute in allen Branchen und über alle Vertriebskanäle verschiedene Nachhaltigkeitskriterien für jede individuell konfigurierte Variante aufzeigen. Das ermöglicht es dem Kunden, in einer geführten Grünen Konfiguration einen optimalen Kompromiss zwischen Leistung, Preis, Verfügbarkeit und den jeweiligen Umweltauswirkungen zu finden und für seine Entscheidung heranzuziehen.

Configuration Lifecycle Management (CLM)

Aus der Perspektive der Nachhaltigkeit hilft CLM in vier Schlüsselbereichen:

  • Engineering:
    Sicherstellung der Konformität hinsichtlich Kreislaufwirtschaft schon im Design, Vermeidung von Over-Engineering, optimale Nutzung der Ressourcen über alle Domänen inklusive Planung der Zerlegung und Wiederverwendung von Produkten
  • Vertrieb:
    Anleiten der Kunden zu nachhaltigen Entscheidungen durch Transparenz im Konfigurator hinsichtlich Preis, Leistung und Nachhaltigkeit („Grüne Konfiguration“)
  • Fertigung:
    Verhindern von Konfigurationsfehlern führt zu weniger Abfall und Vermeidung falsch produzierter Produkte
  • Service:
    Regelbasierte Optimierung der Produkte über den Lifecycle durch Retrofit-Maßnahmen, Rücknahme und Aufarbeitung gebrauchter Produkte aus Serviceverträgen
    (Product-as-a-Service)

Innovative Konfigurationstechnologie für eine nachhaltige Produktion und Kreislaufwirtschaft

Die Komplexität im Varianten- und Konfigurationsmanagement ergibt sich meist aus Billionen von möglichen Merkmalskombinationen, die konstruiert, verkauft oder gebaut werden können. Werden alle diese Kombinationen insgesamt berechnet und in auswertbaren Lösungsräumen repräsentiert, so findet man fast immer Inkonsistenzen. Diese Fehler ließen sich bisher nur manuell und mit entsprechendem Aufwand identifizieren, wenn sie denn überhaupt – meist auch nur durch Zufall – in den operativen Prozessen entdeckt werden.
Mit modernen, auf Kompilierung basierenden Konfigurationstechnologien wie Virtual Tabulation® ist es heute jedoch möglich, diese komplexen Lösungsräume valider Variantenkombinationen auf einmal zu berechnen, in einer komprimierten Tabelle zu speichern und diese Daten für ökologische Analysen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise lassen sich beispielsweise Fragen zur Absatzentwicklung, zum Upselling-Potential, dem CO2-Fußabdruck, dem Materialeinsatz oder weiteren Nachhaltigkeitsfaktoren einer Variante umgehend beantworten.

Der Einfluss digitaler Geschäftsmodelle auf die Kreislaufwirtschaft ist enorm

Ganzheitlich optimierte CLM-Lösungen bieten in diesem Zusammenhang auch die Grundlage für stark zunehmend digitale Nutzungsmodelle (PaaS– Product-as-a-Service), bei denen nicht das physische Produkt, sondern der Output einer konkreten Variante vom Kunden vergütet wird: Pay-per-Scan (Medizintechnik), Pay-per-Sheet (Druckindustrie), Pay-per-kWh in der Energieerzeugung oder Pay-per-Part (Maschinenbau) sind gängige PaaS-Modelle aus der Praxis.
So nutzt ein Marktführer im Hightech-Maschinenbau der Halbleiterindustrie Virtual Tabulation® als Konfigurationstechnologie schon viele Jahre hauptsächlich in der digitalen Vorplanung anstehender Nach- und Umrüstarbeiten, um die Kompatibilität aller Domänen der Mechanik, Elektronik und dem stark zunehmenden Softwareanteil über den erweiterten Lebenszyklus in der Konfiguration zu dokumentieren und fehlerfrei sicherzustellen. Minimierte Standzeiten bei Wartung, ein effizienter Betrieb der Anlagen und stetige Retrofit-Maßnahmen tragen auch hier zu mehr Teile-Output und Serviceumsätzen, zu reduzierten Betriebskosten und einer besseren Klimabilanz über die verlängerte Lebensdauer bei.
So profitieren nicht nur der Maschinenhersteller und der Kunde, sondern insbesondere auch das Klima durch eine intelligente Kreislaufwirtschaft.

Weiterführende Informationen über CLM-Lösungen im Nachhaltigkeitsumfeld finden Sie hier: https://go.configit.com/clm-for-sustainability

 

 

 

Der Autor:

Holger Senn ist Principal Consultant bei Configit und für den Wissenstransfer eines interdisziplinären Configuration Lifecycle Managements (CLM) für Fertigungsunternehmen in  der DACH-Region verantwortlich und verfügt über 30 Jahre Erfahrung in diesem Themensegment.

Mitautor:
Jörn Pleuß, Director, Global Partner Marketing & Customer Advocacy bei Configit.