Rund 70 Prozent des internationalen Handels wird durch globale Lieferketten ermöglicht. Was für Konsumenten mehr Produktvielfalt bietet, bedeutet für Produzenten und Händler längere und komplexere Beschaffungswege für Rohstoffe und Produkte. Dass dies auch zu gravierenden Störungen führen kann, haben die letzten Jahre eindrucksvoll gezeigt – etwa die Suez-Kanal- Blockade, Handelskriege, Covid-19-Lockdowns, regulatorische Anforderungen.
Daraus ergibt sich ein signifikanter Veränderungsdruck für global agierende Händler – und ein Paradigmenwechsel, wie Lieferketten konzipiert und gesteuert werden. Die traditionellen Zielgrößen wie Kosten, Service, und Qualität bleiben relevant, werden jedoch ergänzt um die „new kids on the block“:
Agilität – Wie schnell und flexibel kann sich meine Lieferkette auf ändernde Konsumenten- bzw. Marktanforderungen anpassen?
Nachhaltigkeit – Wie nachhaltig kann ich die Nachfrage meiner Konsumenten bedienen?
Resilienz – Wie gut kann ich Störungen vorhersehen? Wie belastbar ist meine Lieferkette im Falle einer Störung und wie reagiere ich darauf?
Initiativen, die nach diesen neuen Zielgrößen ausgerichtet sind, haben wiederum direkten Einfluss auf „traditionelle“ Aspekte: Beispielsweise hat die Etablierung zirkulärer Geschäftsmodelle einen direkten positiven Effekt auf die Produktqualität – nur Produkte mit verbesserten Materialien und längerer Lebensdauer können länger im Umlauf bleiben.
„Wir befinden uns auf einer Reise und entwickeln Produkte, die unser Savoir-faire und unser Versprechen für luxuriöse Qualität widerspiegeln. Das Einbetten von Nachhaltigkeit in unsere betrieblichen Abläufe unterstützt nicht nur die Resilienz unserer Lieferkette, die Nutzung alternativer Energiequellen und verbesserte Kosteneinsparungen. Es führt uns außerdem dazu, über Materialeffizienz wie die Rückgewinnung wertvoller Ressourcen nachzudenken und unsere Verpflichtung des Strebens nach Langlebigkeit zu erfüllen.“
Herbert Schuler, Chief Operations Officer bei Swarovski
Ende-zu-Ende-Transparenz und vertikale Integration als Chance
Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, die Wertschöpfungsketten Ende-zu-Ende zu betrachten – von der Rohstofferzeugung bis zum Konsum durch den Endkunden. Dabei spielt es eine immer größere Rolle, Transparenz in Echtzeit über Lieferketten bzw. alle Elemente der Wertschöpfung und deren Abhängigkeiten sicherzustellen. Diese holistische Sicht ermöglicht es, Trade-Offs zwischen den traditionellen und neuen Zielgrößen zu bewerten.
Hierfür ist es empfehlenswert, gemeinsam mit relevanten Stakeholdern Prioritäten, Risiken und Chancen entlang der Ende-zu-Ende-Wertschöpfungskette zu definieren – im Rahmen eines Materiality Assessments. Dabei werden Themen und Handlungsfelder, wie Nachhaltigkeit durch das Unternehmen verbessert werden kann, nach zwei grundsätzlichen Fragen bewertet:
- Was ist die Auswirkung auf den Erfolg des Unternehmens?
- Wie relevant ist das Thema für dessen interne und externe Interessensgruppen?
Ambitionierte Ziele zur Nachhaltigkeit
Swarovski steht seit Generationen für die Prinzipien von Fairness für das Gemeinwesen und die Umwelt, die auf den Gründer Daniel Swarovski zurückreichen. Das Unternehmen hat sich daher ambitionierte Ziele gesetzt, um Nachhaltigkeit fest zu verankern. Ausgewählte Zielsetzungen sind:
Dekarbonisierung bzw. die Reduktion von Treibhausgasen: Swarovski nimmt an der Science Based Targets-Initiative (SBTi) teil und hat sich dabei ambitionierte Ziele gesetzt, bis 2030 Scope-1- und Scope-2-Emissionen um 47 Prozent, sowie Scope-3-Emissionen um 28 Prozent zu reduzieren.
Im Bereich Conscious Materials beabsichtigt Swarovski, den ökologischen Fußabdruck der Produkte und Verpackungen zu verkleinern, und das ohne Einbußen bei der Qualität und dem für Swarovski typischen Stil der „Joyful Extravagance“. Swarovski will bis 2030 alle seine Metalle aus rezyklierten Rohstoffen beziehen. Generell soll in Zukunft zumindest 50 Prozent des Sortiments auf Swarovskis ambitionierten Produktnachhaltigkeitsprinzipien basieren. Durch Weiterbildung (Empowerment & Education) werden MitarbeiterInnen intern und extern befähigt, bewusstere Entscheidungen zu treffen. Hierzu gehört auch die Unterstützung für und Partnerschaft mit akademischen Institutionen.
Waste & Circular Economy beschreibt Swarovskis Ambition, die Abfallmenge in der gesamten Wertschöpfungskette erheblich zu reduzieren. Abfälle aus eigner Produktion sollen zu 90 Prozent deponiefrei sein, davon müssen 70 Prozent recycelt oder wiederverwendet werden. Zusätzlich wird eine Verdoppelung der Materialeffizienz angestrebt.
Swarovski versteht sich als eine Marke, die Gleichberechtigung und Integrität lebt. Dies ist unter der Strategie zu EDI (Equality, Diversity & Inclusion) zusammengefasst. Weiterhin verfolgt Swarovski unter dem Schwerpunkt Rights & Respect u.a. das Ziel, dass die Menschenrechte entlang der Wertschöpfungskette respektiert werden.
Unser Aufruf – Handeln Sie jetzt!
Überprüfen Sie, welche Nachhaltigkeitsziele Ihr Unternehmen bereits definiert hat bzw. überlegen Sie gemeinsam mit ihren MitarbeiterInnen, welche Themen noch ergänzt werden müssen. Nachhaltigkeit erfordert ein Umdenken von einer linearen zu einer System-Denkweise. Nutzen Sie Nachhaltigkeit daher als Chance, sich enger mit dem gesamten Stakeholder Ökosystem zu vernetzen, und attraktiv für Kunden und Lieferanten zu werden bzw. bleiben. Daraus ergeben sich Möglichkeiten, durch engere Kollaboration entlang der gesamten Wertschöpfungskette gemeinsam Wettbewerbsvorteile zu generieren.
Die Autoren:
Herbert Schuler, Chief Operations Officer, leitet als Mitglied des Executive Committees den Bereich Operations bei Swarovski. Neuausrichtung der gesamten Supply Chain hinsichtlich Nachhaltigkeit ist seine Kernaufgabe im Rahmen der Umsetzung der Business Strategie.
Alexander Pranter, Vice President Operational Excellence, leitet bei Swarovski den Bereich Operational Excellence und ist Mitglied des Operations Core Management Teams. Zu seinen Hauptaufgaben zählen Definition und Umsetzung eines optimalen Produktions-, Beschaffungs- und Transportnetzwerks.