Kommunikation in der Krise: Aktiver Schutz der Reputation

Krisensituationen stellen ein enormes Risiko für die Reputation von Unternehmen und Organisationen dar. Entsprechend sollten die Kommunikationsexperten von Anfang an in die Krisenbewältigung eingebunden sein. Dabei geht es um weitaus mehr als die Bereitstellung eines Krisenkommunikationsplans. Es geht um professionelle, strategische Krisenkommunikation – vor, während und nach der Krise.

Krisenmanagement ist mehr als die operative Bewältigung der Krisenursachen und einhergehender Rückkehr in einen „Normalmodus“. Auch der Schutz bzw. die Widerherstellung der Reputation bei internen und externen Stakeholdern ist im Krisenfall eine wesentliche Aufgabe von Unternehmen oder Organisationen. Dieser Aufgabe kommt die Krisenkommunikation nach.

Kommunikation ist eine vertrauensbildende Maßnahme

Krisensituationen sind von einem zentralen Dilemma bestimmt: Dem hohen Kommunikationsdruck stehen fehlende gesicherte Informationen entgegen, der weitere Verlauf der Situation ist ungewiss. Das erschwert das Ziel von Krisenkommunikation, mit bedürfnisorientierter Kommunikation das Ansehen und Integrität bei internen und externen Stakeholdern zu schützen und das operative Krisenmanagement aktiv zu unterstützen.
Verstärkt wird dieses Dilemma durch die Vielzahl an internen und externen Kommunikations-Plattformen und -Kanälen, die Unternehmen heutzutage bedienen. Folglich muss der Dialog mit den diversen Stakeholdern auf verschiedenen Kanälen und in verschiedenen Formaten stattfinden – zeitlich und inhaltlich aufeinander abgestimmt. Denn gute Krisenkommunikation ist wahrhaftig, transparent und vor allem konsistent.

Hacker forcieren den Angriff auf die Reputation

Um der Reputation eines Unternehmens oder einer Organisation zu schaden, veröffentlichen Angreifer mittlerweile Attacken eigenständig in Foren oder gehen direkt auf Medien bzw. Kunden der Opfer zu. Nicht selten erfährt man erst darüber, dass man Opfer eines Cyberangriffes geworden ist – dann muss umgehend in den Krisenmodus geschaltet werden.

Wer in Krisensituationen, ob selbst- oder fremdverschuldet oder durch höhere Gewalt hervorgerufen, noch mit grundlegenden internen Organisationsfragen beschäftigt ist, wird dem Ziel, die Reputation aktiv zu schützen, nicht gerecht werden können. Vorbereitung ist der Schlüssel für erfolgreichen Reputationsschutz im Ernstfall.

Vor der Krise: Sensibilisierung, Prozess-Definition und Training

Krisenprävention beginnt mit Sensibilisierung. Es gilt, verschiedene Krisensituationen hinsichtlich ihrer Gefahr für die Reputation zu besprechen, um so die Interessen der Beteiligten abzugleichen und das Situationsbewusstsein zu schärfen. Ein starkes Tool für die strategische Analyse möglicher Fälle ist die „Szenario-Technik“ („Eintrittswahrscheinlichkeit“ versus „Auswirkungen auf die Reputation“). So können gemeinsame Leitlinien und Handlungsempfehlungen als Basis für die strategische Krisenkommunikation erarbeitet werden.

Vorbereitung auf den Cyberangriff heißt Lernen

Die Vorbereitung auf Krisenfälle durch Cyberangriffe geht für Kommunikationsverantwortliche häufig mit gänzlich neuen Situationen einher. Für das Reputationsrisiko ergeben sich so unterschiedliche Szenarien: Die Kommunikationshoheit kann z. B. bei einer Behörde liegen oder bestehende Präventionsmaßnahmen durch konkrete Auswirkungen auf das Unternehmen (u. a. inaktive Systeme) nahezu unbrauchbar werden.

In der Prävention geht es aber auch darum, Prozesse, ein resilientes Team-Setup sowie hilfreiche Tools aufzusetzen. Wie verlaufen Erstmeldung und Informationsweitergabe? Welche Schnittstellen zu anderen Abteilungen oder externen Stellen sind nötig? Wer bedient welchen Kanal? Prozesse für die Content-Erstellung und die Übersetzung von Fakten in Kernbotschaften gehören zu den Hauptaufgaben der Kommunikation und sind ebenso zentral wie eine Planung der Kommunikationskaskade – vom Intranet, über den Social-Media-Post bis zur Pressemitteilung.
Teil der Vorbereitung ist auch das Aufsetzen eines Team-Setups sowie die Definition der benötigten Rollen mit einhergehenden Aufgaben und Zuständigkeiten. Und letztlich geht es darum, über Tools die Arbeit im Krisenfall zu erleichtern bzw. zu beschleunigen, unter anderem durch professionelles Monitoring oder vorbereitete Inhalte pro Szenario, die auf die tatsächlichen Krisensituationen „nur noch“ angepasst werden müssen.
Jedoch ist alle Theorie nutzlos, wenn sie nicht auch regelmäßig angewendet wird. In Form von realistischen Trainings, sogenannten Echtzeit-Simulationen, entweder mit Kommunikationsfokus oder im Rahmen eines operativen Gesamttrainings, lassen sich Prozesse erproben, das Team-Setup testen und Optimierungspotentiale erkennen.

Während der Krise: Die Strategie ist entscheidend

Erfolgreiches Krisenmanagement beginnt bereits beim Issue Management. Erste Anzeichen einer möglichen Krise müssen frühzeitig erkannt und Maßnahmen eingeleitet werden. In einer Krisensituation ist die Kommunikationsstrategie entscheidend. Ziel ist es „vor die Lage zu kommen“: nicht Getriebener von Medien und der Öffentlichkeit zu sein, sondern die Berichterstattung mit eigenen Botschaften mitzugestalten, Gerüchte frühzeitig zu unterdrücken und ausgewählte Botschaften an die wichtigen Zielgruppen zu senden.

Nach der Krise: Manöverkritik und Reputationsaufbau

Bei Cyberangriffen ist der Kommunikationszeitpunkt entscheidend

Kommunikationsziel ist es, den Cyberkriminellen den Wind aus den Segeln zu nehmen („stealing thunder“). Aber Vorsicht: Besonders bei unbedachten, zu schnellen Reaktionen besteht die Gefahr, dass unvollständige oder falsche Informationen herausgegeben werden, die Kommunikation vage wirkt und Vertrauensverlust droht. Eine frühe öffentliche Reaktion birgt zudem das Risiko, dass Angreifer gewarnt und mögliche Nachverfolgungen erschwert werden.

Nach der Krise: Manöverkritik und Reputationsaufbau

Ist eine Krise ausgestanden, ist eine Manöverkritik wichtig: Neben der Betrachtung der eigenen Prozesse und der Rollenverteilung ist darauf zu schauen, welche Medien wie berichtet haben, wie die Reaktionen auf internen und externen Kanälen zu bewerten sind und wie die Kommunikation mit anderen Stakeholdern lief. Ziel ist es, Optimierungsmöglichkeiten zu finden und Learnings für den nächsten Vorfall mitzunehmen. Zudem kommt es auf Maßnahmen an, die wieder Vertrauen und Reputation aufbauen. Dazu zählt eine fortlaufende Kommunikation zu möglichen nachgelagerten Auswirkungen der Krise und zu Maßnahmen zur Vermeidung ähnlicher Vorfälle. Letztlich sind auch das aktive Beenden der Krisenkommunikationsphase sowie der bewusste Übergang in die Regelkommunikation wichtig.

Der Autor:

Sebastian Riedel ist Director bei Klenk & Hoursch AG, einer inhabergeführten Beratung für Kommunikation und Public Affairs. Er berät seit über zehn Jahren Unternehmen und Organisationen im Bereich der Krisenkommunikation – sowohl bei der Prävention wie auch im Krisenmanagement.