Ausreichende Liquidität ist schon immer eine zwingende Voraussetzung für das erfolgreiche Führen eines Unternehmens gewesen. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass Liquiditätsplanung in unserem Wirtschaftsraum im Vergleich zu anderen Regionen auf der Welt seit jeher ein eher stiefmütterliches Dasein fristet. Diese Haltung wandelt sich gerade zusehends – primär auf Grund sich verschärfender externer Rahmenbedingungen. Damit rückt auch zunehmend die Frage in den Fokus, wie das Thema durch den Einsatz professioneller Tools optimal unterstützt werden kann.
Die Zeiten sind aktuell rauer als noch vor einigen Jahren. Sowohl die Entwicklungen auf dem Kapitalmarkt als auch immer neue internationale Krisen und Herausforderungen verlangen den Unternehmen viel ab. Liquiditätsengpässe drohen aktuell selbst solchen Unternehmen, denen dies bisher völlig fremd war. Und nun rächt sich, dass das Thema der Liquiditätsplanung in der Vergangenheit häufig vernachlässigt wurde. So fehlen vielen Unternehmen die Mechanismen und Werkzeuge, um die künftige Liquiditätsentwicklung zuverlässig und mit vertretbarem Aufwand jederzeit im Blick zu behalten.
Im besten Fall existiert noch eine mit stets hohem Aufwand erstellte und fortgeschriebene Excel-basierte Liquiditätsplanung. Diese stößt jedoch schnell an Grenzen, wenn große Datenmengen verarbeitet und Abweichungen zwischen Forecast und Realität genauer analysiert werden sollen – von der Fehleranfälligkeit solcher Lösungen ganz zu schweigen. Die Verfügbarkeit einer integrierten Unternehmensplanung (GuV, Bilanz, Cashflow) stellt ein probates Mittel dar, um zumindest Liquiditätswerte auf Monatsbasis zu erhalten. Allerdings ist die Verfügbarkeit von möglichst aktuellen Daten auf Wochen- bzw. Tagesbasis wichtig, um auf eintretende Entwicklungen zeitnah reagieren zu können. Dazu taugt die integrierte Planung nicht wirklich, weshalb die Nachfrage nach der Etablierung eines nachhaltigen Liquiditätsmanagements steigt. Aber – was ist das eigentlich genau? Und worauf kommt es dabei an?
Die grundlegende Konzeption
Bevor eine Beschäftigung mit der Frage erfolgen kann, welches Tool für die Liquiditätsplanung am besten eingesetzt werden soll, bedarf es im Vorfeld der Entwicklung einer Vorstellung, wie ein nachhaltiges Liquiditätsmanagement für das eigene Unternehmen eigentlich konzipiert sein muss. Welche Faktoren sind es, die im Kontext des jeweiligen Geschäftsmodells maßgeblich die Entwicklung der Liquidität beeinflussen? Hieraus leitet sich die Frage ab, welche Daten für einen Liquiditätsforecast verarbeitet werden müssen. Ein zentraler und oft vernachlässigter Aspekt ist es, dass eine fundierte Liquiditätsplanung sowohl Expertise als auch Kapazität der involvierten Mitarbeiter benötigt. Darüber hinaus sind eine klare organisatorische Verankerung sowie die nötige Management Attention eine grundlegende Voraussetzung.
Banking versus Buchhaltung
Es erscheint auf den ersten Blick naheliegend, dass Liquidität etwas mit dem Geld auf den Bankkonten zu tun hat. So setzen einige Liquiditätstools auch an dieser Stelle auf und lesen die Banktransaktionen via Online-Schnittstelle aus. Dieser Ansatz stößt jedoch sehr schnell an Grenzen, denn andere für einen Forecast elementare Informationen wie beispielsweise Forderungen und Verbindlichkeiten (F+V) gemäß Buchhaltungsstand lassen sich nicht mit den Echtzeitdaten der Bankkonten in Einklang bringen.
Aus diesem Grund bietet sich für die meisten Unternehmen ein buchhalterischer Ansatz an. Dieser hat zwar den Nachteil, dass er keinen tagesaktuellen Finanzstatus in Echtzeit liefert, aber darum geht es bei einem verlässlichen Liquiditätsforecast auch nicht. Vielmehr geht es darum, die für einen Forecast relevanten Informationen stimmig und zueinander passend verfügbar zu haben. Dafür sind Daten aus der Buchhaltung optimal geeignet, denn sie spiegeln immer den aktuellen Cashbestand in Kombination mit den F+V zum gleichen Zeitpunkt wider. Somit ist die erste Grundvoraussetzung für einen Liquiditätsforecast gegeben: die Ermittlung eines sauberen Aufsatzpunktes.
Datenanalyse und Regelwerke
Allerdings ist es in der Regel so, dass die auf den ersten Blick mit der notwendigen buchhalterischen Klarheit und Belastbarkeit vorliegenden Informationen nicht ohne weiteres direkt in einen Forecast einfließen können. Denn auch in den F+V verbergen sich jede Menge Sachverhalte, die als in der vorliegenden Form nicht mehr liquiditätswirksam einzustufen sind. Beispielhaft seien geleistete Vorkassen oder an Factoring Dienstleister abgetretene Forderungen erwähnt. Diese Sachverhalte müssen auf Basis der vorliegenden Daten analysiert und die Regeln zur Nachbearbeitung festgelegt werden. Die Abbildung dieser Regelwerke in einem Tool ist der erste Schritt in Richtung einer nachhaltigen und effizienten Liquiditätsplanung, da diese Nachbearbeitungsschritte bei künftigen Aktualisierungen automatisiert ablaufen können.
Unternehmensplanung
Typischerweise soll ein Liquiditätsforecast mehrere Wochen und Monate in die Zukunft schauen. Hierfür reichen die bisher angesprochenen Daten nicht aus. Je nach Geschäftsmodell können Auftragsbestand und Bestellobligo eine sinnvolle Ergänzung sein, in jedem Fall aber die Unternehmensplanung. Wichtig ist, diese so aufzubereiten, dass eine automatische Abgrenzung zu den anderen Datenquellen erfolgt, die im Forecast verarbeitet werden. Dafür muss ein Tool entsprechende Mechanismen bieten, da ein manueller Abgleich nur mit hohem Aufwand möglich wäre.
Simulation von Szenarien
Ein weiterer zentraler Punkt, gerade aufgrund der derzeit herrschenden exogenen multiplen Unsicherheitsfaktoren, die auf Unternehmensplanungen einwirken, stellt die Anforderung dar, unterschiedliche Szenarien schnell und belastbar simulieren zu können. Es gibt nicht „die eine“ richtige Planung, so dass der Simulation von Optionen und möglichen Entwicklungen als Entscheidungshilfe für das Management eine zunehmend wichtige Rolle zukommt.
Bei einer tieferen Auseinandersetzung mit dem Thema ist schnell festzustellen, dass unterschiedlichste Aspekte und Einflussparameter zu berücksichtigen sind, um zu einem validen Forecast zu gelangen. Viele dieser Themenstellungen sind sehr buchhaltungsnah, weshalb ich persönlich grundsätzlich dazu tendiere, die Liquiditätsplanung organisatorisch eher am Accounting als am Controlling zu verankern. Wichtiger als die Frage, wo man das Thema am besten aufhängt, ist jedoch die Tatsache, dass die Verantwortlichkeit überhaupt klar und eindeutig geregelt wird. Unstrittig ist auf alle Fälle, dass es immer der Kombination aus einem versierten Liquiditätsplaner und einem geeigneten Tool im Unternehmen bedarf. Denn das Tool ist am Ende immer nur ein Werkzeug – und es ist in der Regel wertlos ohne die Person, die es mit all seinen Möglichkeiten auch zu nutzen weiß. Diese Möglichkeiten werden in den kommenden Jahren durch neue, KI-basierte Ansätze mit Sicherheit ganz neue Dimensionen erreichen.
Der Autor:
Thorsten Schäfer ist Vorstandsvorsitzender der consanto AG.
Die consanto AG ist ein auf das Thema Liquiditätsmanagement spezialisierter Dienstleister, der für mittelständische Unternehmen und Konzerne ein nachhaltiges Liquiditätsmanagement auf Basis seiner Softwarelösung Cashmir® implementiert.