Gewaltiges Potenzial: Intelligente Automatisierung im Dokumentenmanagement

Der Brückenschlag von der physischen in die digitale Welt ist auch in der Sachbearbeitung längst möglich. Swiss Post Solutions (SPS), ein Konzernbereich der Schweizerischen Post mit 7500 Mitarbeitenden, ist weltweit einer der führenden Treiber dieser Entwicklung. Für über 1000 Großkunden verarbeitet SPS jährlich weit über eine Milliarde Dokumente.

Die vierte industrielle Revolution ist längst im Gang. Doch während in der Fertigung die digitale Fabrik der Industrie 4.0 langsam Formen annimmt, werden 80 Prozent aller Dokumente in Wirtschaft und Verwaltung immer noch physisch bearbeitet. Menschen lesen Schriftsätze, deuten ihre Intention und bearbeiten auf dieser Basis Angebote oder Rechnungen, Aufträge oder Beschwerden, Klageschriften oder andere komplexe Fragestellungen. Danach geben sie die relevanten Informationen in Software-Anwendungen ein und lösen Folgeprozesse aus. Doch schon jetzt kann die Hälfte aller dieser Tätigkeiten automatisiert werden – mit heute bereits verfügbaren Technologien.

Die Digitalisierung bietet Chancen für die Unternehmen und die arbeitenden Menschen gleichermaßen: Anstrengende, monotone und repetitive Tätigkeiten erledigen Maschinen – rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr. Sie arbeiten mit hoher Effizienz und nahezu fehlerfrei. In der Sachbearbeitung geht es also heute darum, für eine große Zahl der Tätigkeiten die Verteilung zwischen Mensch und Maschine neu zu ordnen. Klar ist: Nur wer sich heute aufmacht, die Chancen der Digitalisierung im Dokumentenmanagement zu nutzen, hat künftig gegenüber seinen Konkurrenten die Nase vorn.

Die Herausforderung unstrukturierter Daten

Seit einiger Zeit schon ist die ehemals größte Herausforderung im Umgang mit digitalisierten Dokumenten gelöst: die Verarbeitung von unstrukturierten Daten. Ein Beispiel: Wenn ein Kunde die Änderung seiner Anschrift per E-Mail an ein Unternehmen schickt, hat bislang ein Mensch die E-Mail empfangen, den Inhalt gelesen, die Intention verstanden und die Anschriftänderung im CRM-System vorgenommen. Intelligente Automatisierung schafft dies heute völlig autonom: Das System erkennt die Intention, macht aus dem unstrukturierten, frei formulierten Text der E-Mail maschinell verarbeitbare, strukturierte Daten. Ein Software-Roboter nimmt anschließend die Änderungen im CRM-System vor. Die zwei wichtigsten Technologien sind künstliche Intelligenz (KI) und Robotic Process Automation (RPA).

Informationsverarbeitung wird intelligent

KI kann Aufgaben erledigen, für die bisher der Einsatz menschlicher Intelligenz notwendig war. Anstelle von Schlüsselwörtern werden Muster erkannt, sodass selbst komplexe Anliegen mit hoher Treffsicherheit richtig verarbeitet werden. Durch kontinuierliche Erfahrung im Verarbeitungsprozess  „lernt“ das System. Es wird von Tag zu Tag präziser und besser. Künstliche Intelligenz liefert die strukturierten digitalen Daten für den nächsten Prozessschritt.

RPA wird bei der Automatisierung von standardisierten Transaktionen und Prozessschritten eingesetzt. Roboter werden so konfiguriert, dass sie alle Prozessschritte so ausführen wie es bisher ein Mensch erledigt hat. Dabei arbeiten diese Software-Roboter mit vorhandenen Systemen auf der Basis des Benutzer-Interfaces. Bei der Eingabe von Daten in ein Tabellenblatt bewegt sich dann sogar der Mauszeiger über den Bildschirm. Genau so, wie ein Mensch die Tabellenkalkulation bedienen würde.

In der Praxis erprobt

Bereits vor drei Jahren begann SPS erste Pilotprojekte umzusetzen, um dieses gewaltige Potenzial intelligenter Automatisierung zu heben. Auf der Basis einer globalen Plattform bietet SPS seit über einem Jahr eine Komplettlösung für intelligente Automatisierung im Dokumentenmanagement: Dabei werden Daten physischer Dokumente über Texterkenner erfasst, Inhalte mittels KI ausgelesen und Prozesse mit RPA automatisiert. Der geringe Prozentsatz von Dokumenten, die nicht automatisiert ausgelesen werden können, kann in einem Offshore-Center in Vietnam mit über 1.500 Beschäftigten bearbeitet werden.

Effizienzsteigerung durch Robotik

Bei einem namhaften deutschen Krankenversicherer setzt SPS zunächst OCR ein, um die Daten aus Anträgen, Einkommensnachweisen, Zuzahlungsbelegen und weiteren Dokumenten auszulesen und diese dem Roboter in strukturierter Form bereitzustellen. Sind alle notwendigen Daten vorhanden, startet der Roboter mit der Bearbeitung unter strikter Beachtung der Geschäftsregeln. Der Kundenbetreuer erhält zum Schluss einen Ergebnisstatus mit Hinweisen, um den Vorgang abzuschließen. Der Roboter erkennt doppelte Nachweise, wie z. B. einen Apothekenbeleg, der bereits in der zusätzlichen Apothekensammelrechnung enthalten war, oder fehlende Zahlungsnachweise für vorgelegte Rechnungen.

Nicht nur in fachlicher Hinsicht überzeugt die Roboterlösung. Sie hat auch die notwendige manuelle Bearbeitung um durchschnittlich 50 Prozent reduziert und damit die  Bearbeitungszeit entsprechend verkürzt. Die Versicherten erhalten ihre Erstattung schneller, was zu einer höheren Kundenzufriedenheit beiträgt; gleichzeitig reduziert sich der Bedarf an zusätzlichem Personal.

Intelligent automatisieren in vielen Branchen

Intelligente Automatisierung zahlt sich rasch aus. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Vorreiter aus den Branchen stammen, in denen das Dokumentenmanagement Geschäftsgrundlage ist: Banken und Versicherungen. McKinsey schätzt das Automatisierungspotenzial bei Banken und Versicherungen auf 67 Prozent in der Datenverarbeitung, in der Datenerfassung auf immerhin 50 Prozent. Das heißt, dass mindestens die Hälfte der Tätigkeiten von Maschinen erledigt werden kann. Für andere Dienstleistungsbereiche sehen die Analysten ähnlich hohe Automatisierungschancen. Die Technologie-Analysten von Gartner sehen in dem Geschäftsfeld der SPS einen Milliarden-Markt. Allein der Einsatz von RPA bei großen Organisationen wird sich in den kommenden drei Jahren vervierfachen, so Gartner. Bei diesem raschen Wachstum sind außerdem deutliche Entwicklungssprünge zu erwarten. Mit dem Ansatz der Swiss Post Solutions, als BPO-Partner die Prozessverantwortung zu übernehmen und damit den Auftraggebern das Technologie-Risiko vollständig abzunehmen, leistet SPS einen entscheidenden Beitrag, die Chancen der Digitalisierung schnell und effizienzsteigernd zu  nutzen.

Der Autor: Jörg Vollmer ist CEO von Swiss Post Solutions (SPS), einem globalen Anbieter von Outsourcinglösungen für Geschäftsprozesse und innovative Dienstleistungen im Bereich Dokumentenmanagement. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung in ähnlichen Positionen bei anderen Technologieunternehmen hat er ein sicheres Gespür für den dynamischen BPO-Markt und zukünftige Trends entwickelt. Jörg Vollmer war zuvor über 20 Jahre bei Hewlett Packard in verschiedenen Führungspositionen tätig. In seiner letzten Funktion war er als Vice President für das Business-Process-Outsourcing-Geschäft (BPO) in Europa, im Nahen Osten und in Afrika zuständig.