Erfolgsfaktoren für die Produktion der Zukunft
Jens Fath

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Effiziente Produktion bleibt der Schlüssel zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit. Innovative Technologien und datengetriebene Prozesse können enorme Potenziale entlang der Wertschöpfungskette heben – wenn sie ganzheitlich gedacht und umgesetzt werden. Die Transformation vom „Analog Player“ zum „Digital Champion“ gelingt nur, wenn technologische, organisatorische und prozessuale Veränderungen im Zusammenspiel erfolgen. Fehlt dieser Blick aufs große Ganze, stößt der Wandel zur Fabrik der Zukunft schnell an seine Grenzen1). Dieser Beitrag liefert praxisnahe Erfolgsfaktoren und konkrete Handlungsempfehlungen für eine digitale Transformation mit echtem Mehrwert.

Warum Unternehmen ihre Produktion transformieren müssen

Unternehmen verfolgen unterschiedliche Motive, sich mit der Zukunft der Produktion auseinanderzusetzen – doch die zentralen Treiber sind meist dieselben: Steigender Wettbewerbs- und Kostendruck erzwingt kontinuierliche Prozessoptimierung. 40 Prozent der Unternehmen glauben, ohne digitale Anpassungen in zehn Jahren wirtschaftlich nicht mehr tragfähig zu sein3).Globalisierung und der Markteintritt neuer, oft digital affiner Wettbewerber erhöhen den Preisdruck und verkürzen Innovationszyklen. Gleichzeitig fordern Kunden mehr Individualisierung, höhere Qualität und kürzere Lieferzeiten. Diese Rahmenbedingungen setzen Unternehmen unter Zugzwang und erfordern gezielte Maßnahmen zur Produktionsoptimierung sowie zum Umgang mit steigender Komplexität2).

Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist die Skalierung von Innovationen über einzelne Werke hinaus. Neue Technologien und Prozessverbesserungen entfalten ihr volles Potenzial erst, wenn sie systematisch auf mehrere Standorte ausgerollt und nachhaltig in bestehende Abläufe integriert werden. Die Produktion der Zukunft muss dabei zwei zentrale Herausforderungen meistern: die steigende Komplexität flexibler Fertigungsprozesse effizient zu steuern und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit zu sichern. Digitale Technologien spielen hierbei eine Schlüsselrolle. Während Lösungen wie Condition Monitoring bereits zum Standard gehören, gewinnen fortschrittlichere Ansätze – etwa der Einsatz kollaborativer Roboter oder Künstlicher Intelligenz – zunehmend an Bedeutung. Sie ermöglichen eine präzisere Steuerung und Überwachung von Produktionsprozessen und eröffnen neue Potenziale für Effizienzsteigerungen und innovative Geschäftsmodelle.

Erfolgsfaktoren für die Fabrik der Zukunft

1. Skalierung statt Insellösungen:

Digitale Transformationen sollten nicht technologiegetrieben sein – sie erfordern einen ganzheitlichen Ansatz, der Organisation, Prozesse und Menschen gleichermaßen einbezieht. Isolierte Pilotprojekte, die lediglich lokale Optimierungen erzielen, reichen wirtschaftlich nicht aus. Unternehmen müssen digitale Lösungen von Beginn an so konzipieren, dass sie nachhaltig implementierbar und unternehmensweit übertragbar sind.

Eine klare Vision sowie eine strukturierte Roadmap mit definierten Verantwortlichkeiten, messbaren Zielen und einem kontinuierlichen Review-Prozess sind essenziell. Dabei gilt es, technologische Aspekte ebenso zu berücksichtigen wie effektives Change-Management und robuste Governance-Strukturen.

2. Ganzheitliche, „business-led“ Betrachtung:

Ein ganzheitlicher, „business-led“-Transformationsansatz stellt sicher, dass digitale Initiativen integriert und nicht isoliert umgesetzt werden. Wesentliche Betrachtungsfelder sind:

  • Operation-Prozesse: Optimierung und Vereinheitlichung der Wertschöpfungsprozesse zur Steigerung von Effizienz, Qualität und Flexibilität.
  • IT/OT-Landschaft & Integration: Nahtlose Verbindung von IT- und OT-Systemen zur Sicherstellung durchgängiger Datenverfügbarkeit und Automatisierung.
  • Fähigkeiten & Use Cases: Aufbau notwendiger Kompetenzen durch die Identifikation und Umsetzung konkreter Use Cases mit messbarem Mehrwert.
  • Mitarbeitende, Rollen & Change: Einbindung und Qualifizierung der Mitarbeitenden, um Veränderungen aktiv mitzugestalten und Technologien erfolgreich zu nutzen.

Erfolgsfaktoren einer digitalen Transformationen in der Produktion. Quelle: PwC

3. Fokussierung auf integrative & wertbringende Use Cases:

Der Erfolg der digitalen Transformation hängt wesentlich von der Auswahl und konsequenten Umsetzung integrativer Anwendungsfälle ab. Die Vorteile digitaler Lösungen müssen klar kommuniziert werden, um Akzeptanz und Mehrwert zu sichern. Ein häufiger Fehler ist die Vernachlässigung des Business Cases: Ohne transparente wirtschaftliche Vorteile werden digitale Lösungen als Mehraufwand und nicht als Werttreiber wahrgenommen. Unternehmen sollten daher frühzeitig Kosten-Nutzen-Analysen und Einsparpotenziale definieren. Messbare KPIs ermöglichen eine transparente Erfolgskontrolle und kontinuierliche Verbesserungen.
Durch die gezielte Ausrichtung digitaler Lösungen an den Geschäftsprozessen und die klare Kommunikation des Mehrwerts für alle Beteiligten kann das volle Potenzial der digitalen Transformation ausgeschöpft werden.

4. Skalierbare Enterprise Architektur & Datendurchgängigkeit:

Enterprise Architecture Management (EAM) schafft Transparenz, Struktur und Orientierung auf dem Weg zur Fabrik der Zukunft. Es koordiniert Business Domains, priorisiert digitale Fähigkeiten und wählt passende IT-Komponenten aus. Datendurchgängigkeit ist entscheidend für eine End-to-End-Betrachtung von Prozessen und wird durch standardisierte Schnittstellen und Plattformlösungen unterstützt. IT und Fachbereiche sollten gemeinsam Architekturentscheidungen treffen, um Produktionsfähigkeiten optimal in Systemen wie Manufacturing Execution Systems (MES) oder IoT-Cloud Umgebungen (z. B. AWS) bereitzustellen.

Das zentrale Ziel von EAM ist eine flexible, skalierbare und innovative IT-Landschaft, die wirtschaftlichen Nutzen bringt und strategischen Prinzipien folgt.

Praxisbeispiel: Einsatz industrieller Drohnen zur effizienten Bestands­überwachung

Industrielle Drohnen gewinnen an Bedeutung, da sie zunehmend präziser, autonomer und kostengünstiger werden. Sie ermöglichen die effiziente, regelmäßige Erfassung hochwertiger Daten – von Oberflächenmessungen über visuelle Inspektionen bis hin zu thermischen Analysen.

Ein Bergbauunternehmen setzt Drohnen zur Optimierung seiner Bestandsüberwachung ein. Während zuvor manuelle Schätzungen bei über 70 Lagerhalden auf über 600 m² Fläche ungenau und zeitaufwändig waren, ermöglichen die Drohnen eine präzise, weitgehend autonome und kontinuierliche Datenerhebung. Die direkte Integration in bestehende Systeme (z. B. ERP) reduziert zusätzliche manuelle Aufwände.

Das Ergebnis:

Deutlich verbesserte Datenqualität und -verfügbarkeit, Kosteneinsparungen und ein schneller Roll-out in über zehn Werken – dank intuitiver Bedienung und hoher Skalierbarkeit.

5. Der Faktor Mensch als Schlüssel zur Transformation:

Für die erfolgreiche Einführung digitaler Lösungen ist gezieltes Change-Management erforderlich, das Mitarbeitende und organisatorische Strukturen einbezieht.

Digitalisierung verändert nicht nur Prozesse und Technologien, sondern auch Arbeitsweisen und Rollen. Eine frühzeitige Einbindung der Mitarbeitenden durch partizipative Prozesse, eine transparente Kommunikation und klare Ziele fördern die Akzeptanz. Veränderungen sollten dabei nicht von oben nach unten diktiert, sondern gemeinsam mit den betroffenen Teams erarbeitet werden. Qualifizierungsmaßnahmen stellen sicher, dass Mitarbeitende neue Technologien verstehen und effektiv nutzen können.

6. Klar strukturiertes Target Operating Model:

Ein Target Operating Model (TOM) definiert das Zusammenspiel von Rollen, Prozessen und Technologien zur effizienten Umsetzung betrieblicher Aufgaben. In der digitalisierten Produktion erfordert dies neue Rollen wie Data Scientists und die Automatisierung von Prozessen, um manuelle Schnittstellen zu minimieren und die Effizienz zu steigern. Agilität entsteht durch eine enge Vernetzung von IT und Produktion sowie datenbasierte Entscheidungen mittels Echtzeit-Analysen und KI.

Ein erfolgreiches TOM harmonisiert Menschen, Prozesse, Technologien und bildet so die Grundlage für eine zukunftsfähige Produktion.

7. Datengetriebenes Performance Management zur Steuerung der Produktion:

Die erfolgreiche Einführung digitaler Lösungen in der Produktion erfordert ein iteratives, nutzerzentriertes Vorgehen, das technologische und organisatorische Aspekte verknüpft. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Fachabteilungen und IT ist dabei unerlässlich. Der Fokus liegt auf dem konkreten Nutzen für Mitarbeitende und Organisation.

Datenbasiertes Performance Manage­ment ermöglicht die Bewertung des Erfolgs digitaler Initiativen und fördert kontinuierliche
Verbesserungen.

Durch intelligente Nutzung von Produk­tionsdaten können Kennzahlen wie Anlagenverfügbarkeit, Ausschussrate und Energieeffizienz optimiert werden. Echtzeit-Datenanalysen und KI-gestützte Prognosen helfen, Engpässe frühzeitig zu erkennen und die Fertigung proaktiv zu steuern.

Fazit: Jetzt die Weichen stellen – für eine zukunftsfähige Produktion

Die Produktion von morgen braucht mehr als nur neue Technologien – sie verlangt integrierte Plattformlösungen, klare wirtschaftliche Mehrwerte und eine Organisation, die Wandel aktiv gestaltet. Wer Digitalisierung nur punktuell angeht, bleibt hinter den Potenzialen zurück.
Jetzt ist der Moment, um ganzheitlich zu denken, benötigte Ressourcen bereitzustellen und die digitale Transformation strategisch voranzutreiben. Nur so gelingt der Wandel vom „Analog Player“ zum „Digital Champion“ – mit nachhaltigem Impact auf Effizienz, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.

Quellenangaben:

1)Vgl. Digital Factory Transformation Survey (PwC, 2022)

2)Vgl. AI in Operations Survey (PwC, 2025)

3)Vgl. 28. Annual Global CEO Survey (PwC, 2025)

Dieser Artikel wurde aufgrund der End2End-Betrachtung gemeinsam mit Paul-Hermann Korte, Daban Ahmad und Skander Schlömann (alle PwC Deutschland) verfasst.