Die digitale Welt hat sich in den letzten 15 Jahren rasant weiterentwickelt. Auch wer kein „Digital Native“ ist, nutzt heutzutage ganz selbstverständlich Smartphone und Tablet. Darauf haben viele Akteure im Gesundheitswesen inzwischen reagiert – auch die AOK. Mit dem Aufbau eines Digitalen Gesundheitsnetzwerkes bringt die Gesundheitskasse Bewegung in das Thema „Vernetzung im Gesundheitswesen“.
Die Digitalisierung der Interaktion mit den Kunden ist auch für die Krankenkassen das wichtigste Zukunftsthema. Allerdings sind die Rahmenbedingungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung sehr speziell: Die Kassen müssen verantwortungsvoll mit den sensiblen Gesundheitsdaten ihrer Versicherten umgehen. Der Gesetzgeber macht hier zu Recht strenge Vorgaben. Echter Nutzen entsteht zudem nicht allein aus der Interaktion zwischen dem Versicherten und seiner Krankenkasse, sondern erst durch die Vernetzung der verschiedenen Akteure im Gesundheitswesen – von den Versicherten über niedergelassene Ärzte und Kliniken bis hin zu Apothekern, weiteren Heilberufen oder Hilfsmittel-Anbietern.
Vor diesen Herausforderungen stehen die Krankenkassen, die sinnvolle digitale Lösungen mit Mehrwert für ihre Versicherten entwickeln wollen. Die elf AOKs stellen sich diesem Thema gemeinsam. Sie haben auf Bundesebene verschiedene Projekte und Aktivitäten zur digitalen Transformation angeschoben. Je nach den speziellen Gegebenheiten in den verschiedenen AOK-Regionen können sie vor Ort mit unterschiedlichen Partnern umgesetzt werden.
Das zentrale Projekt der AOK-Gemeinschaft ist der Aufbau eines Digitalen Gesundheitsnetzwerkes. Dies ist einerseits eine Plattform zum Austausch von Gesundheitsdaten und Dokumenten zwischen Patienten, niedergelassenen Ärzten, Kliniken und weiteren Akteuren. Anderseits ermöglicht das Netzwerk der AOK völlig neue, individuell auf den Kunden zugeschnittene Informationsangebote und Services. So entsteht eine neuartige digitale Anlaufstelle für die Versicherten zu allen Themen und Anliegen rund um ihre Gesundheit – sicher und einfach zu nutzen.
Zwei regionale Pilotprojekte
Mit zwei regionalen Piloten in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern ist das Gesundheitsnetzwerk bereits gestartet. Die ersten AOK-Versicherten profitieren schon ganz konkret von der neuen Vernetzung: Sie können ihre vom behandelnden Arzt bereitgestellten Gesundheitsdaten über ein Portal jederzeit einsehen und anderen Ärzten zur Verfügung stellen. Über das Gesundheitsnetzwerk werden zum Beispiel Entlassbriefe von Kliniken digital an den Hausarzt übermittelt. Die Versicherten haben dabei die Datenhoheit und entscheiden selbst, welcher Arzt welche Informationen einsehen kann. Die Sicherheit der sensiblen Patientendaten ist eine der wichtigsten Prämissen im Digitalen Gesundheitsnetzwerk. Sie wird durch eine vorwiegend dezentrale Speicherung der medizinischen Daten gewährleistet: Diese Daten bleiben beim jeweiligen Erfasser – also im Rechenzentrum des Krankenhauses oder auf dem Server des jeweiligen niedergelassenen Arztes, der an dem Projekt teilnimmt. Im Gesundheitsnetzwerk wird nur ein Link gesetzt, über den andere Ärzte auf die Befunde und Dokumente wie Röntgenbilder oder Entlassbriefe zugreifen können – vorausgesetzt, der Patient gibt sein Einverständnis für den Datenaustausch. Die beteiligten niedergelassenen Ärzte und Krankenhäuser sind über Schnittstellen direkt an das Netzwerk angebunden, um zusätzlichen Aufwand wie die Doppelerfassung und den händischen Versand von Daten zu vermeiden.
Persönliche „User Journey“ für Versicherte
Ab 2020 wird die neue Plattform allen AOK-Versicherten bundesweit zur Verfügung stehen. Der Zugang zum Digitalen Gesundheitsnetzwerk erfolgt dann über eine App oder ein mobilfähiges Portal. Über eine Zwei-Faktor-Authentifizierung wird er besonders gesichert sein. Nach dem Login haben die Versicherten dann einerseits Zugriff auf ihre „offizielle“ elektronische Patientenakte nach den Vorgaben des Sozialgesetzbuches. Vor allem aber können sie gleichzeitig eine AOK-spezifische Akte nutzen, die genau auf ihre Bedürfnisse und Interessen zugeschnitten ist. Hier bietet die AOK ihren Versicherten – mit ihrem Einverständnis – auf Basis ihres Nutzerverhaltens und ihrer bei der Kasse vorliegenden Abrechnungsdaten individuelle und personalisierte Informationen an.
Auf seiner persönliche „User Journey“ erhält beispielsweise ein Diabetiker kurz nach der Diagnose gezielte Hinweise auf besondere Versorgungsangebote der AOK zur Behandlung und Betreuung von Diabetikern. Im weiteren Verlauf der Erkrankung folgt dann die Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags mit der Erkrankung durch passgenaue Angebote zur Förderung eines gesunden Lebensstils. So können zum Beispiel AOK-Kurse zu den Themen Ernährung, Bewegung oder Rauchverzicht direkt über das Portal angeboten und gebucht werden. Wenn der Versicherte an einem Disease-Management-Programm der AOK teilnimmt, wird er an die regelmäßig anstehenden Untersuchungstermine beim Arzt erinnert.
Sicherer Austausch der Patientendaten
Das Digitale Gesundheitsnetzwerk ermöglicht mit der persönlichen „User Journey“ eine ganz neue Qualität der digitalen Interaktion zwischen dem Versicherten und seiner Krankenkasse. Mindestens ebenso wertvoll ist jedoch die neue Möglichkeit des sicheren Austausches der Patientendaten zwischen den behandelnden Ärzten und weiteren Akteuren, die der Versicherte über das Berechtigungsmanagement in seiner AOK-spezifischen Akte selbst steuern kann.
Nicht nur die Patienten, sondern auch ihre behandelnden Ärzte werden von der besseren Verfügbarkeit medizinischer Informationen profitieren – über Sektorengrenzen und medizinische Disziplinen hinweg. Doppeluntersuchungen und Schnittstellenprobleme bei der Krankenhausentlassung werden vermieden. Durch einen digitalen Medikationsplan verbessert sich die Arzneimitteltherapiesicherheit. Und im Notfall können die Patienten auf Basis der gespeicherten Informationen schneller und gezielter behandelt werden.
Wenn wir das Thema „Vernetzung von Gesundheitsdaten“ nicht Konzernen wie Google oder Amazon überlassen wollen, brauchen wir sichere und zeitgemäße Lösungen zur Vernetzung von Patienten, Ärzten, Kliniken und weiteren Leistungsanbietern. Die AOK hat mit ihrem Digitalen Gesundheitsnetzwerk eine Antwort auf die anstehenden Herausforderungen gegeben.
Die Autorin: Heike Nowotnik ist seit 2016 Geschäftsführerin der IT-Steuerung im AOK-Bundesverband. Nach der Ausbildung zur AOK-Krankenkassenfachwirtin war sie fast 37 Jahre bei der AOK Bremen/ Bremerhaven tätig, zuletzt als Direktorin Personal, Organisation und IT. Ihr Aufgabengebiet im AOK-Bundesverband ist die strategische Ausrichtung der AOK-Gemeinschaft im IT-Bereich.