Die Kreislaufwirtschaft ist der entscheidende Faktor für die Dekarbonisierung

Um die Kreislaufwirtschaft effektiv umzusetzen, ist ein Umdenken auf zwei Ebenen notwendig. Sowohl die Materialebene als auch Maschinen und Anlagen benötigen zirkuläre Prozesse, um die CO2-Emissionen über alle Lebenszyklen spürbar und nachhaltig zu senken.

Die Kreislaufwirtschaft ist der entscheidende Faktor für die Dekarbonisierung

GEA ist weltweit einer der größten Systemanbieter für Nahrungsmittel und die Pharmaindustrie.  Zum Portfolio gehören Maschinen und Anlagen sowie Prozesstechnik, Komponenten und umfassende Servicedienstleistungen. 2022 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 5,1 Milliarden Euro und beschäftigte 18.236 Mitarbeiter.
2021 entwickelte GEA die Unternehmensstrategie Mission 26. Dabei wurde Nachhaltigkeit als wesentlicher Wachstumshebel integriert und durch das Dekarbonisierungsziel „Net Zero 2040“ definiert.
GEA ist ein typischer Maschinen- und Anlagenbauer, dessen indirekte Emissionen des Scope 3 mit mehr als 90 Prozent zu den Gesamtemissionen des Unternehmens beitragen. Dies zeigt, dass diese Emissionen aus der Nutzungsphase beim Kunden spürbar reduziert werden müssen. Die Herausforderung liegt somit in der Entwicklung immer ressourcenschonenderer und energieeffizienterer Produkte und Prozesse, die die eigene Nachhaltigkeitsleistung verbessern und zudem die Nachhaltigkeitsziele der Kunden unterstützen. GEA setzt dabei auf eine Kreislaufwirtschaft, die sowohl auf den Materialeinsatz als auch auf den Anlagenbetrieb beim Kunden abzielt.

Die Kreislaufwirtschaft muss auf zwei Ebenen gedacht werden

Um die Kreislaufwirtschaft effektiv umzusetzen, ist ein Umdenken auf zwei Ebenen notwendig. Deshalb stellt GEA sowohl die Prozesse auf der Materialebene des Portfolios um – und verfolgt zugleich einen Ansatz, seinen Kunden zu jeder Zeit die nachhaltigste Produktion durch die gelieferten Maschinen und Anlagen zu bieten.

Ebene 1: Die Kreislaufwirtschaft für die Materialebene

GEAs Lösungsansatz für die Materialebene basiert auf der Einführung des Prozesses „Circular Economy“. Der Prozess „Circular Economy“ unterstützt die strategische Zielsetzung, alle Serviceteile und Verpackungsmaterialien von Maschinen bis 2026 in die Kreislaufwirtschaft zu überführen. Damit nimmt GEA eine Führungsrolle im Maschinen- und Anlagenbau ein. Kernstück des Prozesses ist dabei die Anwendung einer R-Strategie, die die fünf „R“ Reduce, Reuse, Repair, Remanufacture und Recycle operationalisiert. Dabei wurde ein definitorischer Rahmen für die anzuwenden fünf R entwickelt, der sowohl bei der Transformation der bestehenden Serviceteile als auch bei der Konstruktion von Neuteilen zur Anwendung kommt, da bereits in der Entwicklungsphase die Grundlagen der Zirkularität gelegt werden müssen.
Der Transformationsprozess wird zudem durch ein Kennzahlensystem gestützt, das für die jeweils gewählte R-Strategie eines Materials mindestens drei ökologische und eine ökonomische Kennzahl einfordert. Ökologische Kriterien werden dabei durch Kennzahlen wie zum Beispiel Energie-, Wasser- und Materialverbrauch und Treibhausgasemission berücksichtigt. Auf der ökonomischen Seite sind typische Finanzkennzahlen wie Umsatz, Marge oder Kosten in der Anwendung. Somit können die ökologische und die ökonomische Wirkung und damit der Erfolg einer gewählten R-Strategie direkt gemessen werden. Die Erfahrung zeigt, dass insbesondere die R-Strategie Reduce, die auf die Einsparung nicht erneuerbarer Materialien in Herstellung und Verpackung abzielt, den höchsten Nachhaltigkeitseffekt erzielt und nahezu immer mit einer Kosteneinsparung einhergeht.
Für die R-Strategie Repair wendet GEA ein Zielbild an, das auf die Maximierung von Standzeiten für Teile oder Komponenten abzielt, die den höchsten funktionalen Beitrag in der Wertschöpfung leisten. So kann z.B. die Trommel eines GEA Separators eine theoretisch unendlich lange Lebensdauer erzielen, wenn die Reparatur unter Einhaltung einer festgelegten Materialuntergrenze erfolgt.

Die 5R-Strategie: Kreislaufwirtschaft für die Materialebene (Quelle: GEA, Nachhaltigkeitsbericht 2022)

Ebene 2: Die Kreislaufwirtschaft für Maschinen und Anlagen

Neben der Anwendung einer Kreislaufstrategie der fünf R auf Ersatzteile und Verpackungsmaterialien setzt GEA auf die Kreislaufwirtschaft als ein zukünftiges Modell, um Maschinen und Anlagen zu jeder Lebenszyklusphase zirkulär und damit nachhaltiger betreiben zu können. Dieses Model setzt auf die Maximierung des Lebenszyklus und die nachhaltige Optimierung der Produktivität unter besonderer Berücksichtigung eines „Design to Sustainability“ (D2S).
D2S bedeutet für die Entwicklungsabteilungen, die Maschinen und Anlagen so zu gestalten, dass Umrüstungen und Instandsetzung bei einer maximalen Nutzungsphase und einem minimierten Ressourcenverbrauch möglich werden. Dieses Designprinzip stellt zudem sicher, dass Innovation und der damit verbundene technologische Fortschritt auch für bestehende Produkte ermöglicht wird. Dem folgend müssen heutige Modularisierungsansätze konsequent auf Zirkularität umgestellt werden und zudem eine kapitalschonende Erneuerung von Maschinen ermöglichen.
Die verlängerten Lebenszyklen bedeuten dann aber auch einen grundsätzlichen Wandel für die bestehenden Geschäftsmodelle und deren Ertragsmechanik, da die Umsatzerlöse im althergebrachten linearen Modell mit seinen kurzlebigeren und ressourcenverbrauchenden Produkten zukünftig zurückgehen werden. Vielmehr verschiebt sich die Wertschöpfung des Maschinen- und Anlagenbauers immer mehr in den gesamten Lebenszyklus der Maschine.
Somit können Services, die in den unterschiedlichen Lebenszyklen einer Maschine verbesserte Nachhaltigkeitsleistungen anbieten, zu neuen Erlösmodellen einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft werden. Der Wandel wird sich auch dadurch zeigen, dass man zukünftig neben einem Business Case auch einen Impact Case der ökologischen Kriterien für Maschinen diskutieren wird.

Illustrative Darstellung der Kreislaufwirtschaft für den Betrieb von Maschinen und Anlagen (Quelle: GEA)

Die Digitalisierung als Wegbereiter für die Kreislaufwirtschaft

Die Digitalisierung wird der Wegbereiter für die neuen, d.h. zirkulären Geschäftsmodelle sein.  Die zukünftigen Erlösmodelle mit den dazu notwendigen Prozessen, Methoden und Werkzeugen  für Zirkularität können mit digitalen Geschäftsmodellen umgesetzt werden.
Die in digitalisierter Form angebotenen Produkte und Services – wie zum Beispiel ein digitaler Zwilling oder die Anwendung eines Product-Life-Cycle-Managements (PLM) – ermöglichen in allen Lebenszyklusphasen, eine reale Maschine hinsichtlich Datenbereitstellung, Simulation, Echtzeitanalyse, Optimierung und operativer Steuerung zu begleiten. Hier zeigt sich das Potential neuer kundenorientierter Services, die zudem auf einen optimierten Anlagenbetrieb hinsichtlich Ökologie und Ökonomie ausgerichtet werden können.
Das PLM-System übernimmt dabei die Integrationsrolle für alle Daten oder Informationen, die über die Lebenszyklusphasen des Produktes anfallen. Dementsprechend wird das Datenmodel eines PLM-Systems durch die einzelnen Lebenszyklusphasen „Planung – Entwicklung – Beschaffung – Produktion – Distribution – Nutzung – Service – Demontage“ bestimmt. Hierbei kann der digitale Zwilling alle relevanten Prozesse digitalisieren und zukünftig selbstständig ablaufen lassen.
Somit ergänzen sich diese beiden digitalen Instanzen und können zukünftige zirkuläre Geschäftsmodelle abbilden, wie die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks, die Maximierung der Nutzungsphase von Maschinen und Anlagen, eine nachhaltige Optimierung der Produktivität oder modulare Retrofits, um den Stand der Technik kontinuierlich integrieren zu können.
Aktuell rollt GEA die Kreislaufwirtschaft mit den fünf R für die Materialebene über alle Geschäftseinheiten aus und wird diesen Prozess 2025 abgeschlossen haben. GEA wird konsequent den nächsten Schritt gehen und die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft für Maschinen und Anlagen umsetzen, um die indirekten Emissionen des Scope 3 substanziell und
nachhaltig zu reduzieren.

Die Autoren:
Manfred Weidlich ist Senior Project Manager Sustainability und seit 2008 bei der GEA Group. Er hat Maschinenbau und Industriemarketing studiert und besitzt Abschlüsse als Diplom Ing. (FH) und Master of Business Administration. Seit 2022 entwickelt er die Prozesse der Kreislaufwirtschaft bei der GEA Group.

 

 

 

Dr. Nadine Sterley ist Chief Sustainability Officer der GEA Group. Sie ist Juristin und kam im Jahr 2016 zu GEA. Seit April 2021 leitet sie die zentrale Abteilung Nachhaltigkeit.

 

 

 

 

Tom Oelsner ist Chief Digital Officer der GEA Group. Er hat Informatik studiert und besitzt einen Abschluss als Diplom-Ingenieur. Seit 2021 leitet er GEA Digital, das digitale Entwicklungsnetzwerk der GEA Group.