Die klassischen BI-Technologien sind tot. KI revolutioniert Analytics und überrollt die Praxis – Eine klare Strategie fehlt!
Christoph Landgrebe
Christian Aicher

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Data Analytics und Reporting befinden sich in einem tiefgreifenden Wandel. Neue Technologien und Methoden überrollen geradezu die Unternehmen und bieten Chancen, überall Effizienzpotenziale zu realisieren oder den Absatz zu steigern. Ihr unkontrollierter Einsatz ohne Strategie und Governance birgt aber auch Risiken wie einen unübersichtlichen Tool- und Daten-Dschungel. Regulatorische Anforderungen wie der EU AI Act oder das Nachhaltigkeits-Reporting stetzen Unternehmen auch noch zusätzlich unter Termindruck.

Klassische BI-Ansätze stoßen zunehmend an ihre Grenzen und können mit KI-gestützten Analytics-Anwendungen aus verschiedenen Gründen oft nicht mehr mithalten:

Begrenzte Skalierbarkeit und Flexibilität: Klassische BI-Architekturen sind nicht darauf ausgelegt, die gigantischen Datenmengen zu verarbeiten, die beispielsweise durch das Internet der Dinge (IoT) entstehen. Moderne Unternehmen setzen daher auf Cloud-basierte Data Lakes, um diese Herausforderungen zu bewältigen.
Eingeschränkte Benutzerfreundlichkeit: Während moderne BI-Tools intuitive Benutzeroberflächen und Self-Service-Funktionen bieten, die es auch nicht-technischen Anwendern ermöglichen, Daten zu analysieren, sind klassische BI-Systeme oft komplex und erfordern spezielle Kenntnisse.
Zeitaufwändige Datenintegration und -aufbereitung: Die unkontrollierte Einführung neuer Tools ohne Strategie führt zu einem unübersichtlichen Tool- und Daten-Dschungel. Dies erschwert die Bereitstellung vollständiger und qualitativ hochwertiger Daten für Analysen.
Mangelnde Echtzeitfähigkeit und geringe Anpassungsfähigkeit: Echtzeit-Analysen sind heute eine Selbstverständlichkeit, doch traditionelle BI-Systeme erfordern aufwendige ETL-Prozesse, die keine schnelle und dynamische Datenbereitstellung ermöglichen.
Keine Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen: Moderne BI-Technologien integrieren zunehmend KI und Machine Learning (ML), um tiefere Einblicke und Vorhersagen zu ermöglichen. Klassische BI-Systeme verfügen oft nicht über diese erweiterten
Analysefähigkeiten.

Darüber hinaus sehen sich Unternehmen im Bereich Data Analytics aber auch mit einer Vielzahl von weiteren Hype-Themen konfrontiert. Nicht alle Themen können in angemessener Detailtiefe erläutert werden. Daher werden sie in der folgenden Abbildung kurz reflektiert, um ein Grundverständnis dafür herzustellen.

Überblick über Analytics-Hypethemen, Quelle: BearingPoint

 

Ferner hat in unserer modernen Gesellschaft Künstliche Intelligenz (KI) mit Sprach- oder Gesichtserkennung, autonomem Fahren oder Gebäudesteuerung längst Einzug in den Alltag gefunden. Auch in Unternehmen findet KI immer weitere Verbreitung und wird als Schlüsseltechnologie der Zukunft schlecht hin eingestuft. Generative Artificial Intelligence (GenAI) ermöglicht die Generierung von Inhalten wie Texten, Bildern oder sogar Videos und verleiht dem Einsatz von KI in Unternehmen aktuell einen neuen Schub.

Künstliche Intelligenz und generative AI im Data Analytics Bereich

Durch den Einsatz von KI und GenAI findet im Bereich Data Analytics, Reporting und dem klassischen Business Intelligence ein Wandel statt. Einer demnächst erscheinenden Studie von BearingPoint zu folge, sehen 70 Prozent der Teilnehmenden einen (sehr) starken Einfluss von KI und GenAI für die künftige Entwicklung von Data Analytics. Über 20 Prozent der Unternehmen setzen bereits in verschiedenen Unternehmensfunktionen GenAI-Programme für Analytics ein.

Der Trend geht klar in Richtung AI-gestütztes Cloud-Reporting und interaktive Dashboards inklusive integrierten Forecasting- und Augmented-Analytics-Funktionen. Mit Hilfe von Natural Language Processing (NLP) bzw. Large Language Models (LLMs), die menschliche Sprache verstehen und verarbeiten können, wird die Mensch-Maschine Interaktion deutlich vereinfacht. So können offene Fragen wie „Welchen Umsatz haben wir mit unseren fünf besten Kunden im Jahr 2024 in den USA gemacht?“ als Text oder werden, und die Antwort wird umgehend als Säulendiagramm am Bildschirm angezeigt.

Machine Learning (ML) Algorithmen unterstützen ad hoc bei Prognosefragen wie „Wieviel Umsatz werden wir voraussichtlich im Jahr 2025 mit diesen Kunden erreichen?“ oder zeigen Einflussfaktoren auf: „Was beeinflusst das Umsatzwachstum dieser Kunden am meisten?“. Das Ergebnis wird sofort angezeigt, einschließlich der Stärke des Einflusses. Die Verlässlichkeit der graphischen Antworten hängt von der Datenqualität ab.

Mit Hilfe von GenAI-basierten Tools wie Vizro ist es mittlerweile nicht nur möglich, Unternehmensdaten sprachgesteuert durch Algorithmen zu analysieren und durch entsprechende vom System erzeugte Diagramme zu visualisieren. Laut BearingPoint Studie ist gerade die schnelle Analyse von komplexen Fragestellungen an Daten verschiedenster Unternehmensbereiche ein wichtiger Vorteil. Dabei werden die Vorteile in den Unternehmensbereichen, sei es Produktion & Logistik, Marketing & Vertrieb, Finance & Controlling oder Forschung & Entwicklung, nahezu ähnlich hoch eingeschätzt:

› Kostensenkung und Effizienzsteigerung
› Schnelle Analyse komplexer, datenbasierter Fragestellungen
› Steigerung der Mitarbeiterproduktivität
› Steigerung des Umsatzes
› Verbesserung der Produkteigenschaften und -qualität

Ein weiteres vielversprechendes Anwendungsgebiet von Generative AI (GenAI) ist die Erstellung von SQL-Code zur Auswertung einfacher Datenmodelle. Darüber hinaus kann GenAI auch für das Anpassen (Customizing) von Analytics-Applikationen genutzt werden. Dieses Potenzial ermöglicht es Unternehmen, komplexe Datenanalysen effizienter durchzuführen und maßgeschneiderte Analyselösungen zu entwickeln.

Warum eine solide KI-Strategie unerlässlich ist

KI und GenAI-Tools überrollen gerade sämtliche Unternehmensbereiche, welche nur allzu gerne Ihren Arbeitsalltag damit optimieren möchten. Eine gleichzeitige, völlig unkoordinierte Einführung von unterschiedlichsten KI- und GenAI-Anwendungen kann in kürzester Zeit zu einem anarchistischen Tool-Dschungel im Unternehmen führen.

„Bei unserem Bestreben, generative KI zu testen, fanden wir Expertise bei BearingPoint, dem langjährigen Partner von Plan International Norwegen. Gemeinsam haben wir ein erfolg­reiches MVP geschaffen, das zu Effizienz, neuen Erkenntnissen und neuen Arbeitsweisen für uns bei Plan International Norwegen geführt hat.“
Kari Helene Partapuoli, National Director, Plan International Norway

Dies führt nicht nur zu unnötig hohen Kosten für Lizenzen, Training und Betreuung durch die IT, sondern birgt auch die Gefahr der Missachtung von ethischen Grundsätzen, Datenschutz, Sicherheitsrichtlinien (Cyber-Security) oder regulatorischen Compliance-Vorgaben wie den EU AI Act. Der Missbrauch oder falsche Ergebnisse können aber auch zu Fehlentscheidungen oder gar Image-Schäden führen.

Praxistipps für eine klare KI-Einführungs­strategie:

› Unternehmensweite Ermittlung und Bewertung von KI-Anwendungsfällen unter Berücksichtigung der Anforderungen an KI-Tools und Datenqualität
› Definition der passenden KI-Zielarchitektur mit Einführungs-Roadmap und Investitionsbedarf
› Definition einer unternehmensspezifischen KI-Vision und -Mission unter Beachtung ethischer und regulatorischer Compliance-Richtlinien (EU AI Act)
› Aufbau der fachlichen und technischen KI-Organisation inklusive KI- Governance
› Erstellung eines KI-Trainingskonzeptes für alle Beteiligten
› Etablierung eines Controllings zur nachhaltigen Realisierung der angestrebten Einsparungen bzw. Business Cases
› Etablierung von vertrauensvoller KI, die sich durch Nachvollziehbarkeit, Fairness und Sicherheit auszeichnet

Eine fehlende KI-Strategie erhöht die Risiken: Es wird in die falschen Anwendungsfälle und die falsche IT-Architektur investiert, der organisatorische Rahmen fehlt, Compliance-Richtlinien werden verletzt und letztlich wird das im Unternehmen vorhandene KI-Potenzial nicht ausgeschöpft.

Fazit und Ausblick

Der Wandel von klassischen BI-Systemen hin zu KI-gestützten Analytics-Lösungen ist in vollem Gange. Unternehmen profitieren von effizienteren Prozessen, tieferen Einblicken und besseren Entscheidungsgrundlagen. Gleichzeitig erfordert der Einsatz von KI eine durchdachte Strategie, um interne Standards, Skalierbarkeit, Datenqualität, Compliance und IT-Sicherheit zu gewährleisten. Eine unkontrollierte Einführung verschiedener KI-Tools kann schnell zu Ineffizienzen und erhöhten Risiken führen.

In Zukunft wird die Rolle von vertrauenswürdiger KI weiter an Bedeutung gewinnen. Unternehmen müssen sicherstellen, dass KI-generierte Analysen zuverlässig, nachvollziehbar und ethisch vertretbar sind. Der EU AI Act und andere regulatorische Vorgaben setzen hierfür klare Rahmenbedingungen. Wer frühzeitig in eine ganzheitliche KI-Strategie investiert und die Einführung strukturiert angeht, wird sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil sichern.