Der neue Maßstab für die Agilität und die Nachhaltigkeit von Unternehmensprozessen ist der Kunde. Die IT-Architektur eines Unternehmens sollte darauf ausgerichtet werden – und das resultiert in einer Transformation in Richtung Cloud-Technologie.
Die digitale Transformation – vom Center of Excellence zu durchgängigen Prozessketten
Neue Herausforderungen und neue Technologien erfordern neue Wege, um das Unternehmen fit zu machen – auf ganzheitliche, industriespezifische und nachhaltige Weise. Punktuelle Nachbesserungen werden den heutigen wirtschaftlichen Herausforderungen nicht gerecht. Dabei gehen organisatorische- und IT-Veränderungen Hand in Hand.
Durchgängige Prozessketten, die auf Kunden ausgerichtet sind, lösen die Businessabteilung als Center of Excellence ab. Ein Beispiel dafür: Statt ein Lagersystem isoliert zu betrachten, erwarten Kunden eine Lösung, die eine durchgängige Prozesskette von der kollaborativen Planung mit den Lieferanten über Anlieferung, Intralogistik und Nachverfolgbarkeit im Produktionsprozess bis hin zum Rücklauf nach Maßgaben der Kreislaufwirtschaft abbildet.
Wie aber lässt sich ein Unternehmen neu ausrichten? Die Analyse des Unternehmens anhand von Prozessketten zeigt zunächst die Systembrüche in der Organisation und in der IT auf. Danach helfen abteilungsübergreifende KPIs und Zielvorgaben die Transformation zu steuern. So kann beispielsweise die Zeit von der Entstehung der Produktidee bis zum erfolgreichen Ramp-up in der Produktion zu einem abteilungsübergreifenden Agilitäts-KPI werden.
Die Rolle von Architektur, Plattform und Cloud bei der Enterprise-Transformation
Durchgängige Prozessketten sind hier erst der Anfang, denn das Unternehmen muss auch agil auf Veränderungen von Geschäftsfeldern und -modellen reagieren. Die Schnittmenge dieser Anforderungen an die Agilität bildet das zentrale Enterprise-Datenmodell ab. Das zentrale Enterprise-Datenmodell des Produktes integriert, flexibilisiert und öffnet das Unternehmen, indem der Datenaustausch innerhalb des ERP-Systems und zwischen Applikationen nicht nur vereinfacht, sondern auch automatisiert erfolgt.
Das zentrale Datenmodell versorgt die Engineering-, Vertriebs-, Produktions- und Service-Welt auf Knopfdruck mit den notwendigen Daten „on demand“ und überwindet auch die Grenzen zwischen On-Premise, Cloud und der Welt außerhalb von SAP. Damit steht einer offenen, agilen und skalierbaren Enteerprise-Architektur nichts mehr im Weg.
Wie sieht diese neue Architektur aus? Sie besteht aus einem starken Kern, einer Cloud-Plattform und einem breiten Angebot an Cloud-Applikationen. Der starke Kern, der neben dem zentralen Datenmodell auch alle unternehmenskritischen Supply-Chain-Funktionen enthält, steht On-Premise und in der Cloud zur Verfügung. Auf der Cloud-Plattform können Kunden und Partner eigene Applikationen bauen. Viele der Partner-Cloud-Applikationen sind auch im SAP Store erhältlich und zudem kundenindividuell adaptier- und erweiterbar.
Welche Rolle spielt die Cloud bei der Enterprise-Transformation? Ist sie nur eine effizientere Alternative zum Betrieb von On-Premise-Lösungen und ein Lizenzmodell auf Zeit? Bei weitem nicht: Aus Sicht der Fachabteilung senkt die Cloud nicht nur die Total Cost of Ownership (TCO), sondern erhöht auch die Agilität und Resilienz des Unternehmens. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist CATENA-X, ein kollaboratives, offenes Datenökosystem für die Automobilindustrie, das zusammen mit SAP auf Cloud-Technologie für Business-Netzwerke setzt. Aber warum erobert die Cloud sogar als Manufacturing Execution System (MES) die Unternehmen?
- Die Manufacturing Cloud kann über Werke und Abteilungen beliebig verteilt werden, da die Investition vom einzelnen Werk entkoppelt ist.
- Mit Low-Code-/No-Code kann ein geschulter User aus der Fabrik kurzfristige Anpassungen im Tagesgeschäft in kürzester Zeit selbst vornehmen.
- Die Modellierung von Prozessen in der Manufacturing Cloud lässt sich über Parameter steuern. Anpassungen an neue Produkt- oder Produktionsvarianten erfolgen auf Knopfdruck mit Hilfe des zentralen Datenmodells des Produkts.
- Die Performance der Produktionsprozesse kann bereits in der Customizing-Phase simuliert werden.
- Über eine wachsende Zahl von APIs lässt sich die Standard-Funktionalität erweitern bzw. lassen sich weitere Lösungen flexibel integrieren.
Cloud-Sicherheit hat bei SAP höchste Priorität. Die SAP-Rechenzentren sind physisch streng gesichert und abgeschirmt. Effiziente Back-up- und Recovery-Prozesse führen regelmäßige Datensicherungen durch. Im Bereich der externen Prüfung und Zertifizierung erfüllt SAP heute verschiedenste Branchenstandards und Compliance-Anforderungen. Somit ist die SAP-Cloud vor Datendiebstahl, Manipulation und Ausfällen geschützt.
Industriespezifische Herausforderungen und Mehrwerte
Nach der technologischen Mehrwert-Betrachtung kommen wir nun zu den Mehrwerten aus Sicht der Industrie.
Die Automobilindustrie reagiert auf die neuen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit der Diversifizierung ihres Angebots und damit der Zielmärkte, wodurch mit einer höheren Absatzunsicherheit umgegangen werden muss.
Die Diversifizierung des Angebots führt zu einer Auffächerung des Produktportfolios und der Geschäftsmodelle. Dies erhöht den Abstimmungsaufwand zwischen Vertrieb, Entwicklung, Engineering, Supply Chain und Produktion, der wiederum einen hohen IT-Aufwand nach sich zieht. Fachbereich und IT diskutieren dann, wohin die Komplexität verlagert werden soll: in das PLM-System, ins MES, in das Sales-Tool oder andere Bereiche. Mit einem zentralen Enterprise-Datenmodell entsteht diese Komplexität erst gar nicht.
Diversifizierung, Absatzunsicherheit, Nachhaltigkeitsanforderungen und globale Krisen führen zu einer Planungsunsicherheit. Nur eine enge Zusammenarbeit der gesamten Lieferkette und die Steigerung der Flexibilität führen hier zum Erfolg. Im Extremfall muss flexible Langfristplanung Hand in Hand mit Design-Änderungen gehen. Diese Design-Änderungen setzen in der SAP-Cloud Entwicklung, Einkauf, Planung und Produktion kollaborativ um.
Im Kurzfristhorizont können Unternehmen der Automobilindustrie mit einer finiten Feinplanung und einer smarten Integration von Lager- und Produktionsprozessen die Kosten reduzieren und ihre Agilität und Nachhaltigkeit verbessern.
Der Maschinen- und Anlagenbau geht durch eine große Transformation mit dem Ziel, sein Angebot stärker zu modularisieren, um effizienter zu werden. Engineer-to-Order-Prozesse werden granularer überwacht, stärker systematisiert und der Übergang von Engineer-to-Order zu Configure-to-Order wird immer fließender. Gleichzeitig werden in Vertrieb, Service und Produktion Kosten gesenkt. Der Service-Vertrieb soll weiter wachsen, nachhaltiger und effizienter werden.
Aber die Komplexität der Produkte im Maschinenbau hat oft zu einer Entkopplung der Unternehmensprozesse geführt – zum Nachteil des Kunden und der Profitabilität. Denn im Maschinenbau existiert das Produkt auf unterschiedlichen Detaillierungsgraden in PLM, Sales, Supply Chain, MES und Service. In der Folge entstehen manuelle Punkt-zu-Punkt-Verbindungen im Unternehmen, nicht aber durchgängige Prozesse. Mit dem zentralen Enterprise-Datenmodell lässt sich der gordische Knoten aus Punkt-zu-Punkt-Verbindungen lösen.
Die Transformation der internen Prozessabläufe wird auch durch das Kundenverhalten beeinflusst. Im Handel treibt die aktuell hohe Inflation Kunden beispielsweise von den klassischen Brands zu den Eigenmarken der großen Retail-Anbieter. Aber auch das wachsende ökologische Bewusstsein verändert das Konsumverhalten. Der Retail-Bereich muss daher in der Lage sein, Trends rasch aufzugreifen und ohne Fehlertoleranz hocheffizient zu skalieren. Leistungsfähige, in das SAP-ERP-Kernsystem eingebettete Supply-Chain-Funktionen in Kombination mit agilen SAP-Cloud-Applikationen schaffen die optimale Ausgangslage für ein rasches und kosteneffizientes Wachstum.
Die Rückverfolgung von bean-to-bar, die Verarbeitung von Massendaten aus Maschinen und IoT-Sensoren, nachhaltiges Verpackungsmanagement und Recycling werden ebenfalls durch ein durchgängiges Enterprise-Datenmodell ermöglicht. So können die großen Datenmengen nicht nur auf Dashboards illustriert, sondern sofort in nachhaltige Maßnahmen umgesetzt werden.
Die Prozess- und Mill-Industrie hängt stark vom Energie- und Rohstoffmarkt ab und steht unter einem stetig wachsenden regulatorischen Druck in Richtung Nachhaltigkeit. Die nachhaltigen Quellen von Energie- und Rohstoffen sind knapp und hart umkämpft. Im SAP-System sind Einkauf, strategische Planung, Rezeptentwicklung, Verpackung und Transport Teil einer durchgängigen Prozesskette, die täglich neue Varianten simulieren kann, um das Unternehmen effizient zu steuern. Der Ist-Zustand des Energie- und Rohstoffverbrauchs wird in Echtzeit mit den Sollwerten verglichen und bei Überschreitungen werden gleich entsprechende Maßnahmen eingeleitet.
Agil, nachhaltig und resilient mit SAP in die Zukunft
Die SAP sieht sich mit ihrem Technologieangebot zur Unternehmenstransformation durch die neuen Herausforderungen und Entwicklungen am Markt bestätigt.
SAP-Kunden können widerstandsfähigere Lieferketten aufbauen und ihre Supply Chain diversifizieren, denn das SAP Business Network verbindet Lieferanten und Anbieter – vom Rohstoffanbieter bis zum Hersteller. Allein im letzten Quartal von 2022 verarbeitete das Geschäftsnetzwerk der SAP weltweit mehr als 4,9 Billionen US-Dollar und B2B-Transaktionen in Höhe von 730 Millionen Euro.
SAP plant außerdem, den „green ledger“ für jede Branche und jeden Kunden zu liefern, um die ESG-Anforderungen (Environment, Social, Governance) als integrativen Bestandteil des Unternehmensreportings zu integrieren. Ziel ist ein vollständig auditierbares Nachhaltigkeitsmanagement, das auch die branchen- und länderspezifischen Standards einschließt. Nachhaltigkeit ist jetzt in jedem Geschäftsprozess integriert und in jeder Unternehmensentscheidung eingebettet. Bei allen Prozessschritten stehen dem Unternehmen die relevanten Informationen zu Verfügung, um entscheiden zu können, ob der jeweilige Schritt nachhaltig ist, welche Alternativen sich bieten und wie sie sich auf die Kosten auswirken.
Auf diese Weise können Unternehmen eine Führungsrolle bei der Schaffung einer nachhaltigen Zukunft übernehmen, ohne dabei auf wirtschaftliche Erfolge verzichten zu müssen. Das Ziel besteht darin, Profitabilität nachhaltig und Nachhaltigkeit profitabel zu gestalten – für eine bessere und innovativere Zukunft.
Der Autor:
Andreas J. Wagner ist Senior Vice President von SAP Digital Supply Chain für die Region Mittel- und Osteuropa. Er leitet ein Team aus Vertriebs-, technischen Pre-Sales- und Business-Development-Spezialisten. Digital Supply Chain umfasst die gesamte End-to-End-Lieferkette von der Entwicklung bis zum Betrieb, einschließlich aller SAP-Lösungen rund um Design, Planung, Fertigung, Logistik, Wartung, Service und Nachhaltigkeit.