Die Antwort auf komplexe regulatorische Anforderungen: Wie PLM und PCMS Unternehmen transformieren und Innovation vorantreiben

Immer strengere regulatorische Anforderungen, steigende Ansprüche an die Produktkonformität und Nachhaltigkeitsvorgaben setzen Unternehmen zunehmend unter Druck. Wie können Entwicklung, Produktion und Vertrieb den steigenden Erwartungen gerecht werden? Product Lifecycle Management (PLM) und Product Compliance Management Systeme (PCMS) bieten zukunftsweisende Lösungen zur Beherrschung dieser Komplexität. Durch die Kombination von PLM und PCMS werden Informationssilos aufgebrochen und eine enge Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg ermöglicht. Das Ergebnis: mehr Innovation, Effizienz und Sicherheit.

Die EU-Staaten machen Ernst mit ihrem Bekenntnis zu mehr Verbraucherschutz und Nachhaltigkeit und nehmen dabei die Unternehmen in die Pflicht. So hat sich die EU unter anderem auf die Einführung eines digitalen Produktpasses geeinigt, der strenge Standards für Produktqualität, Sicherheit und Umwelt vorsieht. Damit wird den Unternehmen ein Rahmen für die Anforderungen an den Umwelt- und Ressourcenschutz vorgegeben. Die Informationspflichten umfassen Angaben zu Langlebigkeit, Austauschbarkeit von Bauteilen, Reparierbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Ressourceneffizienz sowie zum CO2-Fußabdruck. Diese Transparenzoffensive wird schrittweise eingeführt, erste Vorgaben sollen bereits 2027 für Branchen wie Textilien, Elektronik, Kunststoffe sowie den Bausektor gelten. Bei Nichteinhaltung  drohen hohe Strafen. Unternehmen sind daher gefordert, sich frühzeitig darauf einzustellen, um Wettbewerbsvorteile zu sichern und ihre Markenreputation zu schützen.

Das Product Lifecycle Management (PLM) stellt für Unternehmen das wichtigste Instrument zur Planung, Steuerung und Abbildung des gesamten Lebenszyklus eines Produktes dar. Die zentrale Abruf- und Verwaltungsmöglichkeit aller Produktinformationen ermöglicht eine frühzeitige Einbindung in den Entwicklungsprozess, wodurch Optimierungen schneller und kostengünstiger umgesetzt werden können. In Verbindung mit einem Product Compliance Management System (PCMS) sind zudem Konformitätsprüfungen in Echtzeit möglich. Die Einhaltung regulatorischer Vorgaben kann somit bereits frühzeitig im Produktlebenszyklus sichergestellt werden, auch während der Entwicklungs-, Beschaffungs-, Produktions- oder Vertriebsphase.

Da die Einhaltung regulatorischer Anforderungen ein entscheidender Faktor für den Markterfolg ist, ist es für Unternehmen daher entscheidend, die Komplexität zu beherrschen und datenbasierte Entscheidungen zu treffen. Durch die umfassende Integration von PLM- und PCMS-Lösungen ist es möglich, die regulatorische Flut effizient zu bewältigen und die Produkt Compliance aufrechtzuerhalten.

Der Artikel gibt Empfehlungen für eine investitionssichere Einführung und Optimierung entsprechender Systeme. Er zeigt anhand erfolgreicher Fallbeispiele die greifbaren Vorteile einer frühzeitigen Implementierung auf und beschreibt, wie Unternehmen langfristig einen signifikanten ROI erzielen können.

Dieser Artikel behandelt unter anderem:

  • Die Einhaltung regulatorischer Anforderungen mit Hilfe eines PCMS:
    Das systematische Management von produktbezogenen regulatorischen Anforderungen durch ein dediziertes PCMS ermöglicht es Unternehmen, die immer komplexeren gesetzlichen Vorgaben adäquat zu identifizieren und umzusetzen. Die kürzeren und sichereren Entwicklungszyklen verschaffen Ihnen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern.
  • Das transformative Potenzial von PLM:
    Eine verbesserte Datentransparenz ermöglicht eine reibungslose Zusammenarbeit und erleichtert funktionsübergreifenden Teams den Zugriff auf wichtige Compliance-Informationen. Dies fördert zudem auch eine Kultur der Verantwortlichkeit und der informierten Entscheidungsfindung.
  • Die Vorteile der Integration von KI und ML in PLM:
    Die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) oder maschinellem Lernen (ML) bietet Unternehmen die Möglichkeit, regulatorische Änderungen und ihre potenziellen Auswirkungen auf die Produkt-Compliance im Voraus zu analysieren. Dieser proaktive Ansatz ermöglicht es, Herausforderungen zu antizipieren, Compliance-Lücken zu identifizieren und rechtzeitig wirksame Abhilfemaßnahmen zu ergreifen.
  • Der Digital Thread zur Unterstützung von Nachhaltigkeitszielen:
    Unternehmen erhalten eine dynamisch anpassbare Sicht auf die Daten eines Produkts im PLM-System. Der produktbezogene Informationsfluss wird kontinuierlich mit allen relevanten Daten gefüttert, um  eine durchgängige Rückverfolgbarkeit und Kontrolle zu gewährleisten. Dadurch wird eine Verknüpfung der digitalen mit der physischen Welt erreicht.
  • Praxisbeispiel: Einführung eines Technical Compliance Management Systems – ein Zusammenspiel von Compliance, R&D und Qualität:
    Ein technisches Compliance Management System soll dazu beitragen, Risiken aus produktbezogenen bindenden Verpflichtungen zu reduzieren. Bei der Einführung eines solchen Systems sind verschiedene Erfolgsfaktoren zu beachten. Dazu gehören u.a. ein klares Verständnis der Schnittstellen zu Compliance, Legal, Qualität und Research & Development (R&D) sowie der risikobasierte Ansatz zur Festlegung der Schwerpunkte des tCMS. Im Praxisbeitrag gehen Dr. Christian Gabriel und Dr. Jörg Metzger näher auf diese beiden Punkte ein und zeigen auf, wie Unternehmen von einem gut implementierten tCMS profitieren können.

Product Compliance: Aktuelle regulatorische Herausforderungen souverän bewältigen

Die Einhaltung regulatorischer Anforderungen stellt für Top-Manager eine der größten Herausforderungen dar. Die Anforderungen haben sich in den vergangenen Jahren aufgrund der zunehmenden Komplexität der Vorschriften und der Dynamik der Entwicklungen noch verschärft. Dies spiegelt sich in Umfragen wie dem PwC Global CEO Survey und dem PwC Global Risk Survey wider. Darüber hinaus unterliegt das regulatorische Umfeld einer laufenden Anpassung, wodurch Unternehmen vor die Aufgabe gestellt werden, Instrumente zur Risikominimierung und Haftungsvermeidung zu etablieren, wie beispielsweise Product Compliance Management Systeme.

Compliance Management Systeme haben sich in der Vergangenheit bewährt, um Rechtskonformität sicherzustellen und Regelverstöße zu vermeiden. Sie helfen Unternehmen dabei, ihrer Sorgfaltspflicht nachzukommen und sich rechtlich abzusichern. Ein zentraler Aspekt ist dabei das bekannte Motto „Follow the Money“. Das bedeutet: Zahlungsströme werden verfolgt, um Korruption oder Preisabsprachen aufzudecken, oder die Herkunft von Geldern wird ermittelt, um Geldwäsche oder Sanktionsverstöße aufzuspüren. Neue regulatorische Anforderungen und die zunehmende Zahl hoher Strafzahlungen aufgrund fehlerhafter Produkte haben jedoch zu einer Neuausrichtung im Compliance Management geführt. In den vergangenen Jahren lässt sich eine deutliche Verschiebung hin zu einer stärkeren Überwachung und Absicherung des Produktbereichs beobachten. Unternehmen sind heute viel stärker darauf bedacht, Compliance-Strukturen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu implementieren, um das Risiko von Produktfehlern und damit verbundenen Compliance-Verstößen zu minimieren.

Diese Entwicklung markiert einen Paradigmenwechsel. Die Unternehmen erkennen, dass eine umfassende und präventive Compliance-Strategie weit über die Integrität finanznaher Prozesse hinausgeht und auch das Produkt selbst betrifft. Compliance muss als integraler Bestandteil des Produktlebenszyklus verstanden werden, um nicht nur die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, sondern auch das Vertrauen der Verbraucher zu erhalten und den langfristigen Unternehmenserfolg zu sichern. In dieser Ära des Wandels ist eine agile und zukunftsorientierte Compliance-Strategie unerlässlich, um den stetig wachsenden Anforderungen gerecht zu werden und Wettbewerbsvorteile zu sichern.

Begriffsdefinition und Abgrenzung zum Qualitätsmanagement

Der Fachbegriff Product Compliance hat derzeit noch keine einheitliche juristische Definition oder allgemeingültige Festlegung. Unternehmen, Branchenverbände und Beratungsunternehmen haben den Begriff in ähnlicher Weise definiert oder erläutert, wenngleich es gewisse branchenspezifische Nuancen gibt. Erst seit 2016 lässt sich eine vermehrte Verwendung des Begriffs in der deutschsprachigen Fachliteratur beobachten. Aus verschiedenen veröffentlichten Definitionen lässt sich Product Compliance wie folgt beschreiben: Es handelt sich um die Einhaltung der für ein Unternehmen verbindlichen produktbezogenen Vorschriften über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts hinweg. Im deutschen Sprachraum wird zudem der Begriff „technische Compliance“ synonym verwendet.

Productlife Cycle Management ist eine ganzheitliche, domainübergreifende Strategie. Quelle: PwC

Historisch betrachtet lag der Schwerpunkt der Produktkonformität jahrzehntelang auf der Einhaltung von Sicherheitsvorschriften. Dieser Fokus hatte den entscheidenden Vorteil, dass Kundenanforderungen und regulatorische Vorgaben in der Regel deckungsgleich waren. Dadurch konnte sich das Qualitätsmanagement stark auf die Erfüllung der Kundenanforderungen konzentrieren. Mittlerweile gibt es jedoch eine Vielzahl produktbezogener gesetzlicher Anforderungen, die beispielsweise Umwelt- und Gesundheitsaspekte betreffen. Diese neuen Anforderungen können schnell zu Zielkonflikten führen, nicht nur zwischen Zeit, Kosten und Compliance, sondern auch zwischen zentralen Qualitätskriterien wie der Haltbarkeit des Produktes oder der Erfüllung der Anforderungen aus der PFAS-Regulierung (später mehr dazu).

Die Abgrenzung zwischen Product Compliance Management und Qualitätsmanagementsystemen (QMS) ist von entscheidender Bedeutung, um die Vorteile beider Systeme optimal nutzen zu können. Während sich das Qualitätsmanagement traditionell auf die Einhaltung funktionaler Anforderungen zur Erfüllung von Kundenwünschen fokussiert, konzentriert sich Compliance auf regulatorische Anforderungen. Diese enthalten eine Vielzahl nicht-funktionaler Vorgaben beispielsweise in Bezug auf Umwelt- oder Datenschutz. Ein weiterer wesentlicher Unterschied besteht darin, dass Compliance nicht nur die Einhaltung
von Vorschriften umfasst, sondern auch das Risiko willentlicher Manipulation einschließt. Das ist im Qualitätsmanagement weniger präsent. Sie fokussiert sich somit stärker auf Kontrollen, erforderliche Funktionstrennungen sowie die Einbindung der gesetzlichen Vertreter des Unternehmens. Folglich ergänzen sich QMS und PCMS ideal, um sowohl die Produktqualität abzusichern als auch gleichzeitig das Haftungsmanagement zu steuern.

Dieser erweiterte Ansatz des Product Compliance Managements gewinnt mit zunehmender Komplexität der Produkte an Bedeutung. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Integration von Software in Produkte, wie es beispielsweise bei modernen Autoschlüsseln der Fall ist. Früher reichte ein einfacher Metallschlüssel, der in einem Etui aufbewahrt wurde. Insgesamt waren dies vielleicht drei Materialien, überschaubare Produktionsschritte und eine transparente Prozesskette von A bis Z. Heute ist der Schlüssel oft gar nicht mehr als solcher zu erkennen, sondern eine Karte mit Chip oder ein Elektronikmodul. Immer mehr Materialien, integrierte Schaltkreise und Softwarekomponenten kommen zum Einsatz. Diese Innovationen erhöhen die Komplexität und stellen eine zusätzliche Hürde für die Einhaltung der regulatorischen Anforderungen und damit für das Product Compliance Management dar. Die Einhaltung der steigenden regulatorischen Anforderungen wird somit nicht nur durch die physischen Eigenschaften des Produkts, sondern auch durch die integrierte Software bestimmt. Dies erfordert eine ganzheitliche und flexible Compliance-Strategie.

Das Produkt Compliance Management System ist weiterhin eine junge Disziplin mit unterschiedlichem Verbreitungsgrad. Während in der Automobilindustrie derzeit bereits 52 Prozent der im Rahmen der PwC Compliance Transformation Studie befragten 21 Automobilunternehmen über ein eigenständiges PCMS verfügen, liegt dieser Anteil in den weiteren Branchen erst bei 17 Prozent.

Neue gesetzliche Anforderungen an Unternehmen

Die Europäische Union hat sich ehrgeizige Ziele für eine nachhaltige Zukunft gesetzt. Dazu gehören unter anderem die Förderung der Kreislaufwirtschaft, der Schutz von Umwelt und Lebensräumen sowie die Stärkung der Verbraucherrechte. Um diese Ziele zu erreichen, werden verschiedene Initiativen und Rechtsvorschriften auf den Weg gebracht, unter anderem:

Digitaler Produktpass

Der Digitale Produktpass hat seinen Ursprung in der europäischen Kreislaufwirtschaftsstrategie und ist eng mit der Ökodesign-Verordnung verknüpft. Der Digitale Produktpass schafft eine digitale Basisinfrastruktur für die Kreislaufführung von Produkten. Zukünftig sollen viele Produkte mit eindeutig identifizierbaren Markern versehen werden, um Informationen wie CO2-Fußabdruck, Reparierbarkeit oder toxische Inhaltsstoffe leicht zugänglich zu machen. Entsprechende Gesetze und Projekte werden derzeit bis 2027 erwartet. Den Startpunkt bilden Traktionsbatterien über 2 kWh.

Die Verwendung des Produktpasses ist in der EU-Batterieverordnung verankert und ab Februar 2027 verpflichtend.

Digitale Transformation ist ein ganzheitliches Programm, das von den Geschäftsanforderungen definiert werden muss. Quelle: PwC

PFAS

Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) sind eine Gruppe von Chemikalien, die in vielen Produkten des täglichen Lebens verwendet werden. Dazu gehören Verpackungen, Medikamente, Oberflächenbeschichtungen, aber auch Kosmetika oder elektronische Geräte. Sie können erhebliche schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt haben und sind mittlerweile überall zu finden, vom tiefsten Punkt der Erde bis zur Muttermilch. Die EU hat daher Maß nahmen zur Regulierung von PFAS ergriffen, um die Gefährdung zu verringern. Der jüngste Vorschlag wird derzeit überarbeitet und soll bis September 2024 von verschiedenen Wirtschaftssektoren eruiert werden.

EU Data Act

Der EU Data Act ist ein neues Gesetzgebungsvorhaben, das die Governance von Daten in der EU stärken soll. Die Datenverordnung regelt beispielsweise den Einsatz von KI und die Weitergabe von Daten. Dabei stehen der individuelle Zugang und die Rechte der Nutzer im Vordergrund, während gleichzeitig der Schutz personenbezogener Daten gewährleistet wird. Im November 2023 hat der Rat der Europäischen Union den EU Data Act verabschiedet, 2025 wird er offiziell in Kraft treten.

Produktsicherheitsverordnung

Die Produktsicherheitsverordnung (ProdSV) definiert die Anforderungen an die Sicherheit von Produkten, die in der EU in Verkehr gebracht werden. Die ProdSV wurde im April 2023 vom Rat der EU verabschiedet und soll die Sicherheit neuer Verbraucherprodukte insbesondere vor dem Hintergrund der Digitalisierung von Produkten und den Herausforderungen neuer Geschäftsmodelle gewährleisten. Gerade aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung und zahlreichen unterschiedlichen Vertriebswegen hat der Gesetzgeber nun eine Vielzahl von Änderungen vorgesehen, die die Wirtschaftsakteure bei der Sicherstellung der Product Compliance vor Herausforderungen stellen.

Entlang der unterschiedlichen Phasen des Produkt Lebenszyklus müssen diverse Compliance Anforderungen erfüllt werden. Quelle: PwC

EU-Entwaldungsverordnung

Die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) zielt darauf ab, die weltweite Entwaldung zu stoppen. Die Verordnung verbietet die Einfuhr von Produkten in die EU, die mit illegalem Holzeinschlag in Verbindung gebracht werden. Dies umfasst nicht nur Holz, sondern auch Rohstoffe wie Kautschuk, Kaffee, Rindfleisch, Palmöl oder Soja. Die EUDR wurde im Juni 2023 endgültig verabschiedet und tritt mit einer Übergangsfrist von 18 Monaten Ende 2024 in Kraft.

Diese Beispiele zeigen, dass der EU-Gesetzgeber einen umfassenden Ansatz für nachhaltige Produkte verfolgt. Der Fokus liegt auf dem gesamten Lebenszyklus eines Produkts, von den Rohstoffen über die Nutzung von Daten und KI bis hin zur Marktüberwachung und Produktaktualisierung.

Ziel der Gesetzgebung ist dabei immer:

  • die Reduzierung ökologischer und sozialer Belastungen
  • die Stärkung der Kreislaufwirtschaft
    (Ressourcenschonung, Verlängerung des Lebenszyklus von Produkten, Recycling)
  • der Schutz der Verbraucherrechte

Gefahr von Sanktionen und Schädigung der Marke

Unternehmen müssen auf die neuen Regularien entsprechend reagieren, auch weil im globalen Wirtschaftsumfeld ein deutlicher Trend von der freiwilligen Selbstverpflichtung der Unternehmen hin zu strafrechtlich sanktionierten Regelungen zu beobachten ist. Diese Entwicklung zeigt sich insbesondere in den USA, wo Verstöße gegen Compliance-Vorschriften erhebliche finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen können.

Beispiel 1

Ein fiktiver Fall verdeutlicht die möglichen Folgen von Compliance-Verstößen in den USA: Verursacht ein Unternehmen einen Schaden in Höhe von 50 Millionen US-Dollar, kann dies je nach Schwere der Schuld eine Strafe von 500 Millionen US-Dollar nach sich ziehen. Die Berechnung solcher Strafen basiert auf den US Sentencing Guidelines, die den Offense Level und den Culpability Score des Unternehmens berücksichtigen. Der Offense Level ist ein numerischer Wert, der die Schwere einer Straftat widerspiegelt, während der Culpability Score die Schuld des Täters misst, um eine angemessene Strafe zu bestimmen. Die Multiplikation dieser Faktoren kann schnell zu einer beträchtlichen Geldstrafe führen. Zusätzlich zu den Bußgeldern können weitere Kosten entstehen, wie z.B. Entschädigungszahlungen, Rückkaufverpflichtungen, Gerichtskosten und gesetzliche Sanktionen sowie der Verlust von Marktanteilen und Reputationsschäden.

Beispiel 2

Ein realer Fall veranschaulicht die Bedeutung der Markenreputation in Kombination mit den potenziellen Folgen von Compliance-Verstößen. Ein Hersteller von Radfahrerausrüstung geriet in Schwierigkeiten, als bei einer neuen Version der Ausrüstung im Jahr 2022 Softwareprobleme auftraten. Nach einem lokalen Fernsehbericht über mögliche Risiken schaltete sich die Verbraucherschutzbehörde des EU-Landes ein und verhängte Anfang November 2023 ein Verkaufsverbot im Heimatmarkt, das sich schnell durch international tätige Händler zu einem weltweiten Verbot ausweitete. Dies hatte zur Konsequenz, dass die betroffenen Händler nicht nur den Vertrieb der Produkte einstellen mussten, sondern auch bereits verkaufte Ausrüstung bei ihren Kunden zurückrufen mussten. Obwohl der Hersteller die Untersuchungsmethoden der Verbraucherschutzbehörde kritisierte und erfolgreich gegen das Verkaufsverbot klagte, kam die Entscheidung zu spät. Am Tag der Aufhebung des Verbots durch das zuständige Verwaltungsgericht meldete das Unternehmen Insolvenz an. Dies unterstreicht die Bedeutung einer effektiven Product Compliance, der engen Zusammenarbeit mit den Marktaufsichtsbehörden und einer abgestimmten Krisenkommunikation für den Schutz der Markenreputation.

Konsistente Einhaltung regulatorischer Standards

Durch die industrieübergreifende Digitalisierung und den Einsatz agiler Entwicklungsmethoden
werden Technologiezyklen immer kürzer. Gleichzeitig nehmen die für ein Produkt geltenden regulatorischen Vorschriften rasant zu. Als Folge dieser beiden gegenläufigen Entwicklungen wird die Produkt Compliance zunehmend zu einem zentralen Faktor für die Time-to-Market von Produkten.

Die frühzeitige Berücksichtigung regulatorischer Anforderungen über den gesamten Produktlebenszyklus ist daher unerlässlich, um nicht von der Konkurrenz überholt zu werden. Dies beginnt bereits in der Phase der Ideenfindung, in der mögliche Compliance-Anforderungen für das jeweilige Produkt identifiziert werden müssen. Im Laufe der Entwicklung müssen diese Anforderungen dann kontinuierlich überprüft, verfolgt und gegebenenfalls angepasst werden. Die Vorteile einer frühzeitigen Integration von Compliance in diesen Prozess sind vielfältig:

  • Verkürzung der Entwicklungszeiten: Durch die frühzeitige Berücksichtigung regulatorischer Anforderungen können Verzögerungen und Nacharbeiten in späteren Entwicklungsphasen vermieden werden.
  • Geringere Kosten: Die frühe Integration kann helfen, zusätzliche Kosten zu vermeiden, die
    durch die Anpassung des Produkts an regulatorische Anforderungen nach Abschluss der Entwicklung entstehen können.
  • Erhöhte Marktsicherheit: Ein konformes Produkt reduziert das Risiko von Bußgeldern, Produktrückrufen und anderen rechtlichen Konsequenzen.
  • Verbessertes Markenimage: Ein Unternehmen, das sich bestmöglich um die Einhaltung regulatorischer Standards bemüht, genießt bei Kunden und Geschäftspartnern ein höheres Ansehen.

Ein strukturiertes PCMS ermöglicht es Unternehmen, die Compliance-Anforderungen nachhaltig zu managen. Ein effektives Product Compliance Management sollte risikoorientiert alle wesentlichen Prozesse und Methoden umfassen, die für die Einhaltung der regulatorischen Anforderungen notwendig sind. Darüber hinaus ist es wichtig, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen relevanten Abteilungen über die geltenden regulatorischen Anforderungen informiert und geschult werden. Dies trägt dazu bei, dass die Compliance-Anforderungen im gesamten Unternehmen berücksichtigt werden. Die Standardisierung, die mit dem systematischen Ansatz eines Managementsystems einhergeht, ermöglicht zudem eine deutliche Reduzierung des Mehraufwands im Unternehmen.

Was leistet ein PLM?

Mit PLM zu unternehmensweiter Datentransparenz

Ursprünglich wurde PLM in der technischen Entwicklung als digitales Werkzeug eingesetzt, um produktbezogene Dokumente und CAD-Daten zu verwalten und kollaboratives Arbeiten durch
„Check-In“ / „Check-Out“ zu ermöglichen. Durch Weiterentwicklungen und flexible Integrationsmöglichkeiten ist ein modernes PLM-System heute jedoch in der Lage, komplexe Prozessketten abzubilden, um diese besser zu verstehen und zu steuern. Ein produktzentrischer Ansatz ermöglicht die Verfolgung von Daten und Informationen des Produktes über den gesamten Lebenszyklus einschließlich der jeweiligen Einsatzgebiete bis hin zum Recycling. Zudem können relevante Betriebsdaten erfasst werden. Eine ideale Grundlage für Nachhaltigkeit, da das Produkt nicht isoliert, sondern ganzheitlich unter Einbeziehung von Nutzer, Hersteller, Wirtschaft und Umwelt betrachtet werden kann.

PLM bietet somit einen strategischen Ansatz für das Management des Produktlebenszyklus. Es umfasst eine Mischung aus Prozessen, Systemen und Menschen mit dem Ziel, produktbezogene Daten und Arbeitsabläufe innerhalb einer Organisation zu optimieren. Wichtig ist, dass zuerst die Geschäftsprozesse optimiert und harmonisiert werden, bevor die digitale Transformation beginnt. PLM stellt ein umfassendes Framework dar, welches es Unternehmen ermöglicht, Produktinformationen effizient zu orchestrieren. Es fungiert als zentrale Anlaufstelle, in der Daten aus unterschiedlichen Quellen und Abteilungen zusammenlaufen. Diese einheitliche Plattform verbessert die Zusammenarbeit, fördert eine bessere Entscheidungsfindung und sorgt für Konsistenz in der Produktentwicklung und im Produktmanagement. Die Einführung von PLM ist „nicht nur ein IT-Projekt“, sondern erfordert die Aufmerksamkeit der Unternehmensleitung, um erfolgreich zu sein.

PwC bietet eine Vielzahl unterschiedlicher Dienstleistungen rund um die Themen Product Compliance und PLM an, die sich ideal ergänzen. Quelle: PwCDurch die Erfassung und Auswertung relevanter Daten aus dem Herstellungsprozess und der Nutzungsphase, auch im Hinblick auf Umweltauswirkungen und Umweltleistung, können Nachhaltigkeit und Produktinformation optimal verknüpft und Abhängigkeiten und Zusammen hänge erkannt werden. Darüber hinaus wird die fachliche Grundlage für die Definition und Messung von Nachhaltigkeitszielen geschaffen. Der oft abstrakte Begriff der Nachhaltigkeit wird also mit Inhalt gefüllt.

Auf diese Weise lassen sich nicht nur unternehmensintern aussagekräftige, datenbasierte Nachhaltigkeitsindikatoren schaffen, sondern auch eine Orientierung für die gesamte Branche. Dies ist not wendig, da nur eine vergleichbare und messbare Bewertung der Umweltauswirkungen zu einem branchenweiten Schub für nachhaltige Produktentwicklung, Produktion, Service und Recycling führen wird. PLM ist prädestiniert, die Datenbasis für diese KPIs zu liefern, um globale Benchmarks einzuhalten und zu ermöglichen.

Dies kann mit PLM-Ecosystemen erreicht werden, die über eine lineare Sicht hinausgehen, also flexibel und anpassungsfähig sind, um Produkt- und Compliance-Änderungen jederzeit gerecht
zu werden. Denn Unternehmen müssen sich langfristig auf permanente Veränderungen und neue Regularien einstellen. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die international tätig sind.

Mit PLM den EU-Produktpass erfüllen

Die bevorstehende Einführung des EU-Produktpasses ist eine große Herausforderung für Unternehmen, die strenge Qualitäts-, Sicherheits- und Umweltstandards einhalten müssen. PLM erweist sich als entscheidender Enabler bei der Bewältigung dieser Komplexität und erleichtert die Einhaltung der Anforderungen, indem es einen strukturieten Ansatz für die Verwaltung von Produktdaten bietet. Es zentralisiert Informationen, die für die Erfüllung der Anforderungen relevant sind, und ermöglicht es, Echtzeitbewertungen und -validierungen während des gesamten Produktlebenszyklus durchzuführen. Diese Echtzeit-Überwachung stellt sicher, dass Produkte von der Entwurfphase bis zur Markteinführung den gesetzlichen Normen entsprechen. Darüber hinaus fördert PLM die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Interessengruppen innerhalb einer Organisation, indem es interdisziplinären Teams ermöglicht, harmonisch an der Erreichung von Konformitätszielen zu arbeiten. Durch die Bereitstellung einer einzigen Quelle für Compliance-relevante Daten minimiert PLM Fehler und Diskrepanzen und reduziert somit Compliance-Risiken.

Datenmanagement mit PLM

Ein wesentlicher Vorteil von PLM ist die Vereinfachung des Datenmanagements in den verschiedenen Phasen des Produktlebenszyklus. Die Konsolidierung produktbezogener Daten in einem zentralen Repository ermöglicht PLM-Systemen den einfachen Zugriff, Austausch und Abruf wichtiger Informationen. Darüber hinaus können Kommunikationsregeln angewendet werden, um Informationsverluste z.B. durch E-Mail-Kommunikation zu vermeiden. Dieser zentralisierte Ansatz verbessert die Datenqualität und -integrität und reduziert gleichzeitig die Risiken, die mit fragmentierten oder verteilten Daten verbunden sind. Er ermöglicht eine konsistente Dokumentation von Compliance-relevanten Informationen und stellt sicher, dass regulatorische Anforderungen während des gesamten Produktlebenszyklus konsistent erfüllt werden. Darüber hinaus vereinfacht PLM Arbeitsabläufe durch die Automatisierung wiederkehrender Aufgaben und steigert so die betriebliche Effizienz. Durch standardisierte Prozesse und automatisierte Workflows minimiert PLM manuelle Fehler, beschleunigt die Markteinführung und stellt sicher, dass Compliance-Maßnahmen nahtlos in die Produktentwicklungs- und Fertigungsprozesse integriert sind.

Mit PLM proaktiv auf Veränderungen reagieren

Neben der Datenverwaltung bieten PLM-Systeme auch einen proaktiven Ansatz zur Erkennung und Bewältigung regulatorischer Aspekte. Die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen (ML) ermöglicht PLM-Systemen eine vorausschauende Analyse. KI- und ML-Algorithmen, die in PLM-Lösungen integriert sind, ermöglichen die Analyse historischer Compliance-Daten und regulatorischer Trends. Dadurch können Unternehmen potenzielle mögliche Änderungen antizipieren, Compliance-Lücken identifizieren und proaktiv Korrekturmaßnahmen einleiten.

Im Rahmen der Compliance kann der digitale Faden wie folgt genutzt werden:

  • Implementierung eines proaktiven Product Compliance-Managements mit einer zentralen Plattform, um mögliche Verstöße bereits im Vorfeld zu erkennen.
  • Schaffung eines Digital Threads für jedes einzelne Produkt über den gesamten Lebenszyklus mit vollständiger Transparenz über alle Systeme hinweg.
  • Aufbau eines flexiblen PLM-Systems, das auch für bestehende Produkte leicht an neue Regularien angepasst werden kann.
  • Automatisierte Erstellung der produktbezogenen Dokumentation und der damit verbundenen gesetzlichen Nachweispflichten.
  •  Implementierung eines verbesserten Variantenmanagements.
  • Integration mit künstlicher Intelligenz (KI) zur automatisierten Einarbeitung von regulatorischen Informationen und Änderungen.

PLM stellt einen zukunftsorientierten Ansatz für das Compliance-Management dar und unterstützt Unternehmen dabei, mit den sich ändernden Vorschriften Schritt zu halten. Im Wesentlichen dient PLM nicht nur dem Datenmanagement, sondern auch dem proaktiven Umgang mit regulatorischen Feinheiten. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Navigation durch die Komplexität des Europäischen Produktpasses und hilft Organisationen, die Einhaltung von Vorschriften zu gewährleisten, Risiken zu mindern und Innovationen zu fördern, während sie sich mit der sich verändernden regulatorischen Landschaft auseinandersetzen.

Integration von KI und ML in PLM-Systemen

Neue Analysemethoden

Mit KI- und ML-Unterstützung können PLM-Systeme große Mengen regulatorischer Daten analysieren. Unternehmen sind somit in der Lage, den sich ständig ändernden Compliance-Anforderungen stets einen Schritt voraus zu sein. Die wesentliche Stärke von KI liegt in der Erkennung von Mustern und Trends in großen Datenmengen. Auf diese Weise lassen sich wertvolle Erkenntnisse für die Entscheidungsfindung gewinnen.

Wissen, was kommt

KI- und ML-Algorithmen können regulatorische Änderungen prognostizieren und deren mögliche Auswirkungen auf die Compliance bewerten. Dieser proaktive Ansatz ermöglicht es Organisationen, regulatorische Entwicklungen zu antizipieren und sich darauf vorzubereiten.

Fehler erkennen, bevor sie auftreten

KI und ML identifizieren Compliance-Abweichungen, indem Daten aus verschiedenen Quellen wie Produktspezifikationen, Vorschriften und Kundenfeedback analysiert werden. Dadurch können Unternehmen proaktive Maßnahmen ergreifen, wie die Umsetzung von Korrekturmaßnahmen und Prozessverbesserungen, um die Konformität während des gesamten Produktlebenszyklus sicherzustellen.

Produktqualität verbessern

Ein Beispiel aus der Automobilindustrie: Automotive SPICE v4.0 ist ein weit verbreitetes Framework zur Bewertung und Verbesserung von Softwareentwicklungsprozessen in der Automobilindustrie. Die Integration von KI und ML in PLM-Systeme kann die Umsetzung von Automotive SPICE v4.0 verbessern und Unternehmen in die Lage versetzen, eine höhere Prozessreife und Produktqualität zu erreichen.

Implementierung und Optimierung von PLM-Systemen

Die Implementierung von KI und ML in PLM-Systemen kann die Komplexität der Softwarelösung beeinflussen und sich auch auf die Kosten auswirken. Eine sorgfältige Planung – auch in Zusammenarbeit mit Partnern – ist daher sinnvoll. Drei Punkte stehen dabei im Vordergrund:

Kosten im Griff behalten
Unternehmen sollten ihre spezifischen Anforderungen sorgfältig prüfen und die Zusammenarbeit mit erfahrenen Anbietern in Betracht ziehen, die maßgeschneiderte Lösungen anbieten können. Darüber hinaus können Investitionen in Mitarbeiterschulungen und Change-Management-Initiativen dazu beitragen, Bedenken hinsichtlich der Komplexität zu zerstreuen.

Roadmap erstellen
Die erfolgreiche Einführung von KI und ML im PLM erfordert eine klar definierte Strategie. Unternehmen sollten Ziele definieren, Stakeholder koordinieren und eine Roadmap für die Umsetzung entwickeln. Die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams und die Einbindung der Endanwender in den Entscheidungsprozess können eine Innovationskultur fördern und eine erfolgreiche Einführung sicherstellen.

ROI erzielen
Early Adopters von KI und ML in PLM können einen signifikanten Wettbewerbsvorteil erzielen. Unternehmen sollten sich darauf konzentrieren, den Return on Investment (ROI) ihrer Implementierungsbemühungen zu messen und zu kommunizieren. Dies kann die Quantifizierung von Compliance-Verbesserungen, Effizienzgewinnen und verbesserter Produktqualität umfassen.

PLM als Chance für den Wandel und Nachhaltigkeit

Die Integration von KI und ML in PLM-Systeme bietet Unternehmen eine transformative Chance zur Verbesserung der regulatorischen Analyse, des Compliance-Managements und der Optimierung des gesamten Produktlebenszyklus. Durch die Einhaltung von Best Practices bei der Implementierung und Optimierung können Unternehmen das volle Potenzial von KI und ML ausschöpfen, einen Wettbewerbsvorteil erzielen und sowohl nachhaltiges Wachstum als auch Nachhaltigkeit fördern.

Insgesamt trägt ein PLM dazu bei, Compliance-Risiken zu minimieren und die langfristige Einhaltung von Vorschriften sicherzustellen.

Vor dem Hintergrund zunehmende Komplexität von Compliance- und Sicherheitsvorschriften in Verbindung mit dem Innovationsdruck auf Herstellerseite wird es immer wichtiger, Nachhaltigkeit von Beginn des Produktlebenszyklus an mitzudenken. Manuelle Systeme stoßen hier an ihre Grenzen, wenn es darum geht, die Auswirkungen von Änderungen auf aktuelle und geplante Produkte zu überblicken, auch weil zeitliche Abhängigkeiten nicht erfasst werden. PLM-Systeme helfen bei der Entwicklung nachhaltiger Lösungen, indem Erkenntnisse aus bereits im Einsatz befindlichen Produkten genutzt werden, um neue Produktgenerationen besser zu dimensionieren und so beispielsweise Material einzusparen oder den Verschleiß zu reduzieren.

PLM verbessert zudem die Kommunikation und Koordination zwischen allen Beteiligten innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Von der Beschaffung und Konstruktion von Bauteilen bis hin zur Entsorgung von Gefahrstoffen und der Wiederverwendung oder Rückgewinnung anderer Elemente kann so von einer Plattform aus gearbeitet werden. Die PLM-Anwendung dient dabei als zentrale Steuerungseinheit, um die Durchgängigkeit der Daten einschließlich der Integration moderner Technologien zu gewährleisten. Wie wichtig diese ganzheitliche Betrachtung im Sinne der Nachhaltigkeit ist, zeigen auch Berechnungen des Europäischen Rechnungshofes, wonach Entscheidungen in der Designphase bis zu 80 Prozent der Umweltauswirkungen eines Produktes ausmachen können. Das bedeutet: Je früher ein Unternehmen Nachhaltigkeitsaspekte im Produktlebenszyklus berücksichtigt, desto besser.

Konforme Produkte sind das Ergebnis einer Verbindung von PLM mit Corporate Compliance. Quelle: PwC

Die Vorteile liegen nicht nur in der Reduzierung des CO2-Ausstoßes, sondern auch in einer insgesamt schlankeren und effizienteren Arbeitsweise. Darüber hinaus ermöglicht der Informationsaustausch den Transfer von Ideen und Erfahrungen. Es entstehen Systeme und Netzwerke mit funktionsübergreifenden Teams, Drittanbietern und geografisch verteilten Mitarbeitenden, was wiederum zu einer schnelleren und innovativeren Produktentwicklung führt. Durch die Integration verschiedener Akteure können nicht nur Umweltanforderungen besser erfüllt, sondern auch die Produktionseffizienz und die Produktqualität verbessert werden. Denn Nachhaltigkeit findet nicht in Silos statt, sondern erfordert Kooperationen, Partnerschaften und Allianzen. Diese Vernetzung kann organisatorisch aber nur gelingen, wenn die technische Integration gewährleistet ist.

Verknüpfung der digitalen mit der physischen Welt

Der digitale Faden stellt das ideale verbindende Element des Produktlebenszyklus dar. Im PLM-System ermöglicht er die Verknüpfung der digitalen mit der physischen Welt und bietet eine dynamisch anpassbare Sicht auf die Daten eines Assets, da der produktbezogene Informationsstrang kontinuierlich mit allen relevanten Daten gefüttert wird, um eine durchgängige Rückverfolgbarkeit und Kontrolle zu gewährleisten.

Fazit

Flexible PLM-Systeme bilden die Grundlage da für, alle Stakeholder einzubinden, regulatorische Anforderungen zu erfüllen und die Produktkonformität sicherzustellen. Unternehmen, die neue Anforderungen – sei es aus Compliance- oder aus Wettbewerbssicht – besser verstehen und umsetzen können als ihre Mitbewerber, bauen ihren Vorsprung aus: Sie sind profitabler, schneller und kreativer. Zudem gewinnen sie einen tieferen Einblick in ihre Wertschöpfungskette, den sie sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft nutzen können. Denn: Mögliche Kaskadeneffekte von kleinen Änderungen am Anfang einer Prozesskette können in komplexen Systemen nur mit digitaler Unterstützung verstanden und analysiert werden – und am Ende zu einem besseren, grüneren und rechtssicheren Produkt führen.

Die Autoren:

Jochen-Thomas Morr ist Partner bei PwC Deutschland. Er verantwortet den Bereich Forschung und Entwicklung innerhalb der Practice Group Operations Transformation und ist Experte für das Thema Produktentwicklung.

 

 

 

Kolja von Westerholt ist Director bei PwC Deutschland. Er verantwortet gemeinsam mit Dietrich Boß die Produkt Compliance Services innerhalb der Practice Group Risk und ist Experte für Produkt Compliance Management Systeme.

 

 

 

Jens Rollenmüller ist Vice President of Professional Service bei ARAS. Er ist seit über 25 Jahren im PLM Business tätig und verantwortet bei ARAS das Deutschlandgeschäft sowie alle
Aras PLM Services in EMEA.

 

 

 

Dr. Tobias Zimmermann ist Senior Manager bei PwC Deutschland. Er arbeitet im Bereich
Forschung und Entwicklung innerhalb der Practice Group Operations Transformation und
ist Experte für das Thema PLM –Strategie und Implementierung.

 

 

 

Simon Thome ist Associate bei PwC Deutschland. Er arbeitet im Bereich Governance, Risk und Compliance und ist Experte für das Thema Product Compliance.