Viele Unternehmen stehen vor der Aufgabe, den Weg von der klassischen, manuellen Prozessanalyse zur datengetriebenen Prozessverbesserung zu gehen. Process Mining kann hier schon heute enorme Potenziale heben. Durch aktuelle Forschung und die Verknüpfung der Technologie mit den Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz werden wir schon bald die ersten selbstlernenden Prozesse sehen.
Wenn wir uns heutzutage anschauen, was mit moderner Technik möglich ist, sehen wir selbstfahrende Autos, intelligente Assistenten, die Telefongespräche führen, und Kühlschränke, die für uns das Essen bestellen. Werfen wir jedoch einen Blick darauf, wie große und mittelständische Unternehmen ihre wertschöpfenden Prozesse analysieren und steuern, zeigen sich nach wie vor lückenhafte Excel-Sheets und teure Beraterprojekte, deren Mehrwert im Nachhinein kaum quantifiziert werden kann.
Unternehmen, die bereits einen Schritt weiter sind, versenken Millionen in aufwändige Business-Intelligence-Projekte. Eine TDWI-Studie zeigt, dass in den meisten Unternehmen nur 20 Prozent der Mitarbeiter in der Lage sind, die ihnen zur Verfügung gestellten BI-Tools gewinnbringend einzusetzen. Es wird ein Flickenteppich von Kennzahlen definiert in der Hoffnung, das große Ganze abdecken zu können, doch bleiben Effizienzprobleme dabei oft versteckt und der Bezug zur Wertschöpfung unklar.
Für den „Digital Native“ unvorstellbar – für Konzernmitarbeiter die harte Realität, welche nur selten in Frage gestellt wird.
Process Mining bietet hier einen modernen Endezu-Ende-Ansatz, der sich auf die wertschöpfenden Prozesse konzentriert. Dabei bietet die Technologie
starke explorative Möglichkeiten und kann schnell effektive Kennzahlen definieren und messen. Die Verknüpfung mit weiteren Machine-Learning-Algorithmen erlaubt es uns schon heute, die Ursachen für Prozessabweichungen und Ineffizienzen ans Licht zu bringen. Ist Process Mining einmal als festes Monitoring-Werkzeug im Unternehmen implementiert, schafft dies einen echten kontinuierlichen Verbesserungsprozess, der die ohnehin knappen Ressourcen an den richtigen Stellen einsetzen lässt.
Vom Process Mining zum Smart Process Control System
Doch das ist erst der Anfang. Sowohl in der Forschung als auch in der Industrie wird eifrig daran gearbeitet, die Technologie auf das nächste Level zu heben. Die durch Process Mining aufbereiteten Daten bieten enormes Potenzial zur weiteren Einbindung von Algorithmen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz. Wir sehen hier zwei Anwendungsgebiete, welche die Arbeitswelt von heute revolutionieren werden: die automatisierte Datenaufbereitung und der selbstlernende Prozess.
Auf Basis der zahlreichen bereits existierenden Datenanbindungen lassen sich in der Zukunft Modelle der künstlichen Intelligenz erzeugen, die selbst auf unbekannten Systemen die relevanten Daten selbstständig identifizieren, verknüpfen und in das notwendige Format transformieren. Dies wird die Reichweite der Technologie enorm erweitern.
Aus den aufbereiteten historischen Daten können wiederum Modelle trainiert werden, die die komplexen Prozess- und Datenzusammenhänge mit Systemkonfigurationen und Erfolgskennzahlen in Verbindung bringen. Ein solches „Smart Process Control System“ nimmt anschließend unter Berücksichtigung aktueller Live-Daten selbstständig Änderungen an den Konfigurationen vor und passt autonom die Prozesssteuerung an. Vereinfacht wird dies zudem durch den ständig steigenden Grad der Automatisierung in den Geschäftsprozessen.
Bis wir jedoch in einer Zukunft der reinen Maschine-zu-Maschine-Kommunikation angelangt sind, wird der Mensch weiterhin zentrale Funktionen in diesem Bild einnehmen. Diese liegen vor allem in der Interpretation und Kontrolle der Analysen sowie im Festlegen und Justieren der richtigen Kernstrategien für die Wertschöpfung. Nicht zuletzt gehört dazu das Einbinden von und die richtige Kommunikation mit dem nach wie vor unverzichtbaren Personal. Unterstützung erfolgt hierbei durch intelligente Vorhersage- und Vorschlagsmechanismen, die bereits mit heutiger Technologie umgesetzt werden können.
Der Autor: Dr. Thomas Baier ist Mitgründer und Geschäftsführer der Lana Labs GmbH, einem innovativen Process Mining Startup, welches den Fokus auf die Automatisierung der Prozessanalyse und -verbesserung legt. Mit seiner Promotion im Bereich Process Mining am Hasso-Plattner-Institut und der Erfahrung als Prozessanalyst in einer IBM-Tochtergesellschaft hat er den Grundstein für LANA Process Mining gelegt und treibt das Produkt nach wie vor durch Forschungsprojekte und enge Zusammenarbeit mit den Kunden voran.