Der Outside-In-Ansatz: Von bloßen Daten zu echten Ergebnissen

 

Die Automobilindustrie steht aktuell vor beispiellosen Herausforderungen durch Themen wie E-Mobilität, Autonomes Fahren und Shared-Ownership-Modelle. Gepaart mit dem zunehmenden Wettbewerbsdruck erhöht das in der jetzigen kritischen Phase bei den Unternehmen die Notwendigkeit, Entwicklungsprozesse zu optimieren (excellent Design) und Produktionskosten zu senken. Ein Portfolio von Benchmarking-Methoden bietet Engineering-Teams die Möglichkeit, Produktentwicklungen gründlich zu validieren und Ineffizienzen in der Produktentwicklung zu identifizieren. So lassen sich Materialkosten, Gewicht, aber auch Fertigungs- und Montagezeiten reduzieren.

Unsichtbare Kostenineffizienzen

Nachdem ich viel Zeit damit verbracht hatte, Fahrzeuge von Kunden zu untersuchen und mit den Modellen der direkten Wettbewerber zu vergleichen, wurde mir klar, wie die jeweiligen Entwicklungsabteilungen dieser Unternehmen organisiert sind. Im Wesentlichen bildet das Organigramm des Unternehmens auch das Produkt des jeweiligen Unternehmens in seinen Einzelteilen ab. Moderne Automobile sind die Produkte der Prozesse, Methoden, Spezifikationen, Anforderungen, Designrichtlinien und Arbeitsabläufe, die zu ihrer
Herstellung verwendet werden, was sich dann entsprechend in einer Funktion in der Organisationsstruktur widerspiegelt. Wie wir unsere Arbeitsabläufe organisieren und wie wir unsere Ingenieure in ihren Konstruktionsaktivitäten schulen und anleiten, bestimmt weitgehend, wie unsere Produkte entwickelt werden.

Dies führt zu einem interessanten Aspekt im Benchmarking-Prozess. Oftmals bleiben die Zusammenarbeit und die Interaktionen im Unternehmen unberücksichtigt oder werden einfach als gegeben hingenommen. Daraus resultieren Ineffizienzen, die nicht so offensichtlich wahrgenommen werden, wie dies bei jemandem von außerhalb der Organisation der Fall ist.

Trifft dies zu, so kann ein „Blick von außen“ ein enormer Vorteil sein, wenn es um das
Benchmarking und den Vergleich von Produktentwicklungen unter dem Gesichtspunkt der Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit geht. Ineffizienzen in der Produktentwicklung, die auf mangelnde Systemintegration, zu restriktive Prozessrichtlinien oder -spezifikationen zurückzuführen sind, können nicht nur übersehen werden, sondern sind für diejenigen, die in der aktuellen Organisationsstruktur eingebunden sind, möglicherweise gar nicht sichtbar.

Der Outside In View-Ansatz deckt „versteckte“ Kostenineffizienzen auf

Bei Caresoft haben wir uns auf ein Schlüssel-Fahrzeug fokussiert und einen Ansatz entwickelt, um dieses mit den Fahrzeugen der Hauptwettbewerber innerhalb desselben Fahrzeugsegments zu Analysis and Value Engineering) untersuchen, vergleichen und hinterfragen die Entwicklungen der verschiedenen Wettbewerber. Im Rahmen dieses Prozesses werden eine Vielzahl von Verbesserungen identifiziert, die nach ihrer Implementierung die Kosten-, Massen- und/oder Montagezeiteffizienz optimieren. Wesentlicher Fokus ist dabei die Effizienz der Produktherstellung. Begleitet wird dieser Prozess von erfahrenen Fachspezialisten aus unterschiedlichsten Disziplinen der Automobilindustrie.

Unter Verwendung eines Cluster-Ansatzes wird das Fahrzeug basierend auf technischen und
kostenbezogenen Abhängigkeiten in verschiedene Cluster aufgeteilt, anstatt der
Organisationsstruktur des Herstellers zu folgen. Damit können Möglichkeiten zur Verbesserung der Integration von Produktentwicklungselementen, der Material- sowie der Gewichtsoptimierung, des DFA und des Komplexitätsmanagements aufgezeigt werden. Anschließend überprüfen Fachexperten die Vorschläge, um deren Gültigkeit zu bestätigen. Diese Fachexperten bieten unseren Kunden den Blick eines unabhängigen Dritten im Hinblick auf die Produktentwicklung und decken „versteckte“ Kosten auf, die für interne Ingenieurteams nicht sichtbar waren.

Sobald mögliche Maßnahmen zur Effizienzsteigerung in der Konstruktion identifiziert wurden, werden Delta-Kosten, Massen- und Montagezeitvorgaben berechnet. Dieses Vorgehen untermauert und verbessert die Akzeptanz der Optimierungsvorschläge und ermöglicht eine Priorisierung in der Umsetzung der Konstruktionsverbesserungsmaßnahmen.

Die möglichen Maßnahmen werden mit Engineering-, Einkaufs- und Programmteams gemeinsam mit der Geschäftsleitung abgestimmt, um festzulegen, wann der beste Zeitpunkt für die Implementierung ist. Diese gemeinsamen Effizienzbewertungen der verschiedenen Cluster finden virtuell statt. So können Hunderte von Ingenieuren und Managern praktisch in der ersten Reihe mit dabei sein, wenn die Vorschläge mithilfe von Live-Stream-Videos und Echtzeit-Diskussionen präsentiert und erläutert werden.

Die Zukunft des Benchmarking – von reinen Daten zu real umsetzbaren Ergebnissen

Mit diesem Ansatz konnten wir uns von der Bereitstellung unverarbeiteter Rohdaten zu einer integrierten ergebnisorientierten Plattform zur Kostensenkung mit „Outside In View“ entwickeln. Viele Kunden waren von diesem Arbeitsmodell positiv beeindruckt, da es mehr liefert als einfach nur noch mehr Daten. Entscheidend sind das Wissen und die Erfahrung, die eingesetzt werden, um zu bestimmen, welche Maßnahmen vernünftigerweise ergriffen werden müssen, um die Produktentwicklungskosten zu senken und die erforderlichen Leistungsziele des Unternehmens zu erreichen.

Der Ansatz liefert umsetzbare Ergebnisse, die dringend benötigt werden. Nur mit der wirksamen
Kombination aus technischen Daten, Benchmarking-Technologien, Organisationstrukturen, Personaldaten und langjähriger Erfahrung ist es möglich, diese gründliche Analyse durchzuführen, die erforderlich ist, um eine wirklich effiziente Gestaltung zu erreichen. Auf dem Weg in die Zukunft werden sich die Ziele des Benchmarking sehr wahrscheinlich mehr und mehr von der Datenerhebung hin zu echten umsetzbaren Ergebnissen verlagern, die so früh
wie möglich im Entwicklungsprozess umgesetzt werden können – und das nicht nur in der
Automobilindustrie.

Der Autor:
Terry J. Woychowski ist Präsident von Caresoft Global. Er arbeitete über 34 Jahre bei General Motors, wo er als Chief Engineer der Full-Size Truck Platform und als Global Vice President of Program Management sowie als Global Vice President of Quality and Vehicle Launch fungierte.

Nach seinem Ausscheiden bei GM war er als Senior Vice President of Engineering, Quality and Advanced Technology Development bei AAM und später als VP of Testing and Advanced Technology Development bei Link Engineering tätig.