Die Digitalisierung birgt als starke transformatorische Kraft Chancen und Herausforderungen für Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Um diese Transformation erfolgreich im Sinne der Geschäftsziele zu gestalten, braucht es ein strukturiertes Vorgehen, um Daten in der Produktion für Effizienzsteigerungen zu nutzen – ein Vorgehen von der Datenstrategie zur Data Governance hin zur zielgerichteten Umsetzung von Use Cases.
Die Bedeutung von Daten verstehen
Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts – so formulierte es der britische Mathematiker und Unternehmer Clive Humby bereits im Jahr 2006. Tatsächlich sind Daten ein Rohstoff, dessen Wert sich durch ihre Aufbereitung vielfach steigern lässt. Daten sind Treiber und Schlüssel für die Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Effizienz in Unternehmen. Diese Auswirkungen sind auch und vor allem in der Transformation von Produktionsprozessen spürbar. Denn letztendlich bilden Daten die wesentliche Grundlage für Entscheidungen. Um diese Aufgabe zu erfüllen, müssen die Daten zur richtigen Zeit am richtigen Ort in der richtigen Qualität dem Entscheider zur Verfügung stehen.
Durch Datenstrategie und Data Governance eine Basis schaffen
Diese Zielsetzung spiegelt sich in der Datenstrategie und der Data Governance wider. Die Datenstrategie legt hierbei den übergreifenden Ordnungsrahmen für die Erzeugung und Nutzung von internen und externen Daten entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens fest. Im Vordergrund stehen hierbei der Nutzen und zielgerichtete Einsatz der Daten für die Erreichung der Geschäftsziele. So lassen sich Daten bezüglich ihrer strategischen Bedeutung klassifizieren und priorisieren.
Die Data Governance definiert den Umgang mit Daten auf organisationaler und technischer Ebene durch eindeutige Verantwortlichkeiten, wirkungsvolle Richtlinien und lebbare Prozesse. Dies wirkt typischen Problemen wie „Wir können uns nicht auf unsere Daten verlassen“, „Niemand fühlt sich für die Qualität der Daten verantwortlich“ oder „Jeder kann ohne Vorgaben Daten erzeugen, bearbeiten oder löschen“ entgegen. Das Ziel eines verbesserten und wertorientierten Umgangs mit Daten, um die strategisch definierten Anforderungen zu erfüllen, den Nutzen von Daten zu erhöhen und Entscheidungen zu befähigen, wird so erreicht.
Daten in der Produktion als Chance betrachten
In der Industrie 4.0 bilden Daten den Mittelpunkt des Produktionsprozesses. In jedem Schritt des Produktionsprozesses werden Daten generiert. Diese Daten werden nicht in lokalen Silos vorgehalten, sondern werden durch das Internet of Things (IoT) horizontal und vertikal vernetzt. Prozessbasierte Daten (zum Beispiel: „Bearbeitung gestartet“) und produktbasierte Daten (zum Beispiel „Qualität in Ordnung“) bilden ein enges Netz an kontinuierlich erzeugten Informationen zur digitalen Abbildung des Produktionsprozesses. Dadurch ergibt sich unter anderem mittels Big Data und AI die Chance, ein intelligentes und adaptives Produktionssystem zu schaffen.
Hürden in der Praxis erfolgreich überwinden
In unserem Arbeitsalltag beobachten wir regelmäßig nachfolgende Hürden, die zur erfolgreichen Transformation überwunden werden müssen:
Kein klares Ziel für die Nutzung von Daten. Durch klare Zielvorgaben und die Identifikation und Umsetzung der wichtigsten Use Cases können schnell Erfolge realisiert und Best Practices für
die Umsetzung generiert werden.
Die inhaltliche Verantwortung für Daten wird allein der IT überlassen. Das Wissen und die Verantwortung zur inhaltlichen Bearbeitung und Beurteilung der Qualität von Daten soll in die
Fachbereiche gelegt werden.
Bestehende Prozesse werden 1:1 digitalisiert. Um den transformativen Charakter der Digitalisierung von Prozessen zu nutzen, müssen der Status-quo hinterfragt werden und Prozesse von Grund auf digital gedacht werden.
Unternehmensziele durch Use Cases erreichen
Als Vorgehensweise für die Umsetzung von datengetriebenen Verbesserungen in der Produktion
empfiehlt sich ein Use Case basierter Ansatz. Hierbei werden in einem Use Case Canvas zuerst das Ziel und der Nutzen definiert und außerdem der Scope, die Akteure der Umsetzung sowie die benötigten Inputdaten beschrieben. Ein klarer Zeitrahmen, Meilensteine und Metriken zur Messung des Fortschritts und Erfolgs vervollständigen den Use Case Canvas. Identifizierte Use Cases werden anschließend anhand des Impacts auf das Unternehmen und der Einfachheit der Umsetzung priorisiert. Die Use Cases werden entsprechend der Priorisierung von Expertenteams in einer agilen Vorgehensweise zum Erfolg geführt.
Die Erzielung von sichtbaren Erfolgen schafft bei Umsetzungsbeteiligten und darüber hinaus Vertrauen in die Vorgehensweise und Vertrauen in die Daten. Gezielt definierte Leuchtturm-Use-Cases haben eine Strahlkraft innerhalb von Unternehmen und helfen bei der Entwicklung von Best-Practices, die als Beschleuniger für die Umsetzung weiterer Use Cases dienen.
Use Case basiert Produktionskennzahlen verbessern
Am Beispiel der Gesamtanlageneffektivität lässt sich der Use-Case-Ansatz verdeutlichen. Die Gesamtanlageneffektivität ist eine wesentliche Produktionskennzahl. Die Kennzahl errechnet sich aus den Faktoren Verfügbarkeit, Leistung und Qualität. Für jeden dieser Faktoren können Use Cases zur Steigerung der Gesamtanlageneffektivität definiert werden:
- Predictive Maintenance: Erhöhung der Maschinenverfügbarkeit durch intelligente Wartungsplanung und Vermeidung von Maschinenausfällen.
- Condition Monitoring: Erhöhung der Maschinenleistung durch die Überwachung des Maschinenzustands und Indikation von Abweichungen vom Sollzustand in Echtzeit.
- Predictive Quality: Erhöhung der Produktqualität durch Analyse der Qualitätsparameter und Identifikation der Ursachen bei der Problemerkennung.
Fazit
Die Transformation zu einem datengetriebenen Unternehmen und die Nutzung von Daten als Treibstoff für Effizienzsteigerungen bedarf einer zielgerichteten Vorgehensweise. Eine auf die Geschäftsziele einzahlende Datenstrategie und klare Regelungen für den Umgang und die Nutzung von Daten im Rahmen einer Data Governance bilden die erfolgsfördernde Basis. Zusammen mit dem Use Case getriebenen Ansatz kann bestehende Skepsis gegenüber dem Transformationsprozess abgebaut und bestehenden Vorbehalten gegenüber Daten begegnet werden.
Der Autor:
Steffen Klauer ist Manager im Bereich Business Transformation bei FTI-Andersch.
FTI-Andersch ist die führende Beratung für Unternehmen in komplexen Veränderungsprozessen und herausfordernden Situationen und Teil der internationalen FTI Consulting Gruppe.