Chancen mutig ergreifen – Wege konsequent gehen

In Szenarien nach vorne denken, die Liquidität langfristig sichern, die Kosten sofort senken – dieser strategische Dreiklang beschreibt die maßgeblichen Faktoren, mit denen es MANN+HUMMEL gelungen ist, das Krisenjahr 2020 mit einem guten Ergebnis abzuschließen. Hinzu kam der Mut, Entscheidungen schnell und gemeinsam im Führungskräfteteam zu treffen und die Umsetzung konsequent und mit hoher Geschwindigkeit durchzusetzen.

Nicht erst seit Ausbruch der Corona-Pandemie, sondern bereits seit dem Markteinbruch in China Ende 2017 und der Stagnation des globalen Automobilmarkts bereiten wir uns bei MANN+HUMMEL kontinuierlich auf verschiedene wirtschaftliche Szenarien vor. Auf Basis dieser Prognosen haben wir deshalb bereits 2018 eine tiefgreifende Restrukturierung eingeleitet. Hierzu zählte auch eine Neuausrichtung der Produktionslandschaft, um Überkapazitäten abzubauen.

Natürlich konnte kein Szenario die Einbrüche und Ausmaße abbilden, wie wir sie jetzt durch die Coronakrise erlebt haben. Was allerdings half, war, dass wir uns zu Beginn des Jahres auf eine weitere Marktabschwächung vorbereitet hatten. Diese voraus schauende Planung, eine langfristige Liquiditäts- und Finanzierungsstrategie und sofort eingeleitete, drastische Kostensenkungen – dank dieser Maßnahmen ist es uns gelungen, 2020 mit einem guten Ergebnis abzuschließen und vergleichsweise krisensicher ins neue Jahr zu starten.

Stabilität durch starke Führung

In den Anfängen der Pandemie hat sich ein starker Top-Down-Führungsstil bewährt, um die Krise erfolgreich zu meistern. Schon allein aus Gründen der Schnelligkeit mussten wir auf Diskussionen und die Koordination lokal unterschiedlicher Vorgehens- und Sichtweisen verzichten. Dazu braucht es sicherlich eine Führung, die Konflikte und Risiken nicht scheut und sich traut, schnell zu entscheiden. Besonders die ersten und zweiten Führungsebenen müssen die gleiche Sprache sprechen, um Entscheidungen schnell zu treffen und umzusetzen. Letztendlich hat dieses Vorgehen das Vertrauen der Belegschaft gestärkt.

Unmittelbar nach dem beginnenden Markteinbruch Anfang März 2020 stand unsere weltweite Governance. Zu ihr gehörten wöchentliche Reviews mit der Geschäftsführung, drei Szenarien mit definierten und finanziell bewerteten Maßnahmen sowie eine weltweite Kommunikationsstrategie. Da Regionen weltweit unterschiedlich intensiv und zeitlich nachgelagert von der Krise getroffen wurden, haben wir Rahmenbedingungen geschaffen, innerhalb derer die einzelnen Länder das jeweils passende Szenario auswählen konnten. Ab April starteten wir dann unsere wöchentlichen ReviewTermine, die uns ermöglichten, schnell zu entscheiden und unseren Kurs, wenn nötig, anzupassen.

Wie bereiten wir uns auf eine Erholung vor? Wie viele Produktionswerke müssen wann zurück geholt werden? Welche Auswirkungen hat die Auftragslage auf die Kurzarbeitsquote? Im Führungsteam kam es maßgeblich darauf an, die sich ständig ändernden Bedingungen zu bewerten – und dann mit hoher Geschwindigkeit und Konsequenz zusammen zu handeln.

Wichtig ist in einer solchen Situation, dass der Blick der Führungsmannschaft nach vorne gerichtet bleibt, auch wenn aufgrund der schnellen Veränderungen hin und wieder Fehler gemacht werden.

Stabilität durch langfristige Finanzierungsstrategie

Bis 2015 waren wir ein stark EBIT-getriebenes Unternehmen. In den letzten Jahren legten wir jedoch immer mehr den Fokus auf die Cash-Generierung und arbeiten nun mit Stressszenarien, um unsere finanzielle Stabilität und Reichweite kontinuierlich auf den Prüfstand zu stellen. Mit rechtzeitiger Refinanzierung unseres Schuldscheindarlehens und dem Abschließen einer Konsortialkreditlinie sind wir mit einem robusten Liquiditätspolster in die Krise gestartet.

Eine Disruption wie die Corona-Pandemie bedeutet zunächst einmal eine Störung für die Organisation und der gewohnten Abläufe. Tritt man dann jedoch einen Schritt zurück, erkennt man die Situation auch als Chance, das eigene Unternehmen und die bestehenden Prozesse selbstkritisch zu hinterfragen.

Nach Ausbruch der Pandemie traten wir zunächst auf die Kosten- und Investitionsbremse, um den Liquiditätsabfluss zu minimieren. Für die Produktion war besonders wichtig, coronabedingte Schließungen zu vermeiden. Die vorbildliche Zusammenarbeit und Schnelligkeit unserer lokalen Corona-Steuerkreise, der Personalabteilungen und Werksleitungen waren hier der Schlüssel zum Erfolg. So konnten wir selbst während der kompletten Lockdown-Phase in allen Werken Kundenaufträge ausliefern und dadurch sogar Marktanteile gewinnen.

Zusätzlich profitierten wir von einer robusten Liefer- und Wertschöpfungskette und unserer „Multi-Source-Strategie“. Durch konsequentes Risikomanagement mit starkem Fokus auf Lieferanten konnten wir schnell auf Engpässe reagieren und unsere Kunden letztendlich weiter beliefern. Hier machte sich eine enge Governance zwischen Einkauf, Materialplanung, Logistik und Produktion bezahlt.

Der durch die Krise ausgelöste Druck zur Kostenreduzierung und zu schnellen Anpassungen an sich täglich ändernde Situationen hat innerhalb der Organisation sogar zu einem „Mindset-Change“ und somit zu einem Kulturwandel geführt. In Wachstumsphasen wurde teilweise über die Verhältnisse des Unternehmens gelebt – jetzt wird klar, dass wir priorisieren und disziplinierter werden müssen.

Stabilität durch Zukunftsdenken

Trotz kurzfristiger Optimierungsmaßnahmen verliert die langfristige Strategie nicht an Gültigkeit. An unserer Vision von „Leadership in Filtration“ und unseren ehrgeizigen Wachstumszielen haben auch die veränderten Marktbedingungen durch Corona nichts geändert. Deshalb haben wir Investitionen in Digitalisierungsprojekte nicht gestoppt, sondern im Gegenteil noch schneller vorangetrieben.

Um Fokus in die Belegschaft zu bringen, die Geschwindigkeit, Agilität für unsere Transformation und unsere Finanzziele nicht aus den Augen zu verlieren, riefen wir mitten in der Krise ein sogenanntes Performance Office aus. Selbst Akquisitionsvorhaben, die bereits vor der Krise geplant waren, wurden getätigt, denn besonders in der aktuellen Zeit werden die Karten auf dem M&A-Markt nochmal neu gemischt.

Kostendisziplin im Tagesgeschäft, schnelle Priorisierung zwischen Investitionsvorhaben sowie die konsequente Investition in die Zukunft – die Coronakrise hat uns vieles gelehrt. Nicht zuletzt hat sie uns widerstandskräftiger gemacht und damit auch schon auf die nächste Krise vorbereitet. Ganz nach dem Motto: nach der Krise ist vor der Krise.

Die Autorin: Emese Weissenbacher ist Geschäftsführerin Finanzen und stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung bei MANN+HUMMEL. Sie verantwortet die Geschäftsbereiche IT, Finance & Controlling, HR, Technology sowie Global Business and Technical Solutions.

 

 

 

Herausforderung Covid-19

Wie hat die Krise Ihr Unternehmen getroffen?

Natürlich war die Krise auch für uns ein Schock. Aber glücklicherweise hatten wir bereits im Vorjahr eine wichtige Phase der strukturellen Anpassung abgeschlossen und uns ausreichend Liquidität gesichert.

Worin lag für Ihr Unternehmen die größte Herausforderung?

Die schnelle Aufstellung eines Governance- und Maßnahmenplans war essentiell für uns. Dass wir zu Beginn der Krise gemeinsam täglich schnelle Entscheidungen treffen mussten, hat die Organisation danach schneller werden lassen.