Mit einem klaren Fokus auf digitale Technologien verstand AXA früh, dass der Umstieg zur Cloud einen essenziellen Schritt darstellt, um Unternehmensagilität, Flexibilität und Schnelligkeit am Markt zu ermöglichen. Dieser Wandel ist bei etablierten IT-Kernsystemen allerdings deutlich schwerer umzusetzen als beispielsweise bei jungen FinTechs.
2017 startete AXA das „Move to the Cloud“ (MTTC) Programm. Die Initiative kostete die Gruppe eine hohe Millionensumme und stellt die bisher größte digitale Transformation innerhalb der AXA dar. Ziel war es, die Vorteile der neuen Cloud Technologien so zu nutzen, dass Geschäfts- sowie IT-Einheiten davon in hohem Maße profitieren.
Umsetzung einer globalen Cloud-Transformation
Zunächst einmal war es eine immense Herausforderung, die Mehrheit der globalen Entitäten in das MTTC-Programm aufzunehmen. Denn das Unternehmen wollte globale Konsistenz gewährleisten und gleichzeitig jeder beteiligten Gruppe die Möglichkeit bieten, im Betrieb der jeweiligen Geschäftsanwendungen ihre Eigenständigkeit zu bewahren. Ebenso musste die Organisation mit vorgefassten Meinungen und Mythen rund um die Cloud aufräumen, denn die Vorteile dieser Technologie gehen zwar weit über das Kosteneinsparungspotenzial hinaus, werden aber oft nicht erkannt.
Um die eigenen Ziele zu erreichen, hat AXA eine Unternehmensstrategie konzipiert, die auf „Operational Excellence“ basiert. Dabei wurde eine integrative Struktur erarbeitet, bei welcher sowohl Länderorganisationen als auch funktionsübergreifende Abteilungen zentral koordiniert werden und gleichzeitig die Verantwortung und Transparenz der einzelnen Entitäten gewahrt bleibt. Zusätzlich wurde ein ausführliches Cloud-Trainingsprogramm implementiert, um das Bewusstsein, die Zustimmung und das Engagement für den Move-to-Cloud in der gesamten Organisation zu erhöhen.
„Cloud-Technologien sind heutzutage unverzichtbar und bieten viele Vorteile. Für mich ist der wichtigste Nutzen der Grad der Automatisierung entlang der Lieferkette einschließlich des Betriebs – das schafft die von unseren Kunden geforderte Geschwindigkeit und Qualität.“
Dr. Stefan Lemke, CIO AXA Deutschland
Um Transparenz und Kommunikation sowie proaktive Mitarbeit und Bereitschaft zum Erfahrungsaustausch zwischen den einzelnen Entitäten und globalen Einheiten zu fördern, wurden Unternehmensabteilungen für die Bereiche Integration, Security und Changemanagement ins Leben gerufen.
Neben der Tatsache, dass eine Cloud-Transformation die richtigen technischen Fachkenntnisse voraussetzt, um diese für einen Global Player wie AXA zu ermöglichen, müssen auch die „nicht-technischen“ Kompetenzen weiterentwickelt werden. Unterstützend wurde hierfür ein Cloud-Broker-Team gegründet, um das Silodenken innerhalb des Unternehmens aufzubrechen und neue, die Cloud voranbringende Arbeitsweisen zu fördern, welche gleichzeitig den Bedürfnissen aller Stakeholder und Entitäten gerecht werden.
Dabei arbeiten globale und lokale Cloud-Broker Hand in Hand an stabilen Rahmenbedingungen für die Cloud, an einer integrativen Cloud-Architektur, am Consumption und Financial Management sowie an der Umsetzung der verschiedenen lokalen und globalen Compliance-Richtlinien. Mit dieser Herangehensweise wurde eine Co-Development-Mentalität gefördert, die einen Mehrwert für alle Geschäftseinheiten innerhalb des Konzerns bietet.
Im September 2020 erreichte das MTTC-Programm einen neuen Meilenstein: 2.000 Anwendungen wurden erfolgreich in die Cloud migriert. Bis Ende des Jahres hat sich das Unternehmen zum Ziel gesetzt, rund 40 Prozent aller Anwendungen in die Cloud zu überführen.
Die Cloud ermöglicht es der Versicherungsgruppe nicht nur, neue Technologien und Innovationen wie beispielsweise Künstliche Intelligenz, Machine Learning, Chatbots sowie Bild- und Gesichtserkennungssoftware zu nutzen, sondern auch ältere IT-Systeme fit für die Zukunft zu machen.
Beispiele für den Einsatz der neuen Technologien bei AXA gibt es bereits heute: AXA UK hat die erste On-Demand-Versicherung entwickelt, um die Einkünfte von Berufskraftfahrern abzusichern, deren Fahrzeuge nicht mehr funktionsfähig sind. Aber auch in Japan bietet AXA inzwischen innovative Serviceleistungen an: Durch den Einsatz von Machine Learning konnte eine Data-Lake-Plattform in die Cloud integriert werden, die ein automatisiertes Kundenfeedback ermöglicht.
Ein Reisebericht aus Deutschland
In Deutschland nutzt AXA die Public Cloud auf verschiedene Weisen, um die digitalen Serviceangebote zu verbessern. Dank Data Analytics und der Entwicklung einer Smart-Data-Plattform kann inzwischen eine zu 100 Prozent auf Cloud basierende Lösung angeboten werden, die es Datenanalysten ermöglicht, im Self-Service-Verfahren große datenbasierte Projekte zu realisieren.
Ebenso ist die deutsche AXA die erste Unternehmenseinheit, die ihr Sachversicherungssystem, basierend auf Guidewire, vollständig in der Public Cloud betreibt. Dieses System ist hochgradig skalierbar, um der Nachfrage seiner Geschäftspartner gerecht zu werden, und bietet eine vollautomatische Integrations- und Lieferpipeline zur schnellen Markteinführung und Weiterentwicklung digitaler Versicherungsprodukte.
Unabhängig von den Vorteilen bei konkreten Anwendungen ist die Cloud der zentrale technologische Baustein zur Einführung einer DevOps-basierten Organisationsstruktur in Deutschland. Das Ziel dieser organisatorischen Änderung ist es, unabhängig agierende Teams zu schaffen, die sowohl die Entwicklungs- (Dev) als auch die Betriebsthemen (Ops) für ihr Produkt vollumfänglich übernehmen. Erst die Cloud-Lösungen der AXA ermöglichen es den DevOps-Teams, die verschiedenen Infrastruktur- und Plattform-Komponenten unabhängig von zentralen IT-Teams im „Self-Service“ zu nutzen und zu betreiben. Dies führt zu schnelleren Entwicklungsprozessen und damit zu einer signifikanten Erhöhung der Geschwindigkeit bei der digitalen Produktentwicklung.
Die Erkenntnisse der globalen Cloud-Nutzung
Im Verlauf der Transformation hat AXA viele, manchmal auch kostspielige Erfahrungen gesammelt. Die Einführung eines Cloud-Programms ist kein Sprint, der in kürzester Zeit absolviert werden kann. Vielmehr ist es ein Marathon, der Jahre dauern kann, bis er erfolgreich zu Ende gebracht wird.
Bei der Einführung eines Programms in dieser Dimension ist es entscheidend, die eigene Programmlandschaft (den Ausgangspunkt) zu verstehen, die IT- und Geschäftsziele aufeinander abzustimmen und die Erwartungen innerhalb der Organisation entsprechend zu managen. All diese Maßnahmen sind von großem Nutzen, da sie es dem Unternehmen ermöglichen, den Kunden die bestmögliche Erfahrung zu bieten.
Die Autoren:
Ash Shah ist als Global Programs Director bei der AXA Group Operations für alle globalen Programme inklusive AXA’s „Move to the Cloud“ verantwortlich. Davor war er als Regional CIO und Chief of Staff für AXA Asien für die IT Operations der AXA in Asien verantwortlich.
Dr. Nikolaus Schmidt ist als Head of IT Products & Integration in der AXA Group Operations Germany GmbH für die lokale Integration der IT-Infrastrukturplattformen verantwortlich. Zuvor war er als Senior Manager bei Accenture und IBM in Deutschland sowie Asien tätig.