Wie Automatisierung nachhaltigen Mehrwert schafft

Ein konkreter nachhaltiger Mehrwert durch Automatisierung kommt zustande, wenn man innovative neue Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) und Robotics mit einer ganzheitlichen Strategie und Vorgehensweise verbindet. Das zeigt das Fallbeispiel von Fresenius Kabi, einem Gesundheitsunternehmen für hochwertige Arzneimittel und Medizintechnik.

Den Start der Automatisierungsreise bei Fresenius Kabi bildete der Robotic Process Automation (RPA) Pilot in 2018, der in der internen Global Business Services (GBS) Organisation umgesetzt wurde. Dort werden unternehmensweit administrative Prozesse gebündelt. Mit dem Fresenius Kabi Finanzvorstand und Sponsor der Initiative, Gerrit Steen, wurde 2019 die strategische Zielsetzung erweitert: „Digitale Technologien verändern nachhaltig die Art und Weise wie wir leben und arbeiten. Wir zielen ab auf einen zusätzlichen Mehrwert durch die schnelle unternehmensweite Skalierung intelligenter Automatisierung (Robotics & KI).”

Klar war, dass ein erfolgversprechender Lösungsansatz radikales Umdenken erfordern würde. Es wurde ein Setup benötigt, welches deutlich skalierbarer ist – schnell, funktional, aber auch technologisch. Zudem mussten die Suche nach hochwertigen Use Cases verbessert und die Implementierungs- und laufenden Kosten der Automatisierung zeitnah gesenkt werden. Weiter wurde von Beginn an ein enger Fokus auf greifbare ergebniswirksame Einsparungen erwartet. Der gewählte Ansatz lässt sich anhand von sieben Punkten erläutern.

1. Neues Setup für exponentielles Wachstum

Es wurde bewusst auf das Konzept einer exponentiellen Organisation gesetzt. Ein kleines Kernteam nutzt strategische Partnerschaften und ermöglicht dadurch eine schnelle Skalierung in unterschiedlichste Unternehmensbereiche sowie die Nutzung neuester Technologien zu überschaubaren Kosten. Partnerschaften wurden etabliert mit Technologie- und IT-Infrastrukturanbietern sowie einem globalen Automatisierungspartner für Discovery (Use case Suche), Implementierung und Betrieb.

2. Fokus auf Maximierung des Mehrwerts

Der Fokus auf den konkreten Mehrwert zeigt sich insbesondere durch ein neuartiges kommerzielles Modell, das für die Auswahl des Automatisierungspartners entscheidend war:

  • Basierend auf den Geschäftszielen werden zu Beginn des Projektes Wertkategorien definiert, die im Fokus stehen (z. B. greifbare ergebniswirksame Einsparungen). Dies gibt die Richtung für die Discovery Phase vor.
  • Sobald der Bot produktiv läuft, erfolgt die endgültige Messung des Mehrwertes, der durch die Automatisierung erzielt wurde. Zugleich bestimmt eine vordefinierte Formel die Entlohnung des Implementierungspartners.
  • Erste Zahlungen an den Implementierungspartner beginnen erst nach der Stabilisierung der Automatisierung. Sie decken die Kosten ab für Discovery, Implementierung und Betrieb.

Fresenius Kabi Chief Information Officer Stefano Alecu erläutert: „Der Ansatz ermöglicht es uns, alle Beteiligten voll und ganz auf das Wertergebnis zu fokussieren. Dies ist ein wichtiges Element, um den konkreten Mehrwert zu maximieren, der durch intelligente Automatisierung generiert wird, und gleichzeitig die Investitionskosten und -risiken zu minimieren, nicht nur in Krisenzeiten.“

3. Automatisierung und Künstliche Intelligenz

Ziel ist es den End-to-End Prozess zu automatisieren unter Anwendung verschiedenster sowohl innovativer neuer (Robotics, KI) als auch altbewährter Technologien (ERP, VBA).

Ein lösungsorientierter Ansatz ist dabei wichtig. Es müssen die richtigen Technologien zum Teil in Kombination angewendet werden, um Mehrwert zu schaffen. Bei KI stehen etablierte Anwendungsbereiche im Fokus (z. B. Chatbots, Computer Vision, NLP, Recommendation & Forecasting Engines).

4. Unternehmensweiter Ansatz

Das übergeordnete Ziel ist, die Organisation in die Lage zu versetzen, mit möglichst wenigen Hürden Zugriff auf Automatisierungslösungen zu haben, Bereiche mit hohem Potential für Intelligente Automatisierung wurden zu Beginn definiert und werden nun schrittweise und strukturiert abgearbeitet. Darüber hinaus gibt es für die breitere Organisation das Angebot, auch einzelne Use Cases umzusetzen um erste Erfahrungen zu sammeln.

5. Solide Governance

Die globalen Geschäftsprozessexperten sind wichtiger Teil der Governance. Sie unterstützen bei der Entscheidung, wo Automatisierung Sinn macht – insbesondere vor dem Hintergrund der etablierten Systemlandschaft, der langfristigen Prozessstrategie und entsprechender Projekte. Sie leiten zudem Communities mit lokalen Experten. Dadurch können lokal relevante gemeinsame Use Cases identifiziert, bewertet und die Veränderung effektiv vorangetrieben werden.

6. Treiber für Harmonisierung und Standardisierung

Intelligente Automatisierung lässt sich als Treiber für Harmonisierung und Standardisierung nutzen. Während der strukturierten Discovery Phase werden Bereiche mit großem Potenzial identifiziert. Klar definierte Standardisierungen, die für die Automatisierung erforderlich sind, werden sichtbar. So kann im Anschluss eine Kosten-Nutzen- Analyse dieser spezifischen Änderungen durchgeführt werden.

7. Differenzierter und explorativer Ansatz

Es gibt verschiedene Angebote an die Geschäftseinheiten. Diese reichen von der Umsetzung einzelner Use Cases bis hin zu dem transformativen mehrwertbasierten Ansatz. Zudem wird experimentiert: Zum einen geht es um die Frage, wie das Thema in der Organisation am effektivsten vorangetrieben werden kann. Zum anderen wird neben der State-of-the-art Automatisierung von reifen und gut standardisierten Prozessen ein explorativer Ansatz verfolgt. Hier werden KI Use Cases verprobt, um die übergeordnete Automatisierung zu ergänzen oder ganz neue Anwendungsfälle zu ermöglichen.

Erste Erfolge und Ausblick

Wenige Monate nach Einführung des neuen Setups wurden in vielen Bereichen bereits Erfolge erzielt:

  • Das neuartige mehrwertbasierte Modell wird in der GBS Organisation pilotiert.
  • In weiteren Bereichen wie Beschaffung, Vertrieb und Marketing, Finanzen, IT, Compliance und Treasury werden Workshops durchgeführt, um mehrere valide Use Cases zu identifizieren. Parallel wurden bereits erste Use Cases umgesetzt.
  • Zahlreiche KI Use Case Ideen wurden identifiziert. Aktuell läuft die Auswahl des Piloten – Ziel: überschaubare Komplexität und ein sehr klares Nutzenprofil.

Die Priorität für die nächsten Monate liegt in der reibungslosen Ausführung.

Businessprioritäten ändern sich, Anforderungen steigen und die Dynamik der technologischen Entwicklung wird zulegen. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, sowohl das Kernteam als auch das Betriebsmodell kontinuierlich weiterzuentwickeln. So kann diese Digitalisierungsinitiative weiter erfolgreich vorangetrieben werden, im Sinne des Nutzens für das Unternehmen und der Mitarbeiter. Spannende Zeiten liegen vor uns!

Der Autor: Norbert Clemens ist Senior Vice President für Robotics und KI bei Fresenius Kabi. Als Finanzexperte leitet er seit September 2019 die unternehmensweite Skalierung von Intelligenter Automatisierung. Zuvor war er verantwortlich für Aufbau und Leitung der Global Business Services und IKS Organisation.

Fresenius Kabi ist ein weltweit tätiges Gesundheitsunternehmen und gehört zur Fresenius Gruppe.

 

 

Englischsprachige Version des Beitrags: How Automation creates sustainable added value