So funktioniert Kollaboration in Ökosystemen

Der Aufbau starker, digitaler Ökosysteme ist zukunftsweisend und erfolgskritisch für Versicherungsunternehmen. Kollaboration ist der Schlüssel, der die Türen neuer Ökosysteme öffnet. Um dem Kunden der Zukunft komfortable, schnelle, maßgeschneiderte und sichere Lösungen bieten zu können, müssen Versicherer, Technologieexperten, Startups und Forschung eng zusammenarbeiten und in einem regen, transparenten und wertstiftenden Austausch miteinander stehen.

Die andauernde Covid-19 Pandemie hat innerhalb der Versicherungsbranche aufgezeigt, wie wichtig digitale Produkte, Service- und Vertriebskanäle sind. Diese werden insbesondere dafür benötigt, um Distanzen zu überwinden und im Dialog zu bleiben. Die InsurTech-Branche liefert entlang der Wertschöpfungskette von traditionellen Versicherungsunternehmen digitale Lösungen und Bausteine, die einen Unterschied zwischen digitalen Gewinnern und Verlierern ausmachen können.

Die Pandemie war also ein echter Beschleuniger für die etablierten Versicherer in Bezug auf alle Digitalisierungsprojekte. Dies hat auch einen konkreten Einfluss auf das Verhältnis zwischen etablierten Versicherern und InsurTechs, denn den Versicherern wurde klar, dass Digitalisierung ein „Muss“ ist und keinen kurzweiligen Trend abbildet. Daher bleibt es weiterhin wichtig, geeignete Kooperationspartner zu identifizieren und gemeinsame Projekte gezielt zu fördern, um so das Ökosystem und die eigenen Fähigkeiten weiter auszubauen.

Insbesondere das Thema Ökosysteme ist seit einigen Jahren in aller Munde – Grund dafür ist neben der mittlerweile ausgereiften technologischen Basis vor allem die konsequente Kundenorientierung. So entstehen Stück für Stück tief integrierte Angebotswelten, welche die Bedürfnisse der Kunden ganzheitlich adressieren.

Innerhalb eines Ökosystems ist es für die Akteure essenziell, ihre eigene Rolle zu definieren, um so Zuständigkeiten und Erwartungen zu kennen und als Orchestrator, Schlüsselpartner, Teilnehmer oder Kunde agieren zu können.

Fokusthema für die Brancheninitiative InsurLab Germany

Der Auf- und Ausbau von digitalen Ökosystemen ist ebenfalls ein definiertes Fokusthema im Mitgliederkreis des InsurLab Germany, da es bestehenden Produkt- und Service-Angeboten weitere Vertriebskanäle und Kundenzugänge verspricht – zusätzlich bietet die Mitwirkung und Gestaltung von Ökosystemen Potenziale, um neue integrierte Produkt- und Service- Angebote zu schaffen, beispielsweise in den Bereichen „Digital Health“ und „Smart Home“. Innerhalb der Brancheninitiative zeigt sich, dass das Thema immer mehr an Relevanz gewinnt – somit umfasst das zweite InsurLab Germany Halbjahr das Thema „digitale Ökosysteme“. Im Rahmen der sogenannten „InsurLab Journey“ werden Workshop- und Veranstaltungsformate angeboten, die das Thema Schritt für Schritt aufgleisen und einen thematischen Tiefgang innerhalb des Mitgliederkreises ermöglichen. In Form eines abschließenden Whitepapers soll den Mitgliedern ein Leitfaden an die Hand gegeben werden, der den Aufbau oder Ausbau eines Ökosystems erleichtert.

Auch die neu etablierte jährliche Kongressmesse insureNXT, die von der Koelnmesse und dem InsurLab Germany organisiert und veranstaltet wird, macht es sich zur Aufgabe, branchenübergreifenden Lösungen, neuen Ökosystemen und Geschäftsmodellen eine Plattform zu bieten, um gemeinsam die Herausforderungen der digitalen Transformation und steigenden Kundenansprüche in der Versicherungswirtschaft zu bewältigen. Zusammen mit den Versicherern, Startups und den cross-industriellen Beteiligten wird der Weg für eine neue Generation von Versicherungsprodukten und innovativen Services bereitet.

FRIDA liefert technologische Grundlagen

Darüber hinaus ist die Free Insurance Data Initiative – kurz FRIDA – aus einem Zusammenschluss verschiedener Marktteilnehmer und Mitgliedsunternehmen entstanden, um anhand von konkreten Use Cases kollaborativ, praktisch und non-profit orientiert offene technische Schnittstellen zur Verfügung zu stellen, die damit technologische Grundlagen für die Realisierung von digitalen Ökosystemen liefert. FRIDA soll dabei insbesondere aus Endkundensicht zur schnellen und unkomplizierten Abwicklung von Versicherungsangelegenheiten beitragen und gleichzeitig die Souveränität über persönliche Daten am Endkunden überlassen.

Durch die offenen Schnittstellen sollen eine Reduzierung von Komplexität, damit verbunden auch reduzierte Prozess- und Betriebskosten, und eine höhere Interoperabilität zwischen verschiedenen Services und Dienstleistern erreicht werden. Zusätzlich ermög
lichen offene Schnittstellen, analog zu PSD 2 aus dem Open Banking, die Möglichkeit einer exponentiellen Zunahme von Services, die das „Erlebnis Versicherung“ in den nächsten Jahren stark verändern dürfte.

Zukunftsthema „Embedded Insurance“

Ein weiteres Zukunftsthema, welches sich aus den Ökosystemen heraus entwickelt, stellt das Thema „Embedded Insurance“ dar. Klassische Versicherungsleistungen werden in ein anderes Angebot eingebettet, das von dem Kunden erworben wird. Somit wird das Versicherungsprodukt dem Kunden nicht direkt verkauft, sondern als integriertes „Feature“ und Komfortmerkmal angeboten. Dafür müssen Versicherer den Umfang dessen, was sie ihren Kunden anbieten, neu definieren, und zwar so, dass sie nicht nur das Risikoprodukt, sondern auch Mehrwertdienste aus einem breiten Ökosystem und ein überzeugendes Kundenerlebnis anbieten. Infolgedessen können neue und innovative Geschäftsmodelle entstehen sowie die Kunden flexibel erreicht und eingebunden werden.

Es wird deutlich, dass Kollaborationen die Grundlage für den Aufbau von Ökosystemen und weiteren Zukunftsthemen darstellen. Damit dies erfolgreich gelingen kann, müssen die Akteure über ihre Unternehmensgrenzen hinausdenken und das klassische Silo-Denken hinter sich lassen.

Dazu gehört auch Partner in neue Geschäftsmodelle einzubeziehen und die Potenziale in der Erschließung neuer Vertriebswege für bestehende Produkte und neue Produktkategorien zu erkennen. Hierbei unterstützt das InsurLab Germany, um die Digitalisierung und Transformation der Versicherungswirtschaft weiter voranzutreiben.

Die Autoren:

Dr. Mathias Bühring-Uhle ist Vorstandsvorsitzender des InsurLab Germany e.V. und Vorstand im Gothaer Konzern. Im Gothaer Vorstand verantwortet er seit 2009 neben der IT, Operations und Digitalisierung die Bereiche Allgemeine Verwaltung, Zahlungssysteme, Informationslogistik, Konzernorganisation und Datenmanagement.

 

 

Sebastian Pitzler, MBA ist Geschäftsführer des InsurLab Germany e.V. Das InsurLab Germany ist als Teil der sogenannten Digital Hub Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie InsurTech Kompetenzstandort in Köln.