Organisatorische Voraussetzungen und Hebel für erfolgreiches PVM

Die Einleitung eines ganzheitlichen Veränderungsprozesses der Organisation in der Produktentwicklung stellt einen wichtigen Erfolgsfaktor zur nachhaltigen Implementierung von PVM dar. Vier Hebel mit Organisations- und Personalbezug bilden daher die zentrale Voraussetzung für die erfolgreiche Einführung.

Product Value Management (PVM) bewegt sich im Spannungsfeld zwischen technischer Exzellenz, kommerziellen Anforderungen hinsichtlich Profitabilität und Marktpreisen sowie kulturellen und organisatorischen Rahmenbedingungen. Es zielt darauf ab, Vorgehensweisen und Methoden zu implementieren, um Risiken im Rahmen des Produktentwicklungsprozesses zu managen sowie Produkte für den Kundennutzen und im Hinblick auf unterschiedliche Sustainability-Aspekte zu optimieren. Eine zielgerichtete Einführung bedeutet gleichzeitig Änderungen für Führungskräfte und Mitarbeiter.

Der dafür erforderliche ganzheitliche Ansatz bedeutet eine Veränderung, welche die Mitarbeiter, die Führungskräfte, die Organisation und die Kultur miteinander in Einklang bringt.

Hebel 1: Mitarbeiter

Um den Handlungsbedarf im Hinblick auf die für PVM notwendigen technischen, methodischen
und persönlichen Fähigkeiten der Mitarbeiter einschätzen zu können, gilt es drei Fragen zu klären:

  • Über welches Profil verfügen die Mitarbeiter?
  • Was sind die Anforderungen an die Mitarbeiter, um eine konsequente PVM-Anwendung zu gewährleisten?
  • Mit welchen Maßnahmen kann eine mögliche Lücke geschlossen werden?

Die benötigte Kombination von Kompetenzen, Erfahrungen, persönlichen Treibern und
Charaktereigenschaften werden in Success-Profilen dokumentiert. Dabei spielen nicht nur die fachlichen Kompetenzen, sondern insbesondere die Verhaltenskompetenzen und persönlichen Treiber eine entscheidende Rolle. Nach unserer Erfahrung werden diese unterschätzt und unzureichend in den Success-Profilen dokumentiert. Sie können im Rahmen eines strukturierten Assessments erhoben werden. In mitbestimmungspflichtigen Ländern werden in der Regel nur Assessments bei Führungskräften durchgeführt.

Aus den Abweichungen zwischen den Success-Profilen und den erhobenen Daten ergibt sich der quantifizierte Änderungsbedarf. Damit können gezielt die notwendigen Massnahmen wie Trainings, Coaching oder Rekrutierung ausgewählt werden.

 

Erfolgsfaktoren einer organisatorischen Verankerung von PVM

 

 

 

 

 

Hebel 2: Führungskräfte

Bei der Bewertung der PVM-Stärke eines Führungsteams stellt sich nicht nur die Frage, bis zu welchem Grad die Führungskräfte dem benötigten Success-Profil entsprechen. Zusätzlich muss das Zusammenspiel der Führungsmannschaft – ein entscheidender Baustein für die erfolgreiche Umsetzung von PVM – betrachtet werden. Hierbei ist eine typische Herausforderung, dass Führungskräfte vor allem Bereichsinteressen vertreten. Neben individuellem Coaching und ggf. externer Rekrutierung haben sich Teambuilding und Coaching-Maßnahmen für das gesamte Führungsteam bewährt.

Hebel 3: Organisation

Bei der Produktentwicklung haben sich in den letzten Jahren durchgängig agile Strukturen etabliert. Hierbei ist es entscheidend, entsprechende Arbeitsweisen in die Organisationsstruktur zu implementieren und diese zu kommunizieren sowie die funktionsübergreifende Zusammenarbeit zu stärken. Dies gilt für das gesamte Unternehmen, da die Grenzen zwischen den einzelnen Bereichen zunehmend verwischen. So werden z.B. Beschaffung (können die benötigten Materialien in der richtigen Qualität, Nachhaltigkeit und Menge beschafft werden?) und Vertrieb (welche Kundenanforderungen gibt es?) zunehmend enger in die Produktentwicklung mit einbezogen.

Die erfolgreiche Umsetzung vom PVM kann zusätzlich beschleunigt werden, indem neue Performance-Management-Ansätze zum Einsatz kommen, die sich u.a. im Leistungssport als wirksam herausgestellt haben. Dies bedeutet, dass sich die Rückmeldungen besser nach dem Rhythmus der individuellen Arbeit der Beteiligten richten als nach einem Jahresplan. Dadurch wird das Feedback in das tägliche Arbeitsgeschehen eingebunden, was zu einer kontinuierlichen Rückmeldungspraxis führt. Ferner sollte ein kritischer Rückblick auf ein Projekt nicht nur mit dem Verantwortlichen, sondern auch mit den (PVM-)Fachexperten durchgeführt werden.

Hebel 4: Kultur

Kultur wird oft als ein weicher Faktor eingestuft, der deshalb vor allem in stark technisch geprägten Organisationen vernachlässigt wird. Eine zentrale Rolle kommt innerhalb einer Organisation bestimmten Verhaltensweisen zu, um Entwicklungen erfolgreich abzuschliessen und neue Talente gut in die Organisation zu integrieren. Ein solches gewünschtes Verhalten muss gefördert und sukzessive in die Organisation getragen werden.

Dabei ist es unabdingbar, Führungskräfte in die Transformation einzubinden und zu unterstützen, damit sie als Vorbilder die Veränderung gestalten können. Ebenso gilt es, Angebote zur Verbesserung der Softskills zu schaffen, aber auch neue Verhaltensweisen innerhalb der Organisation einzuüben. Erfahrungsgemäss können diese Veränderungen erfolgreicher gestaltet werden, indem unterschiedliche Maßnahmen miteinander kombiniert werden, weshalb weitere flankierende Maßnahmen wie zum Beispiel eine Anpassung der Anreizsysteme, ein breiteres Change Management und Kommunikationsaspekte hinzugefügt werden.

Das beste PVM-Konzept kann folgerichtig nur verankert werden, wenn einerseits die organisatorischen Voraussetzungen mitgedacht sowie Mitarbeiter und Führungskräfte mitgenommen, andererseits die Organisationsstrukturen und die Kultur entsprechend angepasst werden.

Die Autoren:
Frédéric Pirker verantwortet als Senior Client Partner bei Korn Ferry den Bereich  Organisationsstrategie. Er betreut führende Industrie- und Konsumgüterunternehmen in ihren Transformationsinitiativen.

 

 

 

Niklas Hoppe arbeitet als Senior Client  Partner bei Korn Ferry und  betreut seit mehr als 25 Jahren global führende industrielle Unternehmen bei Reorganisationen und Transformationen.