Intelligente Automatisierung: Aus bunten Bausteinen entsteht ein stimmiges Gesamtbild

In Zeiten zunehmenden Kostendrucks, steigender Qualitäts- und Zeitanforderungen stellt „Intelligent Automation (IA)“ eine Möglichkeit dar, um den Herausforderungen des Marktes zu begegnen – zumal auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr die notwendigen qualifizierten Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Die Intelligente Automatisierung benötigt jedoch mehr als Robotic Process Automation (RPA).

Gerade bei wachsenden Datenbergen und dem Versuch der maximalen Automatisierung von Prozessen ist es wichtiger denn je, darüber nachzudenken, wie Insellösungen orchestriert werden. Dadurch können Unternehmensprozesse effektiver gestaltet sowie Sicherheits- und Compliance-Anforderungen eingehalten werden.

In den letzten Jahren haben viele Abteilungen im Unternehmen ihre Digitalisierungs- und Automatisierungslösungen autark realisiert. Resultat: Ein neutraler, ganzheitlicher Blick auf die Digitalisierungslösungen in so einem Unternehmen wirkt häufig, als wage man einen Blick in ein Kinderzimmer und entdecke einen großen Berg unsortierter bunter Bausteine. Jeder Baustein für sich wird benötigt und erfüllt einen bestimmten Zweck. Die Aufgabe der intelligenten Automatisierung ist es nun, die einzelnen Teile zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen. Denn so werden die gesetzten Ziele besser erreicht.

Es fehlt noch die übergreifende Digitalisierungsstrategie

Nehmen wir als Beispiel einen Unternehmensprozess, der sich mit den Wirkungszusammenhängen vom Einkauf von Waren bis hin zur Bezahlung beschäftigt. Jeder Bereich betrachtet dabei die Prozesse individuell: der Einkauf, die Kreditorenbuchhaltung, die Treasury- oder Compliance-Abteilung. Dies führt zu Silodenken, die Automatisierungslösungen lösen die Herausforderungen nur kurzfristig. Es fehlt der Einsatz einer übergreifenden Digitalisierungsstrategie.

Schaut man sich aber die genutzten Daten-, Kennzahlenlogiken oder auch die Prozessabhängigkeiten im Detail an, erkennt man, dass große Schnittmengen hinsichtlich der benötigten Informationen existieren.

Betrachtet man nun auch noch die digitalen Bausteine zum Umgang mit diesen Informationen, so findet man ein breites technisches Portfolio von Process-Mining-  und RPA-Lösungen, Data Analytics und Machine-Learning-Komponenten sowie weitere Bausteine, die einzeln im Unternehmen genutzt werden, aber in Ihrer Wirkungsweise nicht aufeinander aufbauen. Welche Vorteile durch eine intelligente Kombination der Einzelbausteine erzielt werden, lässt sich am Beispiel eines internen Kontrollsystems sehr gut aufzeigen.

Intelligente Automatisierung am Beispiel eines  internen Kontrollsystems

Jeder Prozess generiert Unmengen von Daten; regulatorische Prozesse, Kunden- und Lieferantenanforderungen werden stetig komplexer. Parallel dazu ist es notwendig, Kontrollmechanismen auf dem aktuellsten technischen Stand zu halten. Deshalb werden im Rahmen der Digitalisierung auch die Kontrollhandlungen stetig weiter automatisiert und RPA-Lösungen eingesetzt.

Die kleinen Programme können zum Beispiel Konflikte zwischen Berechtigungen erkennen, darüber informieren und diese auch selbständig beseitigen, wenn zum Beispiel ein Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens die Position wechselt.

Bisher funktionieren nur wenige dieser Lösungen vollautomatisch. Kombiniert man aber die bestehenden Automatisierungslösungen mit Machine Learning oder Process-Mining-Komponenten, so können häufig Risiken besser erkannt, Handlungsoptionen aufgezeigt oder negative Ereignisse verhindert werden.

Dies bedeutet, dass auch unsere Kontroll- und Steuerungsverfahren sich von einer Stichproben- oder Ereignisorientierung zunehmend entfernen. Es werden permanent Vollauswertungen von Daten erfolgen, und wir müssen nicht mehr nach Auffälligkeiten suchen. Anomalien werden automatisch erkannt und wir werden darauf hingewiesen.

Die Digitalisierungsbausteine geschickt kombinieren

Um diesen Zustand zu erreichen, gilt es zunächst die Unternehmensdaten zu digitalisieren, Fehlendes zu vervollständigen und den Umgang mit Daten zu verändern. Dies erfordert auch, dass die Mitarbeiter im Unternehmen lernen müssen, mit den einzelnen Digitalisierungsbausteinen umzugehen und diese geschickt miteinander zu kombinieren. Im Rahmen einer zu definierenden Governance muss auch das Zusammenwirken
zwischen den Fach- und IT-Abteilungen so definiert sein, dass die Lösungswerkzeuge schnell und agil eingesetzt werden und dabei alle rechtlichen Anforderungen erfüllen. Übergreifend müssen diese Initiativen als Teil der Digitalisierungs- und Unternehmensstrategie verankert werden.

Die Wirksamkeit und die Richtigkeit des Einsatzes der Digitalisierungskomponenten werden flankierend durch Prüfungsausschüsse, den Aufsichtsrat oder auch den Vorstand überwacht. In Summe bietet die intelligente Automatisierung die Möglichkeit, weitere Kosten im Unternehmen einzusparen, zeitgleich die Aussagekraft und die Qualität von Daten in kürzerer Zeit zu erhöhen.

Der Autor: Marc Ennemann ist Partner in der Beratungssparte der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Mitglied im Leadershipteam des KPMG Lighthouse zur Realisierung von Data Analytics und Intelligent Automation Lösungen. Er führte eine Vielzahl von Projekten im Rahmen der digitalen Transformation durch. Mit Studien wie „Survival of the Smartest“ legte er Grundsteine für die ganzheitliche Transformation. Seine langjährige Expertise im Bereich Technologie, Medien und Telekommunikation ist die Grundlage für eine ganzheitliche Beratung im Rahmen der Automatisierung von Geschäftsprozessen. Hybride Lösungsmodelle wie die kombinierte Nutzung verschiedenster Technologien von RPA bis hin zu KI-Komponenten sind sein zentraler Beratungsauftrag. Das Beratungsspektrum von Marc Ennemann reicht von der digitalen Geschäftsstrategie, der Erarbeitung von Umsetzungskonzepten bis hin zur Implementierung von technischen Lösungen.