Der Kunde – das unbekannte Wesen?

In der Konsumgüterindustrie zeichnet sich ein Perspektivenwechsel ab: weg von der reinen, althergebrachten Produktfokussierung hin zu einer stärker ausgeprägten Kundenorientierung. Vorreiter der Branche zeigen, wie ein cloudbasierter Omnikanal kombiniert mit Künstlicher Intelligenz neues Wissen über Kundenbedürfnisse generiert. Und sie nutzen dieses Wissen, um die Markenbindung breiter Käuferschichten nachhaltig zu festigen und zugleich mit neuen Services die Wertschöpfung jeder einzelnen Kundenbeziehung zu optimieren.

Die Qualität eines Produkts allein ist längst kein Garant mehr für langfristige Markenbindung. Egal, ob Kosmetik, Mode, Möbel oder hochwertige Küchenhelfer: Konsumgüter erfüllen heute nicht nur ihren unmittelbaren Zweck, sondern dienen den Verbraucher:innen auch zur Verwirklichung ihres individuellen Lebensstils. Doch was wünschen sich Kund:innen in einer ganz bestimmten Situation? Und welche Bedürfnisse werden sie morgen haben? Solche Informationen – auf einzelne Kund:innen heruntergebrochen – können weder die Durchschnittwerte einer stichprobenartigen Kundenbefragung liefern noch die starren Raster bei konventioneller Zielgruppensegmentierung.

Viele Hersteller erkennen zunehmend, wie wichtig es ist, ihre Kund:innen wirklich zu kennen, näher an sie heranzurücken. Im klassischen Modell fehlte ihnen diese Nähe. Sie konzentrierten sich aufs Produkt, der Verkauf erfolgte über den Handel. Jetzt wollen sie aus den unbekannten Wesen bekannte Kund:innen machen. Denn nur wer seine Kund:innen kennt, kann sie individuell ansprechen. Dabei kommt es auf persönliche Relevanz der Inhalte an – genau dafür ist datenbasiertes Wissen unverzichtbar.

From unknown to known – Kund:innen wirklich kennenlernen

Wie kann dieses Kennenlernen Herstellern gelingen, die bisher keine oder nur wenige direkte Kontaktpunkte zu ihren Kund:innen haben? Die immer digitalere Customer Journey liefert darauf die Antwort. Denn Hersteller können online an unterschiedlichsten Stellen wie etwa in Foren, Blogs oder Social Media Touchpoints mit Kund:innen haben. Denn diese Menschen informieren sich je nach Lebenssituation über unter schiedliche Themen oder sind auf der Suche nach etwas. Natürlich hat nicht jeder Kaufprozess von Konsumgütern eine mehrstufige Vorgeschichte. Aber für jede:n gibt es Moments of Meaning: Situationen, die für sie eine besondere Bedeutung haben. Das können große Lebensmomente sein – Pubertät, Hochzeit, Familiengründung – aber auch viele kleine Momente. Hier können Marken als Partner auftreten, persönliche Mehrwerte bieten – und so eine gemeinsame, längerfristige Reise mit den Kund:innen beginnen.

Ein Beispiel veranschaulicht den möglichen Ablauf: Die 25­-jährige Studentin Lisa stöbert im
Netz nach Beautyprodukten; auf Instagram findet sie eine interessante Anzeige bei einer Beauty-Influencerin – eine Targeted Ad auf Basis ihres Nutzerprofils. Das bringt sie in den Onlineshop des Kosmetikherstellers, wo sie mit einem Chatbot kurz die Verfügbarkeit bestimmter Produkte klärt und sich dann für einige davon entscheidet. Beim Einkaufsprozess stellt der intelligente KI­Assistent fest, dass Lisa in den letzten 12 Monaten zweimal online bestellt hat, aber noch keine Kundenkarte besitzt. So lädt er sie zum Loyalty-­Programm des Unternehmens und zum Download der App ein. Ihre Daten kann er direkt aus dem gespeicherten Datensatz übernehmen, ihre digitale Kundenkarte bekommt sie sofort auf ihr Smartphone. Die KI hat auch erkannt, dass Lisa bei beiden Käufen die gleiche Marke gewählt hat. Da genau diese Marke kommende Woche eine kostenlose Make­-up­-Beratung bei einem Händler in der Nähe durchführt, bietet die KI Lisa einen Termin dafür an. Lisa freut sich über diesen Service, bucht ihn und ist zufrieden.

Ein solches Szenario ist in der Theorie nicht neu, doch in der Praxis bisher selten umgesetzt. Denn um ein solches Angebot tatsächlich zu realisieren, bedarf es einer unternehmensweiten 360­-Grad-Sicht auf jeden Kunden, vom Marketing über den E­-Commerce bis hin zu eventuell vorhandenen stationären Händlern.

Entscheidend ist es, wie gut es Unternehmen gelingt, Daten zu sammeln und Schritt für Schritt anzureichern. Dann haben Hersteller die Möglichkeit, die Verbraucher:innen als Individuen gezielt anzusprechen und bei jeder Interaktion die wichtigsten Fragen zu den Kund:innen zu beantworten: Kennen wir diese Person? Wo kommt sie her? Woran ist sie interessiert? Diese Eckdaten ermöglichen es anschließend, das Angebot individuell an die Bedürfnisse und Erwartungen anzupassen.

360-Grad-Rundumsicht auf Kund:innen

In der Vielzahl potenzieller Kontaktpunkte bedeutet das auch, dass Hersteller nur dann zu einem vollständigen Bild gelangen, wenn sie Facetten aus allen Bereichen zusammensetzen können. Wir sehen bei Kunden wie Adidas, Beiersdorf, Sonos oder der Coca­-Cola Company, wie sie auf diesem Weg voranschreiten und unsere Technologie nutzen, um ihre Kund:innen kennenzulernen und einen 360­-Grad­-Blick auf sie zu gewinnen.

Mit Customer 360 bringen unsere Kunden Marketing, Service, Vertrieb und Handel zusammen. So erhalten sie ein umfassendes Bild ihrer Kund:innen – und so können sie ihnen gegenüber konsistent auftreten. Denn das Kundenerlebnis an jedem Touchpoint, in jedem Kanal basiert auf einer gemeinsamen Quelle.

Mehr Kundennähe bringt Konsumgüterherstellern eine ganze Reihe von Vorteilen: Wer Kund:innen kennt, kann sie im richtigen Moment mit dem richtigen Angebot adressieren. So lassen sich auch weitere Produkte und Services anbieten. Eine echte Kundenbeziehung erhöht die Kundenbindung und so den Customer Lifetime Value. Marken gibt die Beziehung ein Unterscheidungsmerkmal, das Kund:innen bei Produkten zunehmend weniger wahrnehmen.

Die intelligente Auswertung von Kundendaten erlaubt zudem eine viel gezieltere Marketingansprache, das Budget lässt sich also deutlich effizienter einsetzen. Und nicht zuletzt: Wenn Hersteller direkt von Kund:innen Feedback erhalten, können sie dieses direkt in ihre Produktentwicklung einfließen lassen – und sind nicht rein auf aufwändige Marktforschung angewiesen.

Unsere Kunden wollen ihre Kund:innen auf ihrer Customer Journey von A bis Z begleiten. So erfahren sie noch mehr über die sich wandelnden Kundenbedürfnisse und können das Potenzial jeder einzelnen Kundenbeziehung so weit wie möglich ausschöpfen. Die Kund:innen sind es, die ihre Produkte kaufen, ihre Services nutzen, über ihren Erfolg entscheiden und so auch Innovation treiben. Deshalb sollten sie immer im Mittelpunkt stehen.

Die Autorin: Nadine Wolanke ist bei Salesforce verantwortlich für den Retail- und Konsumgüterbereich. Sie ist seit 2013 bei Salesforce in unterschiedlichen Rollen aktiv und blickt auf über 15 Jahre Erfahrung in der Technologiebranche zurück. Salesforce wurde 1999 gegründet und ist heute der weltweit führende CRM-Anbieter.