Der KI-Zug ist abgefahren – wie Sie doch noch aufspringen können

Reden wir nicht lange um den heißen Brei herum: Automatisierung und Künstliche Intelligenz (KI) bedrohen Arbeitsplätze. Der Grund liegt jedoch nicht darin, dass Arbeitsplätze im einzelnen Unternehmen „wegautomatisiert“ werden, KI automatisiert ja nur einzelne Arbeitsschritte. Vielmehr liegt es daran, dass immer mehr Firmen KI und Automatisierung schnell erfolgreich einsetzen – und ihre Konkurrenz damit rasant aus dem Markt verdrängen.

In diesem Beitrag beleuchten wir fünf einfache Schritte, mit denen man KI und Automatisierung schnell, erfolgreich und ohne Budget sprengende Kosten in jedes Unternehmen bringen kann.

Schritt 1: Den Zug nicht verpassen

Schon 1926 beschreibt der russische Wirtschaftswissenschaftler Nikolai Kondratjew in seinem Buch „Die langen Wellen der Konjunktur” das Phänomen, dass neue Innovationen immer einen Schub für das Wirtschaftswachstum (und Jobs) bedeuten. Jedoch nur solange die Innovation ein Wettbewerbsvorteil darstellt. Sobald die Mehrheit des Marktes sie adaptiert hat, wird die Innovation zum Wettbewerbsnachteil für die Unternehmen, die sie verpasst haben. Joseph Schumpeter stellt 1939 fest, dass sich diese „Konjunkturzyklen” immer weiter beschleunigen.

Wenn wir diese ökonomischen Grundregeln auf KI und Automatisierung anwenden, sind wir schon mindestens im dritten Jahr eines zehnjährigen Innovationszyklus. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass Unternehmen nur zwei Jahre Zeit haben, bis sich der Wettbewerbsvorteil in einen Wettbewerbsnachteil verwandelt.

Schritt 2: Angst nehmen

Neue Projekte in einem Unternehmen sollte man mit „Changemanagement“ und immer im engen Austausch mit den Mitarbeitern beginnen. Es ist wichtig klar zu machen, dass nicht der einzelne Arbeitsplatz bedroht ist, sondern das gesamte Unternehmen unter Wettbewerbsdruck steht. Erfahrungen zeigen, dass man Angst mit Hilfe von Wissen schnell in Begeisterung umwandeln kann. Wichtig ist zu vermitteln, dass KI nur niedrige Aufgaben automatisiert und sich Mitarbeiter daher auf anspruchsvollere Aufgaben und den direkten Kontakt zu Kunden konzentrieren können.

In den meisten Automatisierungsprojekten kann man eine signifikante Steigerung von Mitarbeiterzufriedenheit messen. Ein guter Einstieg ist zum Beispiel die Dokumentenerfassung, sei es das Anmeldeformular, das Bestellformular oder das Kündigungsschreiben. Kein Angestellter tippt gerne Dokumente ab.

Schritt 3: Veränderung von unten – nicht von oben

Nachdem man alle Mitarbeiter von KI und Automatisierung begeistert hat, sollte man ganz unten anfangen und im engen Austausch mit den Mitarbeitern Aufgaben mit Automatisierungspotential identifizieren. Ein gutes Werkzeug dafür sind regelmäßige „Use Case Discovery“-Workshops. In einem zweistündigen „Design Thinking“-Workshop fragt man beispielsweise die Kollegen im Kundenservice, was belastende, besonders zeitaufwändige und immer wiederkehrende Arbeitsschritte sind, die vom eigentlichen Ziel Kundenservice abhalten.

Wichtig ist es, diese Ideen dann nach zwei Dimensionen zu sortieren: geschätzter Mehrwert und geschätzter Implementierungsaufwand. Hier lässt man einfach jeden Kollegen im Workshop einen gefühlten Wert zwischen 0 und 10 für beide Dimensionen abgeben und berechnet dann den Gruppendurchschnitt. Mit diesem „Wisdom oft the Crowd“-Ansatz hat man schon zahlreiche Probleme effektiv gelöst, sogar schon einmal ein vermisstes Atom-U-Boot gefunden. Für unser Beispiel gilt: Mit dem Quotienten aus Mehrwert und Aufwand lassen sich schnell die „Leichte Beute”-Anwendungsfälle identifizieren.

Schritt 4: Kleine schnelle Schritte

Sicherlich begründet durch unsere Angstkultur werden Projektplanung und Evaluierungen in Deutschland häufig verkompliziert. Sehr oft wird mehr Geld ausgegeben, um eine Technologie auszuwählen, als das Produkt pro Jahr dann kostet. Dabei müssen Tools für die Bildschirmautomatisierung nicht einmal Geld kosten. So verfügt das Apple-Betriebssystem schon seit Jahren über einen sehr guten und kostenlosen „Automator“, jetzt hat auch Microsoft nachgezogen. Auch für KI-basierte Projekte wie Dokumentenverarbeitung gibt es Anbieter wie Automation Hero, bei denen man keine Vorkosten mehr hat: Man bezahlt nur für das, was man verwendet. Somit lassen sich ohne große Investitionen Bilder oder Scans von Dokumenten in Text umwandeln.

Im nächsten Schritt können dann mit KI strukturierte Daten extrahiert werden. Danach ist es möglich, auf Basis dieser Daten eine Geschäftslogik zu implementieren. Mittlerweile lassen sich sogar handgeschriebene Formulare wie Anträge, Bestellungen oder Frachtbriefe mit hoher Genauigkeit verarbeiten. Auch völlig unstrukturierte Dokumente wie Beschwerdemails, Verträge oder Versicherungspolicen lassen sich – mit einer KI, die Sprache versteht – mit menschlicher Genauigkeit automatisieren. Das alles geht mittlerweile ohne KI-Experten und kann mit Hilfe einer einfachen Software „zusammengeklickt” werden.

Schritt 5: Von innen nach außen automatisieren

Wichtig ist es, mit internen Geschäftsprozessen anzufangen und nicht gleich die Kundeninteraktion zu automatisieren. Welcher Kunde findet schon Chatbots gut? Aber mit Sicherheit findet jeder Angestellte das Abtippen von Formularen lästig. Je mehr man den Angestellten nicht-wertschaffende Aufgaben durch Automatisierung abnehmen kann, um so mehr können diese sich auf den Kundenmehrwert konzentrieren. Das kommt garantiert gut an – beim Kunden und beim Mitarbeiter.

Grundsätzlich sollte man immer mit „Human in the loop“ Automatisierungen anfangen, also Automatisierungen, die dem Menschen zuarbeiten, aber dem Mitarbeiter noch volle Kontrolle ermöglichen. Am wichtigsten aber ist: Die Maschine arbeitet für den Menschen.

Der Autor:

Stefan Groschupf ist KI & Big Data Veteran und Gründer von Automation Hero. Automation Hero ist eine preisgekrönte KI Automatisierungsplattform für Geschäftsprozesse mit unstrukturierten Daten, die in kleinen und den größten Unternehmen der Welt eingesetzt wird. Geboren in Halle an der Saale lebt er seit über 15 Jahren in Silicon Valley, wo er mehrere Unternehmen gegründet hat. Von Groschupf entwickelte Technologie wird von jedem der 100 größten Unternehmen eingesetzt.