Business Process Transformation läutet neues Zeitalter des Prozessmanagements ein

Die moderne Geschäftswelt stellt Anforderungen, die Unternehmen nicht mit Business Process Management (BPM) allein stemmen können. Sie strebt nicht nur danach, ihre Prozesse zu optimieren, sondern auch die Innovationszyklen zu beschleunigen, ihre operative Agilität zu erhöhen und gleichzeitig Standardisierung und Automatisierung im Betrieb voranzutreiben. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist dabei die Einbeziehung der Erfahrungswerte der an den Prozessen beteiligten Menschen. Der Weg hin zu diesem Stadium exzellenter Business Execution trägt den Namen Business Process Transformation.

Die Wirtschaft wird immer unvorhersehbarer. Unternehmen müssen daher flexibel sein und möglichst schnell auf Veränderungen reagieren. Dazu gehört auch, die Wünsche der Menschen zu berücksichtigen, die an den Geschäftsprozessen beteiligt sind: Wer sich schnell anpassen kann und seine Kunden, Zulieferer sowie Mitarbeiter kennt, hat den Wettbewerbsvorteil auf seiner Seite. Der Schlüssel dafür ist ein tiefgreifendes Verständnis für die komplexen Abläufe und Prozesse innerhalb und außerhalb des Unternehmens – inklusive ihrer intrinsischen Verknüpfungen. Denn nur wer dieses Verständnis hat, kann auch schnell und zielführend reagieren. Dazu gehört, BPM-Daten mit Erkenntnissen aus sogenannten Experience Journeys – d.h. alle Phasen, die Kunden, Lieferanten und Mitarbeitende mit einem Unternehmen durchlaufen – sowie der möglichst weitreichenden Automatisierung zu vereinen und die Prozesse aller Geschäftsbereiche auf dieser Grundlage kontinuierlich zu optimieren. Nur so können Unternehmen Kunden wie Mitarbeitern und Zulieferern einen spürbaren Mehrwert bieten und gleichzeitig Kosten und Effektivität systematisch steigern.
Auch Geschwindigkeit spielt eine zentrale Rolle für den langfristigen Erfolg: Die Dauer, bis Prozessanalysen zu praxistauglichen Erkenntnissen führen, und die benötige Zeit, um Prozessanpassungen wirksam vorzunehmen, kann in einem sich rasant wandelnden Umfeld den entscheidenden Unterschied bilden, ob eine Organisation es schafft, Resilienz aufzubauen und über einen längeren Zeitraum hinweg zu erhalten.

Der Status Quo im Prozessmanagement

Unternehmen beschäftigen sich bereits seit einigen Jahren einschlägig mit dem Thema Prozessmanagement, insbesondere mit dem Teilbereich der Prozessoptimierung. Für die Informationsbeschaffung über die internen Prozesse setzen sie Prozessanalysen bis hin zu tiefgreifenden Process-Mining-Projekten ein. Dadurch ist es möglich, Prozessabläufe detailliert basierend auf entsprechenden Daten aus der IT-Infrastruktur nachzuvollziehen und aufzuzeichnen. Process Mining ist eine komplexe Arbeit, die mit viel Zeitaufwand verbunden ist. Unternehmen sind daher im Vorteil, wenn sie über Daten verfügen, die ihnen zeigen, wo Process-Mining-Projekte Sinn ergeben.
Dabei darf nicht vergessen werden, dass Process Mining allein kein Allheilmittel ist. Nur mit einem durchdachten und einwandfrei umgesetzten Prozessmanagement, das die Modellierung, Simulation, Gestaltung und Überwachung der Verbesserungen umfasst, und der Einbettung in den Gesamtkontext der langfristigen Transformation kann sich ein nachhaltiger Effekt ergeben – anstelle als isoliertes Stückwerk zu verbleiben.
Prozessanalysen und ein detailliertes Process Mining bilden eine datengestützte Grundlage für alle weiterführenden strategischen Bemühungen, die Unternehmen im Zuge ihres BPM anstoßen können.
Doch so mächtig BPM im Allgemeinen und Prozessanalysen im Speziellen auch sind, der gesamte End-to-End-Prozess ist in der Praxis oftmals nicht vollständig abgedeckt. Es fehlt häufig die externe Komponente: Also die Verbindung etwa zu Kunden oder Dienstleistern. Eine erfolgreiche Prozesstransformation benötigt daher einen holistischen Ansatz, der die verschiedenen Perspektiven aller Parteien und gleichzeitig operative Daten einbezieht.

Holistische Prozesstransformation

Durch die fortschreitende Digitalisierung des Betriebs steigt auch die gesamte Vernetzung aller Abläufe sowie aller Abteilungen im Betrieb und darüber hinaus – und damit die Komplexität des ganzen Gebildes. Unternehmen müssen daher umdenken und ihre herkömmlichen Vorgehensweisen grundlegend neu ausrichten und erweitern. Ein wichtiger Faktor für die Evolution von einer eher taktischen Prozessoptimierung (BPM) zu einem spürbaren, dauerhaften und kundenorientierten systematischen Ansatz ist die Implementierung von Erfahrungsdaten (Experience Data) in die verschiedenen Disziplinen des Prozessmanagements. Beginnend bei der herkömmlichen und prädiktiven Analytik über die Prozessmodellierung und -simulation bis hin zur Automatisierung via Robotic Process Automation sollte das Feedback von Kunden, Mitarbeitern und Zuliefern stetig einfließen.
Das Sammeln von Experience Data kann dabei helfen, besser zu verstehen, wie der Ist-Zustand der Geschäftsprozesse ist und vor allem welche Kausalitäten zwischen operativen Prozessen und beispielsweise der Customer Experience bestehen. Hieraus kann man anschließend wichtige Schlüsse ziehen, welche Auswirkung eine Prozessveränderung auf die Experience hat. Eine „Prozessinventur“ zeigt auf, welche Abläufe funktionieren, welche das Unternehmen optimieren kann und an welcher Stelle eine komplette Neustrukturierung nötig ist. Abgeglichen mit dem Soll-Zustand für die Geschäftsabläufe ergibt sich bereits ein erstes Modell, das Unternehmen dann mit den Erfahrungsdaten von Kunden, Mitarbeitenden und Lieferanten anreichern sollten. Die Akquise dieser Daten erfolgt über unterschiedliche Methoden: Umfragen und Bewertungssysteme sind ebenso aufschlussreich wie die Betrachtung des Net Promoter Score (NPS), einer Kennzahl dafür, ob Kunden das Unternehmen weiterempfehlen würden.
Wichtig ist, dass alle Informationen zentral erfasst und für alle Stakeholder zugänglich sind. Die Zusammenführung des kollektiven Wissens aus allen Teams und Abteilungen befähigt das Management und die Geschäftsführung, datengetriebene Entscheidungen zu treffen und Maßnahmen zu definieren, die auch die Erfahrungen von Kunden, Mitarbeitern und Zulieferern berücksichtigen.
Ein prozessorientierter Ansatz für die Transformation ganzer Geschäftsmodelle gibt darüber hinaus nicht nur Einblicke, was Unternehmen optimieren sollten, automatisieren können und welchen Einfluss das auf Abläufe sowie die Mitarbeiter intern haben wird. Auch wie eine Neuausrichtung und Optimierung der Prozesse sich auf Kostenstrukturen, die Kundenbindung und damit zukünftige Umsatzentwicklungen auswirken wird, lässt sich durch die Berücksichtigung der Erfahrungsdaten simulieren und vorhersagen.
Ein Beispiel: Wer kennt nicht die Chat Bots, die zwar schneller auf Fragen reagieren, aber dann doch keine hilfreichen Antworten liefern? Chat Bots können Kundeninteraktionen automatisieren und somit Prozesse verschlanken. Um sie erfolgreich und nah an den Bedürfnissen der Kunden zu gestalten, ist es nötig, immer wieder einen Puls-Check vorzunehmen, welche Fragen die Kunden tatsächlich beantwortet haben möchten und wie die Antworten aussehen sollten. Je mehr Daten vorhanden sind, umso besser lässt sich antizipieren, in welche Richtung sich der Chat Bot weiterentwickeln sollte, um sein Potenzial voll auszuschöpfen. Entsprechende Anpassungen sollten regelmäßig und umgehend vorgenommen werden, so dass sich der Chat Bot kontinuierlich verbessern kann. Sonst kann eine solche Automatisierung schnell in Verluste in Form von entgangenen zukünftigen Einnahmen münden anstatt in verbesserte Geschäftsergebnisse durch Kostenersparnis – in dem Fall wäre ein personalintensiveres Call Center möglicherweise lohnender gewesen.
Business Process Transformation ist somit auch eine Frage der richtigen Einstellung im Unternehmen: Wünschenswert ist ein sogenanntes „Growth Mindset“, also der Wunsch, die Prozesse kontinuierlich zu verbessern und Prozessexzellenz nicht als Projekt, sondern als Disziplin zu etablieren. Gelingt etwas nicht auf Anhieb, sollte das nicht demotivierend sein, sondern anspornen. Es ist daher wichtig, die Innovationszyklen zu verkürzen, was schneller zu neuen Erkenntnissen führt und die Prozesstransformation insgesamt beschleunigt.

Das richtige Toolset

Mit diesem richtigen Growth Mindset und dem zusätzlichen Wunsch, die Zufriedenheit der Endnutzer in die Transformation der Geschäftsprozesse einfließen zu lassen, sind Unternehmen gut aufgestellt. Sehr lange wurden Prozesse dennoch nur auf Kosteneffizienz und hohe Gewinnmargen getrimmt. Das liegt nicht unbedingt am Unwillen der Unternehmen, denn sie wissen, wie wichtig die menschliche Komponente ist. Es war jedoch bis dato fast unmöglich, die Daten aus Experience Journeys mit den Prozessdaten zu kombinieren. Unternehmen benötigen entsprechende Tools, die ihnen erlauben, auch nach diesen Maximen zu handeln und ihre Prozesstransformation voranzutreiben.
SAP Signavio hat vor Kurzem eine Innovation für ihre cross-modularen Werkzeuge aus den Bereichen Prozessanalyse, Process Mining, Prozess- und Journey-Modellierung sowie zur Erstellung und Automatisierung von Workflows eingeführt. Unternehmen haben nun mit der SAP Signavio Process Transformation Suite ein Toolset an der Hand, um Wissenssilos zwischen Operational Data und Experience Data abzubauen und deren jeweilige Abhängigkeiten detailliert zu betrachten. Daten aus Experience Journeys, die via Kundenumfragen und -bewertungen erhoben werden, lassen sich so mit Daten aus Geschäftsprozessen in Korrelation zueinander setzen. Die daraus gewonnenen Einblicke fungieren dann zum Beispiel als Grundlage einer holistischen Prozesstransformation, die Wirtschaftlichkeit ebenso berücksichtigt wie die Wahrnehmungen und Erfahrungen der Endnutzer. Unternehmen können mit den Tools zur Prozessabbildung schließlich auch Komplexitätswerte für die einzelnen Schritte der Customer-Journey-Modelle festlegen. Auf diese Weise wird recht schnell deutlich, wo Handlungsbedarf  besteht, um sich im Markt für die jeweilige Zielgruppe auf positive Art und Weise zu differenzieren. Um die Maßnahmen in einer kundenzentrierten Art und Weise umzusetzen und um eine reibungslose Zusammenarbeit zu gewährleisten, spielen die Experience Journeys der Belegschaft und der Zulieferer eine zentrale Rolle. Auch dabei können die Lösungen von SAP Signavio helfen, die benötigte Transparenz für die Beteiligten zu schaffen, den gemeinsamen Austausch zu fördern und optimale Lösungen zu finden.

Wie Geschäftsprozesse und Kundenerlebnisse zusammenhängen (Grafik: SAP Signavio)

Der Kunde im Fokus

Das Produktportfolio von SAP Signavio bietet eine 360-Grad-Sicht auf die Kernprozesse in der Wertschöpfungskette mit besonderem Augenmerk auf die Touchpoints mit Kunden. Die Tools helfen Unternehmen außerdem dabei, bestehende Geschäftsprozesse zu verstehen, sie proaktiv zu verwalten und kontinuierlich zu optimieren. Agilität ist heute der Schlüssel zum Erfolg, denn für Unternehmen ist es heute mehr denn je wichtig, möglichst schnell auf Wandel zu reagieren und eine gelungene langfristige Transformation zu erzielen. Nur so können sie undenfrustration aufgrund dysfunktionaler Prozesse vorbeugen und die Beziehung zu ihren Kunden nachhaltiger gestalten.
Dass Prozesse das Herzstück einer erfolgreichen digitalen Transformation sind, war auch für die Hochland-Gruppe klar, als das Unternehmen seine Enterprise-Resource-Planning-(ERP)-Transformationsinitiative S/4 Future begann:
Nur wenn Prozesse und IT-Systeme abgestimmt sind sowie Fachbereiche und IT Hand in Hand arbeiten, kann die ERP-Transformation die langfristig angestrebten Resultate erzielen. Daher entschied sich Hochland für die Lösungen von SAP Signavio, um sämtliche Unternehmensprozesse in SAP S/4HANA zu optimieren sowie zu standardisieren und gleichzeitig in einer zentralen Prozesslandkarte abzubilden.
Die so geschaffene Grundlage war die Basis für eine veränderte Sicht auf die Prozesse. Deren wechselseitige Wirkung aufeinander wurde für Hochland viel transparenter und die Verantwortlichkeit der Global Process Owner für die Dokumentation ihrer Prozesse deutlicher. Die gewonnenen Erkenntnisse dieser Phase haben in der Folge zur Weiterentwicklung der organisationsweiten Prozesskultur beigetragen. Die Kundenorientierung von Hochland hat sich durch die laufende ERP-Transformation deutlich gebessert, nicht zuletzt wegen der durch sie stark beschleunigten Prozessmanagement-Initiative des Unternehmens. Kundenprozesse kann der Käsehersteller heute gezielter betrachten, besser verstehen und transparenter abbilden. Dadurch gelingt es Hochland, sie an den entscheidenden Stellen zu optimieren.

Der Autor:
Rouven Morato, General Manager SAP Signavio, ist seit 2005 bei der SAP SE und leitet als General Manager den strategischen Geschäftsbereich Business Process Intelligence (BPI). Der Diplom-Kaufmann war zuvor als Chief Data & Analytics Officer für das Datenmanagement der SAP und die Umsetzung der Datenstrategie zuständig. Morato fungierte auch mehrere Jahre als CFO für die SAP-Landesgesellschaft Deutschland und für die SAP-Region Mittel- und Osteuropa.